Spanien: Hilfe Brüssel, eine Linksregierung muss verhindert werden!

Mit politischer Intelligenz vorgehen: Die konservative Regierung macht Wahlgeschenke und will von der EU Strafverschonung für Defizitüberschreitung

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Bisher hat Spanien noch jedes Jahr gegen die Vorgaben aus Brüssel verstoßen und die vereinbarten Haushaltsziele verfehlt. Während andere Länder in solchen Fällen massiv angegangen werden, hat Brüssel das von der konservativen Volkspartei (PP) regierte Land immer wieder belohnt, auch wenn das Land in der EU sogar einen Rekord beim Haushaltsdefizit aufgestellt hat.

Immer wieder wurden die Defizitziele nach oben angepasst. Trotz allem verstieß Spanien auch 2015 wieder eklatant gegen die ohnehin angepassten Vorgaben. Das Defizit lag mit mehr als 5% deutlich über den versprochenen 4,2%. Dabei wurde das Land nur noch von Griechenland übertroffen, was auch für die extreme Arbeitslosigkeit gilt.

Gerade eben hat die EU-Kommission prognostiziert, dass das Land im laufenden wie auch im kommenden Jahr das Stabilitätsziel von 3% verfehlen werde. Es soll 2016 immer noch 3,9% betragen, was vermutlich, angesichts der Wiederholung der Parlamentswahlen, noch optimistisch ist. Erst 2018 soll es nach Schätzungen Brüssels wieder unter die Schwelle von 3% kommen.

Folglich erwartet das Land nun eine Strafzahlung von etwa 2 Milliarden Euro. Der geschäftsführende Regierungschef Mariano Rajoy hat nun in einem Brief an die EU-Kommission darum gebeten, die Strafzahlung bis nach den Neuwahlen am 26. Juni zu verschieben. Dafür bietet er Brüssel neue Einschnitte an, um die EU-Kommission gefügiger zu stimmen. Letztlich fordert der Konservative, ihn nicht für seine verfehlte Politik verantwortlich zu machen.

Denn es war leicht absehbar – und Brüssel hätte schon im vergangenen Jahr einschreiten können -, dass das Defizitziel wegen Wahlgeschenken und zusätzlichen Ausgaben im Superwahljahr 2015 nicht eingehalten werden würde. Dabei sorgte die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) für niedrige Zinsen, womit der Haushalt schon von großen Lasten im Schuldendienst befreit wurde.

Rajoy fordert Wahlkampfhilfe aus Brüssel. Müsste seine geschäftsführende Regierung ausgerechnet im Wahlkampf erklären, dass nun auch die EU-Kommission ihn abstraft und sich die Bevölkerung dafür zusätzlich zwei Milliarden Euro vom Mund absparen soll, würde es noch schwerer für die Konservativen bei den Wahlen.

Schon im Mai 2015 bei den Regionalwahlen und im Dezember bei den Parlamentswahlen wurde die PP für ihre Politik massiv abgestraft. Sie büßte die Macht in fast allen Regionen ein, die sie bis dahin regiert hatte und stürzte im Dezember um 16 Prozentpunkte auf nur mehr 29% ab. Doch niemand wollte mit dem "Wahlgewinner" Rajoy zusammenarbeiten.

Da sich die Sozialisten (PSOE) aber nicht getraut haben, eine Linksregierung nach portugiesischem Vorbild zu bilden, musste der König gerade das Parlament auflösen und Neuwahlen am 26. Juni ansetzen.

Mit politischer Intelligenz vorgehen

Klar ist, dass Brüssel am 18. Mai feststellen wird, dass Spanien keine "effektiven Maßnahmen“ ergriffen hat, um das Defizitziel einzuhalten. Doch, so berichten Zeitungen mit Bezug auf Quellen in der EU, wolle sich die Kommission – die dabei nicht alleine stehe – "nicht in den Wahlkampf einmischen". Man müsse mit "politischer Intelligenz“ vorgehen.

Man kann vermuten, dass dieses Vorgehen in Berlin unterstützt wird, schließlich hatte auch die Bundeskanzlerin für Rajoy geworben und sich nicht daran gestört, dass dessen Partei bis zur Halskrause in Korruptionsskandale verstrickt ist.

Eine solche Zurückhaltung gab es zum Beispiel im Fall Griechenland nicht. Dort hatte man sich immer wieder massiv in Wahlkämpfe eingemischt. Der gemeinsame Nenner ist, dass auch darüber versucht wurde, eine Linksregierung zu verhindern.

Nachdem nun Portugal eine Linksregierung hat, die zudem die Austeritätspolitik beendet hat , ist der Druck hoch, zu verhindern, dass Spanien nachzieht. Denn das viertgrößte Euroland kann nicht so gegängelt werden wie das kleine Griechenland oder das noch kleinere Portugal. Gegen eine mögliche Linksregierung hätte die Kommission zudem auch ein Faustpfand in der Hand. Die müsste sich nämlich wie Portugal umgehend mit milliardenschweren Altlasten der konservativen Vorgänger herumschlagen.

Die Chancen auf eine Linksregierung steigen in Spanien, denn die Linksparteien schließen sich in einem Bündnis zusammen. Nur so kann das ungerechte Wahlsystem ausgehebelt werden, das kleine Parteien stark benachteiligt. Auch deshalb titelt die Zeitung La Vanguardia schon mit Blick auf die Milliardenstrafe: "Die EU wird eine Strafe für Spanien verschieben, um sich nicht in die Wahlen einzumischen." Man darf gespannt sein, ob diese Einschätzung zutrifft. Vieles spricht dafür, wenn man sich das bisherige Verhalten der EU anschaut.