De Maizière für "Vermummungsverbot" im Internet

Vermummte Fußball-Hooligans, 1990. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1990-0408-011 / Kasper, Jan Peter/CC-BY-SA 3.0

Der Bundesinnenminister will der "Teilverrohung unserer Gesellschaft" entgegenwirken

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449 Übergriffe gegen Flüchtlingsheime gab es im laufenden Jahr, darunter 82 Gewaltdelikte. Zusätzlich berichtet der Innenminister von 654 Straftaten gegen Asylbewerber außerhalb der Unterkünfte, davon 107, die "gewaltsam verlaufen" seien. Solche Angriffe auf Asylbewerber außerhalb der Unterkünfte werden nun neu in der Statistik ausgewiesen, gab de Maizière bekannt.

Das führe dazu, dass der Vergleich mit den Gesamtzahlen Grenzen habe, erklärte der CDU-Politiker gegenüber einem Medienverbund. Dessen ungeachtet steht für ihn die summarische Erkenntnis fest, wonach sich die Situation habe in diesem Jahr noch verschlimmert habe. Dies vor dem Hintergrund, dass sich die Zahl der Übergriffe bereits von 2014 auf 2015 verfünffacht hatte. 2014 wurden 199 Übergriffe auf Flüchtlingsheime registriert, 2015 dagegen 1.031.

"Unbescholtene Bürgern, die plötzlich Gewalt anwenden"

Im Gespräch mit den Medien stellte der Innenminister eine Auffälligkeit heraus, nämlich dass ein erheblicher Anteil der Tatverdächtigen zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung trat und dass viele aus der näheren Umgebung von Flüchtlingsunterkünften kämen. Daraus zog de Maizière die Folgerung von "unbescholtenen Bürgern, die plötzlich Gewalt anwenden".

Anlass zur Sorge, so der Innenminister. Polizei und Rechtsstaat seien gefordert. Allerdings, so schränkte er zugleich ein, hinter der Gewalt stehe ein "gesellschaftliches Phänomen" das mit Polizei und Justiz allein nicht zu bekämpfen sei. De Maizière spricht in diesem Zusammenhang von einer "Teilverrohung der Gesellschaft", ein Begriff, der nicht sofort einleuchten will, weil nicht klar ist, ob er damit meint, dass nur Teile der Gesellschaft verroht sind oder die Gesellschaft nur teilweise oder ob er ganz einfach keine allzu steile These von sich geben wollte.

Da er sich in seinen weiteren Äußerungen darüber beklagt, dass Hemmschwellen sinken und dies vor allem bei Hassmails beobachtet werde, ist wohl von allem ein bisschen gemeint und dann wird auch die Absicht klar: Der Minister will einigermaßen festen Boden für einen nächsten Vorstoß gegen die Anonymität bei Beiträgen im Netz.

Am Anfang der Gewalt steht das Verächtlichmachen und die Beleidigung, so das Argument de Maizères: Hemmschwellen, jemanden zu beleidigen, sinken. Der Erosion dieser Grenzen folgen weitere, letztlich auch die Erosion der Hemmschwelle bei körperlicher Gewalt, lässt er verstehen. Insbesondere angesichts der Flüchtlingskrise. Die habe wie ein "Beschleuniger des Phänomens" gewirkt. "Sie hat das Land polarisiert und bei einigen die Hemmschwelle zur Ausübung von Gewalt noch einmal gesenkt."

Als Gegenmaßnahme schlägt der Innenminister ein "Vermummungsverbot" im Internet vor.

Wir haben für Demonstrationen das Vermummungsverbot eingeführt. Es ist keine Schande, für ein öffentliches Anliegen mit seinem Gesicht friedlich zu demonstrieren. Die Vermummung ist im Internet genauso falsch wie bei einer öffentlichen Demonstration. Das Bekenntnis zum Namen ist richtig und führt zur Mäßigung im Umgang mit der Sprache.