Erster Schritt zur Abschaffung des Bargelds?

Die Europäische Zentralbank schafft nun offiziell 500-Euro-Scheine ab, hat aber längst mit dem Absaugen begonnen

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Seit langem gibt es die Debatte über die Abschaffung des Bargelds, denn damit soll die Kontrolle über das Geld ausgeweitet und eine Enteignung erleichtert werden (Bargeldverbot würde zu mehr Kontrolle und Enteignung führen). Und längst wurden in EU-Ländern Schritte gegangen, um die Bedeutung von Bargeld schleichend immer weiter einzuschränken. In vielen Ländern dürfen viele Geschäfte nicht mehr in Bargeld abgewickelt werden. In Portugal und Italien gilt eine Obergrenze von 1.000 Euro, in Frankreich und Griechenland liegt sie bei 1.500 Euro. In Spanien sind Barzahlungen nur bis 2.500 Euro erlaubt, in Belgien bis 3.000 Euro…

Und nun geht die Europäische Zentralbank (EZB) den nächsten Schritt. Offiziell wurde erst heute der Beschluss gefasst, die 500-Euro-Scheine abzuschaffen. Begründet wird das mit dem Kampf gegen Geldwäsche und illegale Geschäfte, denn der Schein sei "ein Instrument für illegale Aktivitäten", hatte der EZB-Chef Mario Draghi schon im Februar erklärt. Auch deshalb war längst klar, dass es heute nur noch um die Frage ging, wie und bis wann die Scheine aus dem Verkehr gezogen werden. Dabei hat sich die Menge der Scheine zuletzt schon deutlich verringert, weil die EZB mit dem Absaugen bereits begonnen hat. Noch Ende 2015 waren knapp 614 Millionen Scheine im Umlauf. Bis im vergangenen März sank die Zahl schon um 20 Millionen auf 594 Millionen. Damit waren nur noch für knapp drei 300 Milliardden Euro in 500-Euro-Scheinen im Umlauf.

Bisher wurden vermutlich keine oder viel weniger neue Scheine gedruckt. Dass alle Scheine auf diesem Weg aus dem Verkehr gezogen werden würden, war stets unwahrscheinlich. Denn das würde viele Jahre dauern. Deshalb konnte man davon ausgehen, dass die Variante über einen Stichtag gewählt wird, ab dem die Scheine nicht mehr als offizielles Zahlungsmittel gelten. So kam es dann auch, denn der EZB-hat nun entschieden, dass die Ausgabe der größten Euro-Banknote "gegen Ende 2018" eingestellt werde.

Tatsächlich werden die Scheine vor allem für dunkle Geschäfte benutzt. Deshalb war Spanien im Immobilienboom ihr Mekka. Bis zu 26% aller 500er befanden sich in dieser Zeit in Spanien, da dort im Boom viel Schwarzgeld gewaschen wurde (Spanien - Paradies für Geldwäscher?). Von Beginn an fragte man sich, warum es diese großen Scheine überhaupt gab. Im normalen Gebrauch machen sie wenig Sinn. Sie eignen sich aber vorzüglich dazu, große Geldsummen in Verstecken zu lagern oder in Köfferchen über Grenzen zu schmuggeln. So war es ein Konkurrenzprodukt gegenüber dem US-Dollar. Praktisch die fünffache Geldsumme konnte einfach versteckt oder heimlich transportiert werden. Da es weiterhin einen 200-Euro-Schein geben soll, bleibt die Position gegenüber der 100-Dollar-Note aber gewahrt.

Bisher hatte man sich in der EZB um die Frage der Geldwäsche reichlich wenig gekümmert. Dass der Rückzug der großen Scheine gerade in einer Zeit von Negativzinsen und in einer Phase fällt, in denen Bargeldgeschäfte immer weiter beschränkt werden und auch offen über ein Bargeldverbot debattiert wird, ist dann schon sehr auffällig. So darf man vermuten, dass man in der Draghi-EZB vorhat, die absurde Geldpolitik noch deutlich weiter zu treiben. Die Geldschwemme und die Enteignung über Negativzinsen soll also vermutlich noch deutlich ausgeweitet werden. Negativzinsen könnten bald auch einfache Sparer treffen. Damit die sich ihr Geld nicht gegen die Entwertung unter die Matratze legen, ist die Abschaffung von großen Scheinen wichtig.

Da macht es Sinn, die 500er aus dem Verkehr zu ziehen. Denn, so stellte auch die Bundesbank fest, steigt die Nachfrage nach Bargeld stetig weiter, obwohl immer weniger über Bargeld bezahlt wird. So verweist auch Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele auf die Tatsache, dass "Euro-Bargeld international gerne als Wertaufbewahrungsmittel gehalten" werde, weil er stabil ist. "Mir ist nicht bekannt, dass in den Ländern, die Obergrenzen für Barzahlungen eingeführt haben, die Kriminalität deshalb gesunken sei", meint auch Thiele.

In Zeiten, wo der Geldwert droht, über ständig steigende Negativzinsen zu sinken, nimmt auch der Drang zu, sich dem Effekt über die Lagerung von Bargeld oder Gold zu entziehen. So erklärt sich, warum die Attraktivität von Bargeld steigt und die im Umlauf befindliche Summe auf immer neue Rekordwerte klettert. Denn längst ist die breite Bevölkerung von einer schleichenden Enteignung über Draghis- Geldpolitik betroffen. Sparer erhalten praktisch keine Zinsen mehr. Besitzer von kapitalbildenden Lebensversicherungen können nicht mehr auf versprochene private Zusatzrenten setzen. Sie wurden ohnehin schon zur Rettung der Versicherer herangezogen.

Wollte die EZB wirklich gegen Schwarzgeld und Geldwäsche vorgehen, hätte man eine Variante ohne Stichtag gewählt und die Scheine sofort aus dem Verkehr gezogen. Wer nachweisen kann, das Geld legal erworben zu haben, hätte die Scheine natürlich auf jeder Bank gegen kleinere eintauschen dürfen. Doch wer das nicht kann - wie zum Beispiel Drogen-, Waffen- und Menschenhändler -, der hätte dann tatsächlich ein Problem und säße auf einem Stapel Papier.

Zum Thema siehe auch: Das lange Ende des baren Geldes, Bargeld-Abschaffung, Tut uns leid, aber wo Ihr Geld gerade ist, ist unbekannt