Es wird eng für EU-Kommissar Cañete

Nach den "Panama papers" rückt der konservative Spanier immer näher an einen riesigen Korruptionsskandal heran

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Dass der frühere Ölmanager Arias Cañete ausgerechnet zum EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie ernannt wurde, war schon 2014 heftig umstritten. Nun muss man sich in der EU-Kommission Brüssel in kurzer Zeit schon zum zweiten Mal unangenehm mit dem Kommissar aus Spanien beschäftigen. Zuerst tauchte die Familie in den "Panama Papers" auf, über die auch ein konservativer Ministerkollege Cañetes stürzte

Nun prüft das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) auch noch, ob offizielle Ermittlungen gegen den Spanier eingeleitet werden. Immer stärker wird der Konservative, der vor 66 Jahren in Madrid geboren wurde, in einen Korruptionsskandal gerückt, als er von 2011 bis 2014 Umwelt- und Landwirtschaftsminister war.

Vermutet wird, mehr als eine Milliarde Euro seien bei Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen abgezweigt worden, die zum Großteil aus EU-Fonds finanziert wurden und ohnehin kaum genutzt werden. Zugespitzt hat sich die Lage für Cañete, da sein früherer Staatssekretär Federico Ramos vergangene Woche vor dem Richter ausgesagt hat, der Jurist habe Arcadio Mateo als Leiterin der Firma Acuamed durchgesetzt. Sie sitzt seit Januar im Gefängnis, da sie Millionen als Provisionen von Firmen für die Vergabe von Bauaufträgen abgeleitet haben soll.

Nach Angaben von Ramos sei sie von Cañete ernannt worden, obwohl sie weder die nötige Erfahrung noch eine Ingenieursqualifikation hatte. Cañete habe stets in engem Kontakt mit ihr gestanden. Gegen die Kriterien des Staatssekretärs und der Wasserbehörde habe er auch umstrittene Verträge abgenickt. Die Behördenleiterin Liana Ardiles hat diese Angaben bestätigt.

Die EU-Kommission wollte sich am Donnerstag nicht zu dem Fall äußern. "Es gibt ein Gerichtsverfahren in Spanien, über das sich die EU-Kommission nicht äußert, wie wir es auch in ähnlichen Verfahren nicht machen", erklärte der Kommissionssprecher Margaritis Schinas. () Er verstand nicht, was den Fall Acuamed nun "ernst" mache, obwohl es dabei um sehr viel Geld der europäischen Steuerzahler dreht. Die Verantwortung über die Verwendung der EU-Gelder schob er an die Nationalstaaten ab und damit auch die Kontrolle über das Geld. Die liegt also weiter in den Händen der rechten Volkspartei (PP) von Cañete, die bis zur Halskrause in zahllose Korruptionsfälle verwickelt ist.

So steckt man in Brüssel den Kopf in den Sand und verhält sich genauso wie kürzlich, als das internationale Pressekonsortiums (ICIJ) mit den "Panama papers" aufdeckte, dass auch Cañetes Frau Micaela Domecq in Steuerparadiesen aktiv war, über die Konten in der Schweiz verwaltet wurden. Die Domecqs gehören zu den reichsten Familien in Andalusien. Und ihr Reichtum wurde noch gesteigert, als auch Cañete 2012 im Kabinett für eine Steueramnestie stimmte, über die dann auch sie ihre Schwarzgelder legalisieren konnten. In Brüssel meinte man, da die Firma nur seiner Frau gehört habe und vor der Ernennung inaktiv war, könne man dem Kommissar auf legaler Ebene nichts vorwerfen.

Die Nominierung des ehemaligen Direktors einer Ölfirma und Sohn eines Staatsanwalts, der eng mit der Franco-Diktatur verbunden war, war schon 2014 auf heftige Kritik gestoßen. Er hatte zuvor zwar die Aktien seiner Ölfirmen verkauft, doch sein Schwager und seine Frau führen die Geschäfte weiter. Seine Eignung als Klimakommissar wurde bezweifelt, weil er die umstrittene Gewinnung von Öl und Gas über Fracking, genehmigte, während die Regierung den Ausbau erneuerbarer Energien ausgebremst hatte. Die verlangt inzwischen sogar Steuern und Gebühren auf den Eigenverbrauch von Solarenergie und droht mit Strafen von bis zu 60 Millionen Euro, wenn eine heimische Anlage nicht registriert wurde.