Warum die FPÖ rechtsextrem ist

Von zahlreichen Medien und politischen Beobachtern werden die "Freiheitlichen" weiterhin als rechtspopulistisch relativiert - Ein Einspruch

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Der Grat zwischen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus ist oftmals nicht ganz klar. Fakt ist jedoch, dass Ersteres als problematischer betrachtet wird als Letzteres. Während Rechtspopulismus teils harmlos in Erscheinung tritt, mit bestimmten Klischees spielt und nicht selten mit Meinungsfreiheit gerechtfertigt wird, ist Rechtsextremismus stets demokratiefeindlich, ja menschenfeindlich. Während etwa so manches, was auch Parteien wie die CSU von sich geben, eindeutig als rechtspopulistisch einstufen ist, ist jedem klar, dass etwa die NPD ein rechtsextremer Verein ist. Nichtsdestotrotz treten andere politische Akteure im Gewand des Rechtspopulismus in Erscheinung, während sie eindeutig rechtsextreme Positionen vertreten.

Die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs), die in diesen Tagen aufgrund der Präsidentschaftswahlen in Österreich die Schlagzeilen bestimmt, ist ein solcher Akteur. Von zahlreichen Medien und politischen Beobachtern werden die "Freiheitlichen", deren Kandidat Norbert Hofer schon bald in die Hofburg einziehen könnte, weiterhin als rechtspopulistisch relativiert. Die Geschichte der Partei - von den ersten Tagen bis in die Gegenwart - macht jedoch deutlich, in was für einem extremistischen Umfeld sie sich bewegt.

Gegründet wurde die FPÖ von Anton Reinthaller, einem ehemaligen NSDAP-Abgeordneten. Kurz nach dem "Anschluss" wurde der oberösterreichische Gutsbesitzer als Unterstaatssekretär sowie Reichstagsabgeordneter in Berlin tätig. Dieser Tätigkeit ging er bis zum Kriegsende nach. Schon 1938 war Reinthaller der SS beigetreten. 1941 erhielt er den Ehrenrang eines SS-Brigadeführers.

1955, nachdem Reinthaller eine kurze Haftstrafe aufgrund von Hochverrats absaß, gründete er mit einigen Gesinnungsgenossen die "Freiheitspartei", die sich explizit deutschnational ausrichtete und sich im selben Jahr mit dem Verband der Unabhängigen (VdU) zusammenschloss. Das Ergebnis war die FPÖ, deren erster Bundesobmann Reinthaller wurde.

In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten entwickelte sich die FPÖ zu einem Auffangbecken ehemaliger Nationalsozialisten, blieb allerdings im Vergleich mit den anderen etablierten Parteien - allen voran SPÖ und ÖVP - eher unbedeutend.

Erster Aufstieg unter Haider

Dies änderte sich mit dem Aufstieg Jörg Haiders in den 1990er Jahren. Die Person Haider stellte eine Zäsur in der Geschichte der FPÖ dar. Durch Haider machte die Partei nicht nur ihre radikalen Züge auf der Weltbühne deutlich, sondern wurde für viele Österreicher auch wählbarer.

Der Gipfel dieses Erfolges wurde bei den Nationalratswahlen 1999 erreicht, als die FPÖ mit über 26 Prozent zweitstärkste Kraft wurde. Die daraufhin gebildete Koalition mit der ÖVP sorgte sowohl national als auch international für Furore. "Nie zuvor in der Geschichte der EU gab es eine derart massive Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedsstaates", schrieb damals der Spiegel. Die damals vierzehn weiteren EU-Staaten drohten Wien unter anderem mit Boykott und Ausgrenzung. Währenddessen mussten Haider - dessen Ruf ihm vorauseilte - und Wolfgang Schüssel, von nun an neuer Bundeskanzler, eine vom Bundespräsidenten formulierte Erklärung unterschreiben, in der man sich der Achtung von Rechtsstaatlichkeit und pluralistischer Demokratie verpflichtete.

So blamabel diese Erklärung auch wirkte, sie hatte ihre Gründe. Der Hauptgrund hierfür waren wohl vor allem Haiders Äußerungen, die er über die Jahre von sich gab und die ihn auf der ganzen Welt - vor allem in den Vereinigten Staaten sowie in Israel - berühmt-berüchtigt machten. Dass er die Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches als "ordentlich" empfand, war nur eine von vielen.

Haiders Spiel mit der Sprache war perfide. Im Gegensatz zu vielen anderen rechten Demagogen wusste er, wie er wann und wo aufzutreten habe. Selbst seine schärfsten Kritiker und politischen Kontrahenten mussten sich immer wieder eingestehen, dass Haider nicht nur ein Rechter war, sondern auch ein Intellektueller, der sich gekonnt artikulieren konnte. Viele seiner umstrittenen Reden schrieb er allerdings nicht selbst, sondern Herbert Kickl, der bis zum heutigen Tage eine zentrale Figur der FPÖ-Propaganda ist und die Fäden im Hintergrund zieht.

Nachdem sich Haider 2005 von der FPÖ lossagte und eine neue Partei - das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) - gründete, geriet Heinz-Christian Strache in den Vordergrund. Als neuer Bundesparteiobmann wurde Strache anfangs als "Haider-Kopie" verspottet, kurz vor dem Tod Jörg Haiders sogar von ihm selbst während eines TV-Duells.

Burschenschaften als Bindeglied zur Neonazi-Szene

Unter Strache, der in seiner Jugend selbst in der Neonazi-Szene umtriebig war, nahm die FPÖ jedoch einen weitaus radikaleren Kurs nach rechts ein. Ein Hauptgrund hierfür war unter anderem die Tatsache, dass die Strache-FPÖ sich jenen deutschnationalen Burschenschaften wieder öffnete, von denen sich Haider in den Jahren zuvor losgesagt hatte.

In seinem Buch "Strache im braunen Sumpf" stellt etwa der österreichische Journalist und Publizist Hans-Henning Scharsach diesen Umstand ausführlich dar. Scharsach erläutert, wie der Einfluss rechter Burschenschaften unter Strache zugenommen hat. Diese sind mittlerweile zahlreich in der Führungsebene der Partei zu finden und fungieren oftmals als Bindeglied zur Neonazi-Szene.

Beispiele von FPÖ-Politikern, die seit Beginn der Ära Strache mit ihrer Rechtsradikalität immer wieder aufgefallen sind, sind zahlreich. Da gibt es etwa Barbara Rosenkranz, unter anderem ehemalige Landesrätin, Nationalratsabgeordnete sowie Bundespräsidentschaftskandidatin. Der Zweifel an der Existenz von Gaskammern im Dritten Reich fällt bei Rosenkranz unter die Meinungsfreiheit. Das österreichische NS-Verbotsgesetz lehnt sie ab. Ihr Ehemann, Horst Rosenkranz, ist seit Jahren als Publizist tätig und für seine rechtsextremen Schriften bekannt. Außerdem war er Funktionär der Nationaldemokratischen Partei (NDP), die aufgrund des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz vom Verfassungsgerichtshof aufgelöst wurde.

Im Zuge des Bundespräsidentschaftswahlkampfs 2010 meinte Barbara Rosenkranz, dass sie die Ansichten ihres Ehemanns "natürlich" nicht teile. Horst Rosenkranz hat sich offiziell aus der Politik zurückgezogen, trat jedoch auf FPÖ-Veranstaltungen als Redner auf.

Ein weiterer FPÖ-Politiker, der von der Existenz von Gaskammern nicht viel hält, ist John Gudenus. Gudenus, unter anderem Spross eines Adelsgeschlechts, saß von 1992 bis 1995 für die FPÖ im Nationalrat. Auch Gudenus sprach sich mehrfach gegen das NS-Verbotsgesetz aus. Abgesehen davon leugnete Gudenus mehrfach den Holocaust und stellte die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich in Frage. 2006 wurde er wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz zu einer bedingten, einjährigen Haftstrafe verurteilt.

John Gudenus' Sohn Johann ist seit Ende 2015 Vizebürgermeister von Wien und ebenfalls für radikale Ansichten bekannt. Laut Experten und Beobachtern, etwa des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, ist Johann Gudenus maßgeblich für den rechtsextremen Kurs der FPÖ verantwortlich. 2004 kritisierte Gudenus etwa die steigende Zahl von Einbürgerungen und sprach in diesem Kontext von "systematischer Umvolkung". Auf rechtsextremen Veranstaltungen wurde Gudenus unter anderem als Referent gesichtet.

Selbst der "Jungen Freiheit" zu heikel

Als einer der wichtigsten Ideologen der FPÖ gilt Andreas Mölzer. Mölzer war mehrere Jahre lang EU-Abgeordneter der FPÖ, was ihn jedoch nicht davon abhielt, die Europäische Union mit dem Dritten Reich zu vergleichen. Tatsächlich, so führte es Mölzer zumindest aus, würde die "Diktatur" der EU, die er in derselben Rede unter anderem auch als "Negerkonglomerat" bezeichnete, den damaligen NS-Apparat "formlos" und "liberal" erscheinen lassen.

Derartiges Gedankengut lässt sich auch in Andreas Mölzers Wochenzeitung "Zur Zeit", zu deren Mitherausgebern auch der erwähnte John Gudenus gehörte, finden. Die Zeitung, die in Bratislava gedruckt wird und in der regelmäßig Publizisten mit rechtsradikalen und deutschnationalen Ansichten zu Wort kommen, gehört zu den wichtigsten FPÖ-nahen Medien. Neben rassistischen Kolumnen und Rezensionen zu Büchern von Holocaust-Leugnern lassen sich auch die Texte von führenden FPÖ-Politikern finden. 2007 wurde Mölzers Zeitung selbst der "Jungen Freiheit" in Deutschland, mit der sie jahrelang kooperierte, zu heikel. Nachdem bekannt wurde, dass Mölzer NPD-Funktionäre nach Straßburg eingeladen hatte, wurde 2007 die Zusammenarbeit beendet.

Zu rechten Medien in Deutschland pflegt die FPÖ allerdings weiterhin Kontakte. Vor kurzem gab Parteichef Heinz-Christian Strache etwa "Compact", dem "Magazin für Souveränität" von Jürgen Elsässer, ein ausführliches Interview. Den kurz darauffolgenden Erfolg der FPÖ bei den Präsidentschaftswahlen feierte Elsässer genüsslich.

Über die Frage, warum die FPÖ rechtsextrem ist, lässt sich in diesem Kontext nicht streiten. Dank der Partei selbst, die über die Jahre hinweg keinen Hehl daraus machte, ist dieser Umstand nämlich mehr als eindeutig. Die beschriebenen Bespiele machen nur einen Bruchteil der Gesamtheit aus, sprechen jedoch mehr als für sich. Darüber sollten sich vor allem jene bewusst sein, welche die FPÖ in diesen Tagen weiterhin als harmlose Populisten relativieren und damit unter anderem dazu beitragen, dass ihre Politik salonfähig gemacht wird - falls dies ohnehin nicht schon eingetreten ist.