"Wir in der AfD denken langfristig"

Alexander Gauland. Foto: Pressefoto der AfD-Brandenburg

Der stellvertretende Parteichef Alexander Gauland spricht über seine öffentlichen Auftritte, den Kurs der AfD und das Amt des Bundespräsidenten

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Herr Dr. Gauland, welche Entscheidung der Bundesregierung hat Ihnen zuletzt gut gefallen?

Alexander Gauland: Da fällt mir im Grunde genommen nichts ein.

Denken Sie bitte noch einmal nach.

Alexander Gauland: (Überlegt) Nein, da gibt es nichts. Die Bundesregierung stolpert von einem Fehler zum nächsten.

Sie wiederholen häufig den Satz, Merkel bringe Schaden über das deutsche Volk. Welche Schäden sehen Sie in Ihrer Umgebung?

Alexander Gauland: Der ungehemmte Zustrom von Flüchtlingen, die zum großen Teil politisch nicht verfolgt werden, hat Deutschland geschadet. Wer den Rechtsstaat aussetzt, versündigt sich am deutschen Volk. Es entstehen enorme Kosten, deren Auswirkungen die meisten Politiker noch nicht einmal im Ansatz überblicken. Zudem bilden sich Parallelgesellschaften, die den Deutschen verständlicherweise Angst machen.

Noch mal: Welche Schäden, Gefahren oder Fehlentwicklungen sehen Sie in Ihrer direkten Umgebung?

Alexander Gauland: Ich lebe in Potsdam in einem Viertel, in dem von alledem noch nichts spüren ist. Zwar ist mein Haus mehrmals beschmiert worden, aber das ist wohl eher eine Folge der politischen Auseinandersetzung.

Sie beklagen also Schäden, die Sie selbst nicht sehen?

Alexander Gauland: Das ist Unfug. Wir alle kennen doch die Stadtteile, in denen Parallelgesellschaften zugelassen werden. Nahezu alle Parteien und Politiker sagen: "Ja, wir wollen Integration, ja, wir wollen fordern und fördern." Schaut man allerdings genau hin, sieht man: Das ist nur billige Rhetorik. Frau Merkel handelt fahrlässig, wenn sie zulässt, dass jedes Jahr Hunderttausende kultur- und raumfremde Menschen nach Deutschland kommen.

Was sind raumfremde Menschen?

Alexander Gauland: Menschen aus Gebieten, die nicht zum europäisch-nordamerikanischen Kulturraum gehören.

Auf Veranstaltungen stimmen Sie immer wieder den Satz an: "Merkel muss weg!" - ist das...

Alexander Gauland: ...Ich bin in der Politik, um etwas zu bewegen, ich will, dass der eingeschlagene Irrweg endlich verlassen wird. Und ja, ich kämpfe dafür, dass die Bundeskanzlerin aus der Politik ausscheidet.

Sie gehören allerdings einer Minderheit an, laut aktueller Umfragen ist die Mehrheit der Bürger mit der Arbeit der Bundeskanzlerin zufrieden.

Alexander Gauland: Demokratie ist ein langer und steiniger Weg. In Krisensituationen gibt es immer eine Mehrheit von unpolitischen Menschen, die an Bestehendem festhalten wollen. Nach dem Motto: Wer weiß, was noch alles hinterher kommt. Das ist völlig normal. Wir in der AfD denken ohnehin langfristig. Die Politiker der Altparteien werden sich noch wundern.

Was heißt das?

Alexander Gauland: Selbstverständlich geht es in einer Demokratie darum, Mehrheiten zu gewinnen. Wer sich die Ergebnisse der vergangenen Landtagswahlen anschaut, erkennt, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Der Zuspruch wächst stetig. Zudem zeigen die Wahlen, dass immer mehr Menschen unzufrieden sind mit der Merkelschen Chaospolitik. Die Schwäche der beiden ehemaligen Volksparteien ist ein deutlicher Beleg dafür.

Mit der Arbeit Ihrer Parteivorsitzenden Frauke Petry sind laut dem Meinungsforschungsinstitut infratest dimap 76 Prozent der Bürger nicht zufrieden.

Alexander Gauland: Wir liegen in den Umfragen zwischen 15 und 20 Prozent. Das sind auch diejenigen Wähler, die mit der Arbeit Petrys im Großen und Ganzen zufrieden sind.

Und die anderen 76 Prozent sind unpolitische Menschen?

Alexander Gauland: Das habe ich so nicht gesagt. Das sind sowohl Grüne, Linke und Sozialdemokraten als auch CDU- und FDP-Leute. All diese Herrschaften lehnen unsere Vorsitzende logischerweise ab. Es ist zurzeit gar nicht möglich, auf bessere persönliche Werte zu kommen.

Für Direktwahl des Bundespräsidenten und Stärkung seiner Kompetenzen

Herr Dr. Gauland, Ihre Partei spricht sich für die Direktwahl des Bundespräsidenten aus - wie genau stellen Sie sich das vor?

Alexander Gauland: Durch eine Änderung des Grundgesetzes. Die Wahl des Bundespräsidenten durch das Volk wäre ein Schritt in Richtung mehr Demokratie. Derlei müsste allerdings einhergehen mit einer Veränderung der Kompetenzen des Präsidenten, anderenfalls hätten die Wähler den Eindruck, es handele sich um eine Alibi-Veranstaltung.

Die Verfassung müsste geändert werden.

Alexander Gauland: Sie müsste in der Tat anders strukturiert werden. Mir ist allerdings klar, dass ein solcher Vorschlag bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen keinerlei Aussicht auf Erfolg hätte. Aber noch mal: Man könnte nicht einfach die Direktwahl einführen, ohne zugleich die Kompetenzen des Präsidenten zu stärken.

Das Prinzip der repräsentativen Demokratie würde auf den Kopf gestellt werden.

Alexander Gauland: Nein, warum? Wir haben in der deutschen Geschichte unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Auch als Reaktion auf die merkwürdige Regierungsart zwischen 1931 und 33, Stichwort Notverordnungen, hat man das Amt 1949 bewusst schwach ausgestattet. Das ist zum Beispiel in Österreich und Frankreich anders.

Das heißt?

Alexander Gauland: Es kommt ganz darauf an, wie man das verfassungsrechtlich austariert. Eine Ausweitung der Kompetenzen hieße ja nicht, dass der Bundespräsident Notstandskompetenzen bekäme. Die braucht er im Übrigen auch nicht, denn wir haben schließlich eine Notstandsverfassung.

Inwiefern sollte der Bundespräsident eingreifen?

Alexander Gauland: Ich könnte mir ein paar kräftige Einwirkungen bei der Regierungsbildung vorstellen.