Digitale Mauern um iOS, Windows oder Android

Das Betriebssystem spielt bei der Kaufentscheidung eine immer kleinere Rolle. Doch der bunte Gerätepark aus Laptops, Smartphones oder 2-in-1-PCs drängt zunehmend zur Loyalität mit einem der großen Hersteller

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"Im Grunde sind es nur Namen", sagt der Verkäufer in der Smartphone-Abteilung. iOS, Windows, Android: nur eine künstliche Vielfalt, Jacke wie Hose, eine Frage des persönlichen Geschmacks; ob einem Kacheln besser gefallen oder doch eher runde Bildchen auf dem Touchscreen? Ob Android oder iOS den Text zum Song findet: Egal, oder?

Eine reine Geschmacksfrage ist die Wahl des Betriebssystems von Smartphones, Tablets oder PCs aber längst nicht. Auch wenn Käufer sich in erster Linie an Preis, Design, Freundeskreis und technischem Leistungsvermögen orientieren: Lange Akkulaufzeit, federleichte Tablets, Terabyte-fressende Festplatten oder eine rasend schnelle Verbindung zum mobilen Internet haben Konjunktur.

Denn hinter den Betriebssystemen verbergen sich digitale Kulturen, die sich voneinander abgrenzen. Wer ein durchgängiges Nutzererlebnis will, über all seine Geräte hinweg, - Smartphone, Tablet, Laptop und PC - sollte auch das Betriebssystem in die Rechnung einbeziehen.

Die Simulation eines Schreibtisches ist der Ursprung von Otto Normalverbrauchers Wurstigkeit, denn seit Jahrzehnten vereint sie wahre Gegensätze, wenn auch ihre Integrationskraft schwindet.

Die Story beginnt in 1981 im Forschungslabor des Kopiergeräteherstellers Xerox im kalifornischen Palo Alto. Aufgeregt mit den Armen fuchtelnd herumgesprungen ist Steve Jobs, als er dort zum ersten Mal eine graphische Benutzeroberfläche, kurz GUI, sah. "Ihr sitzt hier auf einer Goldmine", rief der Mitbegründer der Computerfirma Apple.

Jobs klaute die Idee und ließ seine Leute im benachbarten Cupertino den von Xerox entwickelten virtuellen Schreibtisch massentauglich machen. Auf dem Bildschirm flimmerten bald pixelige Symbole von realen Schreibtischutensilien, mit denen sich per Mausklick hantieren ließ: Papierblätter, Ordner, Papierkorb oder Taschenrechner. Nun konnten auch Laien einen Computer bedienen - zuvor war dies den Cracks vorbehalten, die phosphorgrün flimmernden Zeichensalat auf Computermonitoren verstanden und ihn per Tastatur mit ebenso schwer verständlichen Befehlen steuerten.

Jobs erlaubte seinem Konkurrenten und Intimfeind Bill Gates, die Schreibtisch-Metapher, auf Englisch "Desktop" genannt, für sein Betriebssystem Windows zu verwenden. Dank dessen Philosophie, ein Betriebssystem für die Rechner möglichst vieler Hersteller zu entwickeln, verbreitete sich der Desktop die meisten Rechner, weltweit. Auch andere Betriebssysteme wie Linux zeigen einen virtuellen Schreibtisch auf ihrer Oberfläche.

Im Bereich der PCs haben sich mit der Zeit allgemeingültige Standards herausgebildet

Praktisch alle PCs bieten dem Nutzer praktisch den gleichen Zugang. Dieser vereint die Vielfalt der Betriebssysteme. Ähnlich wie die EU ihren Bürgern das Ausprobieren mannigfacher Kulturen und Lebensstile erleichtert, erlaubte der Desktop einen geschmeidigen Umstieg zwischen Betriebssystemen und damit zwischen auseinander klaffenden Anschauungen von der digitalen Welt.

Diese kristallisierten sich in den 1980er zwischen den Kampfhähnen Jobs und Gates heraus. Der smarte Apple-Boss sträubte sich, die Verantwortung zwischen Softwareentwicklern und Hardwareherstellern aufzuteilen. Er wollte einen Rechner, der eigens für ihn gestrickte Software ausführt. Ein digitales Gesamtprodukt aus einer Hand also. Eine Insel, abgesondert von der digitalen Landmasse. Von "Kompatibilität", also dem Miteinanderfunktionieren von Hard- und Software verschiedener Marken, hielt Jobs nicht so viel. Langfristig besonders erfolgreich war Apple mit dieser Strategie auf dem PC-Markt allerdings nicht. Weniger als zehn Prozent der Desktop-Rechner arbeiten mit Apples Betriebssystem OS X.

Aber auch Microsoft war an Kompatibilität nur insoweit interessiert, als möglichst viele Computer mit dem eigenen Betriebssystem funktionieren sollten - mit Erfolg: Heute laufen über 90 Prozent der PCs mit einer der Windows-Versionen. Dazu bot die Firma aus Redmond (US-Staat Washington) Anwendungssoftware für das virtuelle Büro: Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation. Ein Softwarepaket aus einer Hand. Die Quelltexte hielt Microsoft schon immer weitgehend geheim, was in etwa vergleichbar ist mit dem Geheimrezept von Coca Cola: Niemand kann die Software eins zu eins kopieren. Damit kontrolliert der Softwaregigant, auf welchen Betriebssystemen seine Produkte wie gut funktionieren.

In dieser "proprietären" Software sehen die Anhänger von so genannter freier Software die Macht auf der falschen Seite: Nicht der Hersteller solle die Kontrolle besitzen, welche Software auf dem heimischen Rechner funktioniert und welche nicht, sondern der Nutzer selbst, findet die digitale Freiheitsbewegung. Ihr Gegengewicht, das Betriebssystem Linux, dessen Quellcode frei zugänglich ist, treibt allerdings weniger als drei Prozent der Desktop-Computer an - Tendenz abnehmend.

Eine ähnliche Optik bedeutet also noch lange nicht, dass die Rechner auch kompatibel sind, das ist eine Frage der Technik, somit der Hard- und Software. Im Bereich der PCs haben sich aber mit der Zeit allgemeingültige Standards herausgebildet, wie Neeraj Suri von der Technischen Universität Darmstadt erklärt: "Inzwischen nutzen die Hersteller fast die gleichen Techniken für die Funktionen des Betriebssystems und sogar fast die gleichen Prozessoren", sagt der Softwareexperte. Ähnliches gelte für den Mainstream der Anwendungssoftware: "Ob Microsofts Office, Email, Internet oder Multimedia: Alles ist so weit standardisiert, dass sie unter mehreren Betriebssystemen laufen", erklärt Suri. Nur Spezialsoftware, etwa für Designer oder die Abwicklung von Geschäftsprozessen, laufe oft nur unter einem Betriebssystem.

In der mit den Touchscreens komplexer gewordenen digitalen Welt löst sich die Desktop-Metapher auf

Doch die alten Rivalitäten gewinnen seit dem Triumph des Touchscreens im Jahr 2007 wieder an Brisanz. Alte Gräben reißen wieder auf. Mit Apples iPhone betrat eine Art von Computer die Bühne, für den die Schreibtisch-Metapher nicht mehr passte. Ein Mitnehm-Computer, geschaffen für Situationen außerhalb eines Büros: Videos gucken in der U-Bahn, den Freunden zeigen, was man gerade in New York erlebt oder während des Shoppens telefonieren. Um das Bearbeiten von virtuellen Papierdokumenten geht es da selten. Der handtellergroße Bildschirm bietet kaum Platz für eine Schreibtischsimulation und wird zudem mit viel gröberen Instrumenten bedient als der punktgenau zeigenden Maus: den Fingern.

Später verhalf wieder Apple einer weiteren Gerätekategorie zum Durchbruch: dem Tabletcomputer, der zwar auch mit diversen Fingergesten zu steuern ist, aber ein ähnlich großes Display hat wie die tragbare Variante des Desktop-Rechners, das Notebook.

Allein schon die ungleichen Bildschirmgrößen des neuen Geräteparks behindern eine einheitliche Gestaltung. "Grafiken müssen in mehreren Größen abgespeichert werden, damit eine App sowohl auf dem kleinen Smartphone-Display als auch auf dem viel größeren Bildschirm eines Desktop-Rechners und bei verschiedenen Bildschirmauflösungen gut aussieht", erklärt der App-Experte Markus Burgdorf. "Spiele, die für den iPad optimiert sind, machen auf dem iPhone nicht wirklich Spaß. Die Schriften sind kaum zu lesen, es sieht aus wie ein Mäusekino", fügt er hinzu.

Mit der neuen Hardware entstanden zudem neue Betriebssysteme, iOS für Apples Smartphones und Tablets, Android oder Chrome OS von Google für Smartphones und Laptops.

In der komplexer gewordenen digitalen Welt löst sich die Desktop-Metapher auf. Es gibt keine Fenster mehr, die sich übersichtlich anordnen ließen. Multitasking per Mausklick? Vorbei. Mit einem Ersatz für den Schreibtisch, eine Metapher, die Büro, U-Bahn und New-York-Urlaub unter einen Hut bringt, dazu noch die verschiedenen Bildschirmgrößen, tun sich die Hersteller bis heute schwer.

Die Folge des unbewältigten Umbruchs ist eine visuelle Mannigfaltigkeit. Zwar ähneln die vielen Icons auf dem Display optisch dem alten Desktop. "Doch sie zeigen meist nur das Logo der App", sagt Fabian Hennecke, Experte für Benutzerschnittstellen von der Münchner Firma uxcite. Startknöpfe also, mehr nicht. Die eigentliche Nutzeroberfläche kommt von der App selbst. Die meisten Apps wiederum stammen nicht von Apple, Google oder Microsoft, sondern von einem weltweiten Heer aus freien Programmierern und Firmen. Eine weitere Partei gestaltet also die GUI der Mobilgeräte mit.

Zwar versuchen die Betriebssysteme, das Chaos zu zähmen. Apple etwa gibt den App-Entwicklern strenge Richtlinien, wie die Apps optisch zu gestalten ist, von der Schriftart über die Gestaltung interaktiver Inhalte bis zur Navigation durch eine App. Das strenge Regiment hat aber seinen Preis: "Apple optimiert seine GUI auf Kosten der Möglichkeiten für den Nutzer, das Gerät nach eigenen Bedürfnissen einzurichten", sagt Hennecke.

Das marktbeherrschende System Android ist weniger preußisch organisiert. Ein von Google angeführtes Firmenkonsortium hat Android auf der Basis von Linux entwickelt. Die kostenlose Software setzt auf Bill Gates altes Rezept, um sich auszubreiten: Sie läuft auf Hunderten von Smartphones oder Tablets vieler Hersteller, wie etwa Samsung, Huawei oder LG - insgesamt auf 85% aller Smartphones.

Das bringt eine Unzahl von Versionen mit sich, denn die Hersteller passen die Googlesche Urversion an die eigene Hardware an. Und schließlich will man sich ja schon optisch von der Konkurrenz unterscheiden. Nicht nur, dass die Bedienoberflächen unterschiedliche Designs haben und die Symbole für Apps anders aussehen; auch die Menüführungen sind nicht einheitlich, so ruft eine Zweifingerwischgeste vom Oberrand des Displays bei einem Samsung-Handy ein Menü auf, bei einem Gerät von Huawei aber nicht.

Die Gräben zwischen Büro und U-Bahn sollen aufgefüllt werden

Der Platzhirsch der Desktop-Welt, Microsoft, verschlief den Smartphone-Boom zunächst. Durch den Kauf der Handysparte von Nokia hofften die Redmonder mit eigener Hardware in den Markt einzudringen. Mit kläglichem Erfolg: Keine zwei Prozent der Smartphones laufen heute unter Windows.

Doch der Boss in Redmond, Satya Nadella, gibt nicht auf: Marktanteile nach Geräten zu definieren, mache keinen Sinn mehr. "Jeder nutzt mehrere Geräte gleichzeitig", sagt der CEO von Microsoft. Wichtig sei es, den Anwender auf allen Geräten die gleiche Benutzeroberfläche zu bieten und dass er Anwendungen immer und überall nutzen könne. Microsoft arbeitet also auf eine nahtlose digitale Welt hin: Die Gräben zwischen Büro und U-Bahn sollen aufgefüllt werden.

Schon mit Windows 8 versuchten die Redmonder eine gemeinsame Bildsprache für die vielgestaltige Computerwelt zu finden; und sich damit als Softwareversorger für den erweiterten digitalen Markt zu empfehlen. Mit der Kacheloptik von Windows 8 brachen sie bislang am radikalsten mit der Desktop-Metapher. Die Kacheln tragen zwar teils noch Symbole, etwa einen Briefumschlag für das Email-Programm. Oft aber auch ein Foto oder einfach nur Text und Zahlen. Dieses reduzierte "Flat Design" geht davon aus, dass das Nachahmen von realen Gegenständen gar nicht mehr nötig ist. Schließlich kennen die jungen "digitalen Ureinwohner" die realen Objekte hinter den Symbolen oft gar nicht mehr, etwa die Diskette als Symbol für "Speichern".

Doch Microsoft erlitt mit Windows 8 erst einmal eine Schlappe. Viele Desktop-Nutzer akzeptierten die Kacheloptik nicht, empfanden sie als zu umständlich, etwa weil die oft großen Kacheln die Mauswege verlängern. "Viele Nutzer sind träge", erklärt Hennecke die breite Ablehnung. Die Redmonder ruderten ein Stück weit zurück: Der Nachfolger Windows 10 erlaubt nun ein Umschalten von einer Benutzeroberfläche fürs Fingertippen und -wischen und einer für Tastatur- und Mausbedienung. Kritiker monieren jedoch, Windows 10 sei weder Fisch noch Fleisch, mache sowohl Abstriche gegenüber dem alten Desktop von Windows 7 und dem Harmonisierungsversuch Windows 8.

Einen Nerv hingegen trifft offenbar eine andere Brücke zwischen U-Bahn und Büro. Sie wurde nicht aus Software gebaut, sondern aus Hardware: Ein Formwandler unter den Computern, der so genannte 2-in-1-PC, Tablet und Notebook in einem. Er soll das digitale Leben geschmeidiger gestalten. Microsofts 2-in-1-PC "Surface" etwa erkennt automatisch, ob die Tastatur angeschlossen ist oder nicht und schaltet auf die passende Nutzeroberfläche um. Der Absatz der Formwandler wächst rasant, während der von Tablets schrumpft.

Die Wege in die geschmeidige Welt der kompatiblen Geräte unterscheiden sich indessen von Hersteller zu Hersteller. Google etwa will Android mit seinem Betriebssystem für Laptops, Chrome OS, verschmelzen. Im Mai 2016 soll das neue System vorgestellt werden. Wenig später könnte Android dann auch auf Laptops und Desktop-Computern laufen, wie schon heute auf Googles Convertible namens "Pixel C".

Apple hingegen wolle iOS und OS X nicht miteinander verschmelzen, wie Stephan Ehrmann vom Computermagazin c't trotz anderslautender Gerüchte meint. Dennoch baut auch Cupertino an einer Brücken zwischen Büro und U-Bahn. Eine davon ist eine Sonderfunktion namens "Continuity". Diese spannt ein virtuelles Netz zwischen den verschiedenen Apple-Geräten. Im Büro angekommen übergibt der Reisende die im Zug auf dem iPad begonnene Email per Funk an den Mac, wo er nahtlos weiterschreiben kann. Eine Webseite öffnet sich am Mac genau an der Stelle, wo der Heimgekommene im Zug zu lesen aufgehört hat.

Für Windows 10 baut Microsoft neue Brücken aus Software zwischen den verschiedenen Endgeräten. Excel und Co. machen keinen Unterschied mehr zwischen Smartphone und PC. Eine App für alle, so könnte man Microsofts Konzept der "Universal App" zusammenfassen. Universal Apps werden von vorneherein für PC und Touchscreen-Geräte entwickelt. Auf dem Smartphone lässt sich Excel oder Word mit einem Tippen auf das gleiche Symbol öffnen wie auf dem PC. Die Funktion "Continuum" wiederum verbindet Smartphones mit Tastatur und Monitor und macht die kleinen Begleiter somit zum PC-Ersatz.

Eine weitere Spielart der Nahtlosigkeit kommt von Google: Die Firma aus Mountain View verknüpft seine Online-Dienste, die auf Android-Geräten meist vorinstalliert sind. Von dem Netzwerk zwischen Diensten wie "Google Maps" profitiert am meisten, wer sich ein Nutzerkonto bei Google anlegt. "Wenn ich einen meiner Kontakte von Google+ in der realen Welt besuchen will, klicke ich zweimal und bekomme den Weg zu seiner Adresse angezeigt", nennt Christof Windeck, Redakteur bei c’t, ein Beispiel.

Aus dem Kampf zwischen den Betriebssystemen wird ein Kampf zwischen den Ökosystemen

Wenn jeder Anbieter seine eigenen Brücken zwischen Büro und U-Bahn baut, dann gibt es die nahtlose Computerwelt freilich nur im Club. Aus dem Kampf zwischen den Betriebssystemen wird ein Kampf zwischen den Ökosystemen. Das ganze Portfolio aus Geräten, Software, Cloud-Diensten und Inhalten wie Musik und Videos werden zu einem Paket geschnürt. Mit dem Kauf eines Gerätes, z.B. von Apple, steigt der Druck auf den Kunden, sich auch die anderen Geräte von Apple zu besorgen.

Der Gegenpol zur Kompatibilität innerhalb des hauseigenen Ökosystem ist Inkompatibilität zwischen den Ökosystemen. In seiner Geschichte hat sich Apple schon immer am stärksten abgeschottet; die Tradition lebt munter fort. Mit dem Dienst iCloud lassen sich Musik, Fotos oder Videos bequem zwischen Apple-Geräten teilen; ein fremder Apparat kann daran nicht teilnehmen. Die nahtlose Welt der Continuity-Funktion ist nur mit (neueren) Apple-Geräten kompatibel. Auch die mobilen Apps funktionieren nur auf Computern mit dem Apfel. Die einzige App, die Apple für Android-Geräte bereitstellt heißt Move-To-iOS, ein virtueller Umzugsservice, um Daten von Googles Betriebssystem auf das von Apple zu holen.

Die digitale Kirchturmpolitik macht Schule. Sie verhindert, dass manch technisch eigentlich mögliche Kompatibilität nicht beim Kunden ankommt. Zwar entwickeln Programmierer mobile Apps immer häufiger für verschiedene Betriebssysteme gleichzeitig, obwohl jede ihre eigene Programmiersprache verlangt. Spezielle Hilfsprogramme machen dies möglich. Die Entwickler tun das, um mehrfach verdienen zu können. "Der Verbraucher hat aber nichts davon", moniert der Markus Burgdorf. Denn vertrieben und installiert werden die meisten Apps über jeweils hauseigene "App-Stores", virtuelle Softwareläden. "Will man eine im Apple Store gekaufte App auch auf einem Android-Gerät nutzen, oder umgekehrt, dann muss man sie neu herunterladen", betont Burgdorf. Womöglich muss der Umsteiger die App ein zweites Mal bezahlen oder Einstellungen neu vornehmen, etwa den Punktestand bei einem Computerspiel.

Je mehr Apps sich der Kunde herunterlädt, je mehr Daten er in seinem Google-Konto ansammelt, je mehr Endgeräte von einem Hersteller er besitzt, desto mühsamer wird der Wechsel. In den Ökosystemen beginnt der Nutzer zunächst als Schössling, der darin immer mehr und tiefere Wurzeln schlägt. "Es gibt wenige Wechsler", konstatiert Windeck.

Die Entscheidung "Welches Ökosystem" will gut überlegt sein, denn die digitalen Lebensräume sind so unterschiedlich wie Süß- und Salzwasser. Da stehen sich etwa die Philosophie der Kontrolle und die der Offenheit gegenüber. Während Apple streng auswählt, welche Apps in seinem App-Store zu kaufen gibt, lässt Android die Zügel deutlich lockerer: Bei Google Play wird weniger stringent kontrolliert, daneben kann der Nutzer sich Apps direkt von den Webseiten der Entwickler herunterladen oder von dem alternativen App-Store "F-Droid", der freie Software anbietet. Der Preis für die Offenheit ist ein erhöhtes Risiko, sich ungewollt Schadsoftware auf das Gerät zu holen.

Ein weiterer Gegensatz: monolithisch vs. fraktioniert. Ersteres gilt für Apple oder Microsoft, die inzwischen beide auf Software und Hardware aus einer Hand setzen, auch wenn Redmond weiterhin Software auch für andere Hersteller baut. Einem lockeren Bundesstaat mit schwacher Zentralregierung hingegen gleicht Android. Bis die Hersteller die von Google entwickelten Updates auf ihren Geräten umsetzen, können Jahre vergehen. Dadurch bleiben längst bekannte Sicherheitslücken lange ungestopft. Fast 90 % aller Android-Handys haben nach einer Untersuchung der University of Cambridge bedenkliche Sicherheitslücken.

Die digitalen Planeten unterscheiden sich zudem in ihrer Gravitationskraft. Diese verstärkt sich selbst: Wo es die meisten Apps gibt, gehen auch die meisten Kunden hin; für diese Plattformen werden dann auch die meisten neuen Apps entwickelt. Microsoft hat hier bislang das Nachsehen. Mit rund 500000 Apps liegen Microsofts App-Stores weit hinter seinen Konkurrenten Apple App Store mit rund 1,5 Millionen Apps und Google Play mit fast zwei Millionen Apps.

Im Kampf der Ökosysteme erscheint eine gemeinsame GUI für alle Geräte aller Hersteller ähnlich utopisch wie eine Zentralregierung für die EU. "Aber eine GUI für alles, wollen wir das überhaupt?", fragt Fabian Hennecke. Nein, findet Matthias Finck, Experte für Benutzeroberflächen an der Nordakademie in Elmshorn: "Aus Nutzersicht ist die Konkurrenz dreier mobiler Benutzerschnittstellen zu begrüßen", sagt er. Denn diese führe zu immer neuen Innovationen.

Demnach ist es ein Glück, dass iOS, Windows, Linux oder Android mehr sind als bloß Namen.