Dauerbetrieb von Tokamak-Fusionsanlagen rückt näher

ASDEX. Foto: IPP

Experimente in ASDEX Upgrade waren erfolgreich

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Alexander Bock, Plasmaphysiker am Max-Planck-Institut (IPP) in Garching bei München, untersuchte im Rahmen seiner Doktorarbeit, wie man den Käfig des Plasmas für den Dauerbetrieb tauglich machen kann. Er hatte Erfolg: Er schaffte es in der Fusionsanlage ASDEX Upgrade den 800 Kiloampere starken Strom im Plasma von außen zu treiben.

In einem Fusionsreaktor findet Kernfusion, also die Verschmelzung zweier Atomkerne zu einem, kontrolliert statt. Doch einen voll funktionstüchtigen Reaktor gibt es noch nicht, denn um in einem Fusionskraftwerk effektiv Strom erzeugen zu können, muss der Reaktor im Dauerbetrieb laufen und dabei stoßen Wissenschaftler immer wieder auf technische und physikalische Hindernisse.

Die beiden Konzepte für Fusionsreaktoren

Tokamak ist die Bezeichnung für einen bestimmten Fusionsreaktortyp. Dabei sind Atomkerne und Elektronen voneinander getrennt und als Plasma elektrisch leitend und von Magnetfeldern beeinflussbar. Das Wasserstoffplasma, das von Magnetfeldern im Vakuum gehalten wird, damit es nicht an die kalten Wände des Gefäßes stößt, wird auf 100 bis 150 Millionen Grad erhitzt. Um eine dauerhafte Fusionsreaktion zu erreichen, wie sie zum Beispiel in der Sonne vorkommt, braucht es hohe Teilchendichte, Temperatur und Energieeinschlusszeit, was man bis heute noch nicht erreicht hat. Um eine stabilen magnetischen Einschluss des Plasmas zu erhalten, muss das Magnetfeld schraubenförmig verdrillt sein. Dies wird im Tokamak durch einen ständigen Stromfluss durch das Plasma erzeugt.

Anders ist das beim Stellarator, dem alternativen Konzept für einen Fusionsreaktor, zum Beispiel Wendelstein 7-X. Hier wird das verdrillte Magnetfeld durch äußere stromdurchflossene Spulen erzeugt. Da kein Strom durch das Plasma fließt, ergeben sich zwei Vorteile. Mit dem Plasmastrom zusammenhängende Instabilitäten werden verhindert und es besteht die Möglichkeit, mit einem Stellarator als Fusionskraftwerk zu arbeiten, da es möglich ist, im Dauerbetrieb zu arbeiten.

Konstanter Plasmastrom ist drei Sekunden lang erzeugt worden

Beim Tokamak dagegen arbeiten Wissenschaftler, wie Alexander Bock immer noch daran, den Dauerbetrieb im Reaktor aufrechterhalten zu können. In seiner Doktorarbeit untersuchte er die Effekte der Versuche, mithilfe von Einstrahlen von Hochfrequenzwellen oder Einschießen von Teilchenstrahlen einen kontinuierlichen, statt pulsierenden Stromfluss durch das Plasma zu erzeugen. Mit teilweise äußerem Strom kann man den Plasmastrom beeinflussen und so die Verdrillung der Feldlinien verändern. Der Bootstrap-Strom, den das Plasma bei Druckunterschieden von alleine aufbaut, kann dann zur unabhängigen Entladung und Verlängerung der Pulse genutzt werden.

Das schaffte das ASDEX Upgrade-Team nun zum ersten Mal in einem Plasmagefäß im Reaktor, dessen innere Wand vollständig mit Wolfram überzogen ist, dem Metall mit dem höchsten Schmelzpunkt. Bei hohem Plasmadruck und guten Einschlusseigenschaften gelang der Betrieb nahezu ohne Transformator. Die Veränderung des Plasmapulses durch Mikrowellen und Teilchenstrahlen, die eingeschossen wurden, war merklich: Drei Sekunden lang blieb der 800 Kiloampere starke Plasmastrom ohne Transformator konstant. Diese Zeit hätte mit besseren Spulen potentiell bis zum Dauerbetrieb ausgeweitet werden können. Alexander Bock schließt deshalb daraus, dass der Betrieb ohne Transformator in ASDEX Upgrade möglich ist und es sich lohnt die Studien zum Advanced Tokamak fortzusetzen.