Fortschritte im atomaren Wettrüsten

Abschuss einer RS-18-Langstreckenrakete. Bild: Sputnik

Russland und China testen in Reaktion auf den US-Raketenabwehrschild und Prompt Global Strike neue Langstreckenraketen und Hyperschall-Gleiter

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Die USA, Russland und China befinden sich längst in einem neuen nuklearen Wettrüsten. Die USA wollen ihre Atomwaffen mit Hunderten von Milliarden US-Dollar "modernisieren" und bauen den US-Raketenabwehrschild weiter aus (Zurück im Kalten Krieg und im atomaren Wettrüsten). Auch Russland will seine Atomwaffenkapazitäten weiter entwickeln, wozu Langstreckenraketen des Typs Topol mit Mehrfachsprengköpfen gehören, die das amerikanische Raketenabwehrschild mit Stützpunkten u.a. in Polen und Rumänien, wirkungslos machen sollen. Abrüstung war einmal.

Am Dienstag hat das russische Militär angeblich erfolgreich eine Langstreckenrakete des Typs RS-18 (SS-19 Stiletto) getestet, die mit einem Hyperschall-Gleitflugzeug vom Baikonur-Weltraumhafen abgeschossen wurde. Wie Russia Today berichtet, soll der Gleiter in Zukunft von der neuen Langstreckenrakete RS-28 Sarmat in die Höhe gebracht werden. Mit den Tests soll im Laufe des Jahres begonnen werden.

Die 100 Tonnen schwere Rakete, die die SS-18 Satan ersetzen wird, soll eine Reichweite von 10.000 km haben und eine Last bis zu 10 Tonnen transportieren können. Die mit Mach 20 fliegenden Sarmat-Raketen, die bis zu 15 Mehrfachsprengköpfe tragen können, werden mit den Gleitern zu dem Zweck entwickelt, das US-Raketenabwehrsystem wirkungslos zu machen. Mit solchen Waffendemonstrationen werden auch Machtspiele betrieben und vorgegeben, weiter zu sein, als man tatsächlich ist.

Nach russischen Medienberichten soll ab 2018 auch eine Hyperschallrakete in die Produktion gehen, die von U-Booten abgefeuert wird. Mit Tests der Zircon-Rakete, die mit Mach 6 fliegen kann, sei schon begonnen worden. Die Reichweite beträgt allerdings nur 400 km, hervorgehoben wird, dass sie praktisch nicht abgefangen werden könne.

Schon vor zwei Jahren hatte China, das ebenfalls wie Russland das Heranrücken des amerikanischen Raketenabwehrschilds an seinen Grenzen als Bedrohung sieht (Konflikt zwischen USA und China könnte sich weiter zuspitzen), seinerseits angekündigt, dass Langstreckenraketen des Typs Dongfeng-41 (DF-41) mit Mehrfachsprengköpfen gebaut würden. Auch sie sollen damit das bestehende Raketenabwehrschild austricksen können, selbst wenn das Pentagon natürlich fieberhaft daran arbeitet, es zur Abwehr von Mehrfachsprengköpfen aufzurüsten.

Als Reichweite wurde 2014 in chinesischen Medien 12.000-15.000 km angegeben, womit auch Ziele in den USA getroffen werden könnten. Mit den Mehrfachsprengköpfen könnten verschiedene Städte gleichzeitig angegriffen werden. Nach Abschuss soll innerhalb von 30 Minuten ein Ziel in 12.000 km Entfernung erreicht werden können. Neben den Langstreckenraketen entwickelt China - genauso wie die USA etwa den Hyperschallgleiter HTV-2 (Hypersonic Technology Vehicle 2) im Rahmen des Prompt Global Strike (PGS) - eine Rakete, die ihr Ziel mit Hyperschallgeschwindigkeit (Mach 10) erreichen und während des Flugs manövrierbar bleiben soll. Auch damit könnte ein nuklearer Sprengkopf transportiert und das Raketenabwehrschild ausgehebelt werden, da die Detektion bis zum Abschuss der Abwehrrakete und diese selbst zu langsam wären. Auch Russland spielt bei dieser Technik mit und entwickelt mit dem Yu-71 ein Hyperschall-Gleitflugzeug.

Seitdem haben sich die Spannungen zwischen den USA und China erhöht, da China im Südchinesischen Meer Stützpunkte aufbaut und große Flächen und Inselgruppen für sich reklamiert, was die USA mit der Hilfe der alliierten Regionalmächte wie Japan, Südkorea oder Philippinen verhindern wollen, um China einzuschließen und die "Freiheit der Schifffahrt" zu sichern.

Die US-Streitkräfte haben bereits einige provozierende Aktivitäten ausgeführt, um ihre Macht zu demonstrieren, ähnlich wie dies unlängst russische Kampfflugzeuge in der Ostsee gemacht haben. So überflogen Flugzeuge dicht einen Stützpunkt auf einer Insel oder ließ Zerstörer USS Lassen in die 12-Seemeilen-Zone um das Subi-Riff, das zu den Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer gehört, fahren (US-Kriegsschiff auf provokativer Mission im Südchinesischen Meer).

US-Verteidigungsminister Ash Carter sagte letzte Woche ausgerechnet von dem Flugzeugträger USS John C. Stennis, der im Südchinesischen Meer operiert, dass die USA nur auf eine friedliche Lösung der Gebietsstreitigkeiten setzen würden.

Im Dezember testete das chinesische Militär die Langstreckenraketen das letzte Mal, am 13. April fand erneut ein Test von zwei DF-41 statt, die jeweils mit zwei Nuklearsprengköpfen (MIRV - multiple, independently targetable reentry vehicle) ausgerüstet waren. Sie wurden von einer mobilen Plattform abgefeuert - 3 Tage vor dem Besuch des US-Verteidigungsministers im Südchinesischen Meer. Das Pentagon registrierte angeblich in Echtzeit den Abschuss, teilte aber nicht mit, wo er stattgefunden hat, berichtet Washington Free Bacon.

Gestern bestätigte das chinesische Militär den Test mit den Langstreckenraketen. Es sei ein Routinetest ohne spezielles Ziel gewesen und habe mit dem Besuch des US-Verteidigungsministers nichts zu tun gehabt, wie das Pentagon-Mitarbeiter sagten.

DF-41 sollen mit bis zu 10 Sprengköpfen ausgerüstet werden können. Zudem würde China daran arbeiten, auch manövrierbare Sprengköpfe (MARV) zu entwickeln, die noch schwerer abzuschießen wären. Überdies würden ältere DF-5-Langstreckenraketen und JL-3-Raketen, die von U-Booten abgefeuert werden, ebenfalls mit Mehrfachsprengköpfen ausgestattet. Im konservativen Washington Free Bacon wird argumentiert, dass sich nun auch die USA wieder mit zusätzlichen Atomwaffen und vor allem mit kleineren taktischen Atomwaffen aufrüsten müsse.

Viele manövrierbare Sprengköpfe und Gleiter, die mit Hyperschallgeschwindigkeit fliegen und ebenfalls im Flug noch steuerbar sind, würden das Ende des Raketenabwehrsystems bedeuten. Die Entwicklung zeigt überdies, dass die Hoffnung der USA, sich und die Alliierten mit einem ausgeklügelten Raketenabwehrsystem vor Angriffen schützen und damit das Gleichgewicht des Schreckens zu eigenen Gunsten aushebeln zu können, vorerst gescheitert ist. Um das zu verhindern, hatten die USA und Russland 1972 den AMB-Vertrag geschlossen, den die USA 2002 einseitig gekündigt haben, um das Raketenabwehrsystem aufbauen zu können. Damit haben die USA noch weit vor der derzeit viel beschworenen "russischen Aggression" den ersten Schritt zur Einleitung des atomaren Wettrüstens gemacht, das derzeit ungebremst in Fahrt kommt, da es trotz Lippenbekenntnisse und Reden von Obama, der sowieso Ende des Jahres abtritt, keine wirkliche Initiative mit dem Ziel der nuklearen Abrüstung gibt.