Erdogan bezeichnet deutsche Abgeordnete als verlängerten Arm der Terroristen

Bedrohung deutscher Politiker mit türkischem Hintergrund.

Der von Merkel durchgedrückte Flüchtlingsdeal-Deal mit der Türkei offenbart zunehmend die Kollateralschäden, sofern er überhaupt noch gilt

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Daily Sabah, ein regierungsnahes Medium, berichtete gestern, dass der Flüchtlingsdeal mit der EU praktisch nicht mehr gültig sei. Nach Informanten aus dem türkischen Außenministerium sei das Abkommen, nach dem illegale Migranten aus der EU wieder im Austausch von registrierten Flüchtlingen aus der Türkei zurückgenommen, vorübergehend aufgehoben worden. Als Grund wurde angeführt, dass die EU nicht den abgemachten Wegfall des Visumszwangs für Türken umgesetzt habe. Die EU verlangt dafür die Veränderung der Antiterrormaßnahmen, mit denen die türkische Regierung auch Medien und Oppositionelle als Terroristen verfolgt.

Der türkische Präsident Erdogan reitet zudem weiter auf der Armenien-Resolution des deutschen Bundestags herum. Merkel habe ihm versprochen, dass sie nicht verabschiedet wird, sagte er kürzlich, man werde entsprechende Maßnahmen als Reaktion vorbereiten. Erdogan führt jetzt an, dass Deutschland erst einmal selbst den Völkermord in Namibia eingestehen müsse, bevor man gegen die Türkei eine Resolution verabschiedet, womit er im Prinzip recht hat und die Scheinheiligkeit der deutschen Abgeordneten herausstellt. Deutschland sei sowieso das "letzte Land", das über Völkermord zu entscheiden habe. Erdogan ergänzte dies durch die nationalistische Verklärung, dass die türkische Geschichte keine der Massaker sei, sondern eine "Geschichte des Erbarmens und des Mitleids". Das ist sehr dick aufgetragen.

Schon zuvor hatte der türkische Präsident, der gerne Verschwörungstheorien verbreitet, erklärt, die Völkermord-Resolution sei von ganz oben ausgeheckt worden. Es gebe eine Gruppe in Deutschland, die sich gegen die Türkei verschworen habe, Medien würden beteiligt sein (Erdogan: Eine Gruppe in Deutschland hat sich gegen die Türkei verschworen). Und er erwähnte auch türkische Verbindungen. Naheliegt, dass er damit u.a. Cem Özdemir meinte, der die Armenien-Resolution mit angeschoben hatte und mittlerweile unter Personenschutz steht, weil er Todesdrohungen von türkischen Nationalisten erhalten hat. Mit Namen nannte Erdogan Özdemir nicht, aber er äußerte sich rassistisch genug: "Ein Türke, sagen manche. Ach was, Türke. Ihr Blut sollte einem Labortest unterzogen werden." Wird man also Türke oder Deutscher durch einen Bluttest?

Erdogan sagte letztlich zu den deutschen Abgeordneten und Staatsministerin Özoğuz mit türkischem Hintergrund, dass ihr Blut "unrein" sei und sie der verlängerte Arm der Terroristen in Deutschland seien. ARD-Reporter Arnd Henze verweist hier auf eine Art Steckbrief, der derzeit in der Türkei zirkuliert und deutsche Abgeordnete mit türkischem Hintergrund bedroht.

Harmlos ist das nicht, wenn der türkische Präsident deutsche Abgeordnete als verlängerten Arm der Terroristen bezeichnet - und damit möglicherweise zum Abschuss freigibt. So funktioniert das schließlich auch in der Türkei, wo Terrorismusverdächtige, die mit der Regierungspolitik nicht einverstanden sind, wenn nicht erschossen, so doch schnell festgenommen und zu harten Strafen verurteilt werden.

Der Versuch der Bundeskanzlerin, ihre Position in Europa und gegenüber der CSU und der AfD mit dem Abkommen mit Erdogan zu sichern und so für eine gesamteuropäische Lösung des Flüchtlingsproblems zu sorgen, wird immer unappetitlicher. Die deutsche Regierung schweigt sich weiterhin gegenüber dem Vorgehen gegen die kurdische Bevölkerung aus und äußert gerade einmal Sorge über die Verfolgung von Journalisten und der Aufhebung der Immunität von Abgeordneten. Der Völkermord an den Armeniern liegt 100 Jahre zurück.

Erdogan erklärte, was seinen Geist offenbart, dass eine Frau, die keine Mutter werden will, weil sie arbeiten will, ihre Weiblichkeit verleugnet. Sie sei dann nur ein halber Mensch, egal, wie erfolgreich sie im Beruf ist.