Winzige Fernlinge zur Erkundung von Alpha Centauri

Alpha Centauri und Beta Centauri. Bild: Skatebiker/CC-BY-SA-3.0

Stephen Hawking verbrüdert sich mit dem russischen Unternehmer Milner um ein Weltraumerkundungsprojekt anzuschieben

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Es gibt doch ein paar Verrückte, die die Prominenz und das Geld haben, Science-Fiction-Projekte anzuschieben. So haben sich Stephen Hawking und der reiche russische Internet-Unternehmer und Milliardär Yuri Milner zusammengetan, um das von dem Ex-Nasa-Mitarbeiter Pete Worden geleitete Projekt Breakthrough Starshot anzukündigen. Mit immerhin 100 Millionen US-Dollar sollen Mini-Roboter endlich einmal unser Sonnensystem verlassen und das nächste Sternensystem Alpha Centauri besuchen, das mehr als 4 Lichtjahre entfernt liegt. Auch andere Prominente wie Freeman Dyson, Martin Rees oder Marc Zuckerberg sind angetan.

Geplant ist, allerdings nicht morgen, sondern in der Zukunft, frühestens in 20 Jahren, dass eine Rakete eine Mutterschiff in den Weltraum bringt, das wiederum Tausende von Mini-Raumschiffen, so groß wie eine Briefmarke (Nanocraft), aussetzt, die ihre einige Meter langen Sonnensegel ausbreiten und dann durch Laserstrahlen von der Erde mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch den Weltraum schießen lassen, um endlich einmal raus aus der solaren Blase zu kommen und fremdes Land wenn schon nicht zu betreten, so doch aus der Nähe sehen zu können. Die Energie für die Prozessoren soll von einer radioaktiven Quelle wie Americium kommen.

Für Milner ist es ein Projekt, das dem Geist des Silicon Valley entspricht. Die StarChips sollen trotz ihrer winzigen Größe Weltraumsonden sein, die Kameras, Energieversorgung, Photonantriebe, Navigations- und Kommunikationsinstrumente besitzen. Auf der Erde müssten zahlreiche Laser gebaut werden, um die StarChips durch den Weltraum reisen zu lassen.

Es wird wenig für die künftigen Generationen gemacht, die Erde wird für sie eher weiter als Lebensraum degradiert. So würde zwar nicht die Erde gerettet, aber der Traum, ein anderes Sternensystem erreichen zu können. Der Schritt, von dem Hawking seit langem träumt, auf andere Planeten in anderen Sternsystemen auswandern zu können, wird mit der Vision nicht erfüllt. Die Menschen schicken eben nicht mehr sich selbst, die an die Erde gebundenen Wesen, ins All, sondern ihre Fernlinge oder technischen Kinder.

Mit einem Fünftel der Lichtgeschwindigkeit könnten die Winzlinge reisen, was bedeuten würde, dass sie auch noch 20 Jahre unterwegs sein würden, um in Alpha Centauri anzukommen, der nächsten kosmischen Nachbarschaft. Die Mini-Sonden, die es bis dahin geschafft haben, können dann Messungen vornehmen und Bilder für die Menschen zurückschicken, die weiter auf dem Planeten gefangen sind. Und die Bilder brauchen auch wieder Jahre, bis sie auf die Erde kommen.

Milner glaubt allerdings, dass nicht nur Milliarden zur Finanzierung des Projekts eintrudeln werden, sondern dass bereits er selbst durch die Fortschritte in der Medizin die Ergebnisse der interstellaren Reise noch erfahren könne. Möglich, schließlich sterben die Armen auch heute schon viele Jahre vor den Reichen, die kraft ihres Geldes ihr Leben verlängern.

Die Initiatoren schätzen, dass das Projekt zwischen 5-10 Milliarden kosten wird. Die 100 Millionen US-Dollar von Milner wären also nicht mehr als eine Aufforderung, auch Geld in das futuristische Projekt zu investieren, von dem unklar ist, was es eigentlich bewirken soll. Sieht man davon ab, dass solche Massenerkundungssatelliten in alle Richtungen geschickt werden könnten.

Hawking meint, dass wir früher oder später zu den Sternen schauen müssen. Der Ansatz ist einfach, nicht mehr einen teuren Satelliten auszuschicken, sondern Tausende von billigen Robotern, so dass es egal ist, wenn viele zu Müll werden, also Wegwerfprodukte sind. Ähnlich wie bei Samen vielleicht, die beim Vögeln zu Millionen ausgeschickt werden, wobei es nur eine schafft, wenn überhaupt, die Eizelle zu befruchten. Das Silicon-Valley-Prinzip würde also in der Verschwendung und der Hoffnung bestehen, dass es zumindest einer von vielen Tausenden schafft und der Müll keine Probleme macht.

Probleme könnten die Laser auf der Erde Machen, die immerhin 100 Gigawatt an Energie erzeugen müssten, um die Mini-Sonden zwei Minuten lang zu beschleunigen. Nötig wäre ein großes Laserfeld und ein optisches System, das einen Strahl aus Tausenden von Lasersystemen fokussiert. Dyson meint, dass es auf dem Weg zu Alpha Centauri viel zu beobachten geben würde. Aber auch dieses Projekt stellt die Frage, was wir gewonnen haben, wenn wir mehr über extraterrestrische Verhältnisse wissen, aber der Erde nicht entfliehen können, die wir womöglich allmählich für Menschen unbewohnbar machen. Der erste Blick aus dem All hat die Erde als fragiles Raumschiff offenbart. Noch haben wir weder Raumschiffe noch andere Welten, um die Erde verlassen und andere Gebiete kolonialisieren zu können. Das aber schränkt die Silicon-Valley-Ideologie doch ziemlich ein. Wir wissen weder, wie wir das Leben wirklich technisch verlängern, noch wie wir der eben mit der Technik sich entwickelnden Unwirtlichkeit des Planeten entkommen könnten. Der Aussichtslosigkeit müsste man sich endlich stellen.