Die Angst der US-Notenbank

Erneut hat die FED die Zinsen nicht erhöht und hält sich nur eine kleine Tür zur Zinsnormalisierung offen

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Die US-Notenbank Federal Reserve (FED) hat auch in der Aprilsitzung ihres Offenmarktausschusses den Leitzins unverändert gelassen, der in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5% verbleibt. Das ist nicht das, was die FED-Chefin Janet Yellen im vergangenen Dezember angekündigt hatte, als die US-Notenbank die Nullzinspolitik nach fast zehn Jahren aufgab und die Zinsen auf die derzeitige Spanne angehoben hatte.

Dass es sich dabei um eine "historische Zinswende" handelt, wie einige Beobachter meinten, konnte das weitere Vorgehen der FED bisher nicht bestätigen. Es darf sogar davon ausgegangen werden, dass aus einer baldigen "Normalisierung" der Zinsen nichts wird, wenn sie jemals kommt. Angepeilt war, dass 2016 die Zinsen auf 1,5% und 2017 sogar bis auf 2,5% steigen sollten. Das ist kaum noch zu erreichen, da Yellen die Leitzinsen nur "graduell" anheben will, um "Anpassungsschocks" zu vermeiden.

Gegen die Entscheidung der zehn Ausschuss-Mitglieder habe es nur eine Gegenstimme gegeben. Offen ließ die FED, ob ein weiterer winziger Zinsschritt im Juni kommt. Anhaltspunkte gab es kaum dafür. Die FED schaut weiter nicht allein auf die Binnenkonjunktur, sondern bezieht immer stärker die Risiken für die Weltwirtschaft ein, mit der schon die erste Anhebung der Zinsen immer wieder hinausgeschoben wurde.

Die Lage der Weltkonjunktur müsse mit den Aussichten für Wachstum und Inflation in den USA abgewogen werden, meint die Notenbank. Doch auffällig war erneut, dass in der FED-Erklärung zum dritten Mal in Folge keine explizite Risikobeurteilung vorgenommen wurde. Daraus lässt sich üblicherweise ablesen, wie die FED die US-Wirtschaft einschätzt und das gibt Hinweise auf die Zinsentwicklung.

Gegen eine Normalisierung der Zinspolitik spricht eigentlich kaum etwas. Der Arbeitsmarkt, an dem sich die FED lange Zeit orientierte, entwickelt sich weiter positiv, räumt auch die FED ein. Das bisherige relativ starke Wachstum habe sich dagegen etwas abgeschwächt. Der Konsum sei schwächer geworden, obwohl sich Einkommen solide entwickelten und die Konsumentenstimmung gut bleibe. Zudem habe sich die Situation im Wohnungsbau verbessert.

Gegen eine unmittelbare Zinserhöhung sprach, dass die Inflation zuletzt im März wieder auf 0,9% gesunken ist, obwohl die Öl- und damit Treibstoffpreise wieder leicht gestiegen waren. Im Februar wurde sogar eine Kerninflation (Lebensmittel und Energie herausgerechnet) ermittelt, die mit 2,4% sogar über dem Inflationsziel der Notenbank lag. Das war zudem der höchste Wert seit vier Jahren.

Doch entscheidend dafür, dass die FED erneut keinen Mut aufgebracht hat, dürfte sein, dass die Nettoexporte der USA weiter schwach geblieben sind. Klar ist, dass eine Anhebung der Zinsen zu einer Stärkung des Dollars führen würde. Damit würden sich US-Exporte weiter verteuern. Da andere Zentralbanken aber weiter an Nullzinspolitik und einer Geldschwemme festhalten oder sie – wie die Europäische Zentralbank (EZB) sogar weiter ausweiten, fühlt man sich offenbar bedroht. Denn mit dieser Politik werden auch die Währungen nach unten geprügelt, um Preisvorteile auf dem Weltmarkt zu erhalten.

Entgegen vielen Erwartungen hat die japanische Notenbank (BoJ) die Geldschwemme nicht noch einmal ausgeweitet, um zu Wachstum zu kommen und die Deflation zu bekämpfen. Darauf war spekuliert worden, weil diese Politik von der BoJ seit vielen Jahre betrieben wird – wenn auch wenig erfolgreich. Das Land fällt immer wieder in die Rezession zurück. Die Wirtschaft schrumpfte im letzten Quartal 2015 erneut. Experten erwarten, dass sie auch im gesamten Jahr 2016 schrumpfen wird.

Zudem sind im März in Japan auch die Preise wieder gefallen, womit die Deflationstendenzen wieder stärker werden. Die sogenannte negative Kerninflationsrate lag im März bei 0,3%. So stark fielen die Preise seit drei Jahren nicht mehr. Auch die BoJ strebt eine Inflationsrate von 2% an, die sie bis September 2017 erreichen will. Direkte Auswirkungen hatte die Tatsache, dass die Geldschwemme nicht weiter ausgeweitet wird, auf die Börse in Tokio. Denn auch dort warten die Geld-Junkies stets auf neue Geldspritzen. Bleiben sie aus, dann knickt die Börse ein. In Japan verlor der Nikkei-Index Donnerstag nach der Zinsentscheidung sogar 3,6%.