Italien-Route: Österreich riegelt ab

Am Brenner werden gegen den Widerstand der EU und Roms strengere Kontrollen durchgeführt. "Auch Deutschland wird nicht erfreut sein"

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Die Vorarbeiten zur neuen "Kontroll-Infrastruktur" (Innenministerin Mikl-Leitner) haben bereits begonnen. Der Grenzübergang zu Italien am Brenner wird auf der österreichischen Seite abgedichtet. Bis Anfang Juni spätestens soll die Barriere fertiggestellt sein, mit Flugdach für Wartende, einem Gebäude zur Kontrolle der Flüchtlinge und einem Zaun. Ob er mit Stacheldraht ausgerüstet wird, ist nicht bekannt.

In der deutschen Regierung gibt man sich überzeugt, dass das Problem des enormen Andrangs von Flüchtlingen passé ist, in Wien denkt man anders. Die österreichische Regierung fürchtet einen "neuen Flüchtlingsansturm", diesmal aus Italien. Die Zahlen dazu sind völlig "unabgesichert", sofern es um die kursierenden Einschätzungen von Hunderttausenden Flüchtlingen geht, die vom französischen Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian oder vom Kommandanten der EU-Mission Sophia, Enrico Credendino, genannt wurden.

4.000 Flüchtlinge im Mittelmeer an zwei Tagen aufgegriffen

Anderseits wird vom Innenministerium gemeldet, dass sich die Zahl der Flüchtlinge, die seit Jahresbeginn über das Mittelmeer nach Italien gelangt sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdoppelt haben, 24.000 waren es bisher. Die Wetterbedingungen werden besser, das Meer wird ruhiger: An den letzten beiden Tagen, Montag und Dienstag, wurden laut italienischer Küstenwache 4.000 Flüchtlinge zwischen Nordafrika und Sizilien aufgegriffen.

Die Wahl zum Bundespräsidenten (gleichzeitig Oberbefehlshabers des Bundesheeres) steht in diesem Jahr an, eine vorzeitige Nationalratswahl wird immer wahrscheinlicher, die SPÖ-ÖVP-Regierungskoalition hat die rechte FPÖ im Nacken. Sie agiert mit Härte.

Auf Proteste eingestellt, Priorität hat die Obergrenze

Die Regierung hat eine rechtlich umstrittene Verschärfung des Asylrechts und am Brenner wird präventiv Grenzmanagement vorbereitet, ungeachtet der Proteste aus Italien, aus Brüssel und von NGOs, die vor einer "akuten humanitären Krise" warnen, sollte der Grenzübergang geschlossen werden.

Die EU-Kommission sieht keine Notwendigkeit für solche Vorbereitungen", ein Massenansturm sei nicht absehbar, ein rein präventiver Grenzschutz mit Zaun unvereinbar mit den Schengen-Regeln. Die Kommission werde die Angelegenheit "ernsthaft prüfen".

Aus Italien kommen Proteste über die einseitigen, nicht abgesprochenen Aktionen in Österreich. Minister-Präsident Renzi protestiert gegen den Bruch europäischer Spielregeln. Außenminister Paolo Gentiloni erklärte, dass er die Logik dieser Gesten gegen die Kooperation nicht akzeptieren könne. Schärfere Worte kommen von Abgeordneten - Europa werde am Brenner begraben.

Auf die Proteste aus Italien hat sich Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) nach eigenen Worten längst eingestellt, wie auch darauf, dass man in Deutschland über die neue Grenzkontrollsituation nicht erfreut sein wird. Wichtiger ist ihm die Einhaltung der Obergrenze.