Atomstrom in Frankreich: 28 Millionen EDF-Kunden müssen nachzahlen

Der französische Atomstrom-Hersteller subventionierte den Strom und wehrt sich gegen die Abschaltung von Fessenheim

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass in Frankreich die Kosten für den angeblich billigen Atomstrom aufgehübscht werden, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Dazu muss nun nicht einmal mehr auf die massiven Verluste des fast komplett staatlichen Energieerzeugers EDF verwiesen werden, der kürzlich eine Kapitalerhöhung von vier Milliarden Euro brauchte, um das laufende Geschäft in baufälligen Meilern zu finanzieren, welche die Steuerzahler drei Milliarden gekostet hat.

Es muss nun nicht mehr auf den staatlichen Atomkraftwerksbauer Areva und seine Pleiten beim Kraftwerksneubau und seine Fälschungen von Dokumenten hingewiesen werden, die ihn in die Pleite getrieben haben. Deshalb wird er nun zerschlagen. Nun aber hat der Staatsrat ein Urteil gesprochen, weil nicht einmal die Kosten für die direkte Stromerzeugung an die Verbraucher weitergegeben werden. Eigentlich hätte der Strompreis im November 2014 um 5% steigen sollen. Doch die Regierung hatte die Erhöhung auf 2,5% begrenzt. Das reichte aber nicht aus, um die von ihr zuvor in der Krise eingefrorenen Tarife zu kompensieren.

Jetzt müssen 28 Millionen Haushalte nachzahlen, zunächst erst einmal für die Periode zwischen dem 1.November 2014 bis zum 31. Juli 2015. Der EDF spült das gut 750 Millionen Euro in die Kassen. Doch dabei wird es vermutlich nicht bleiben, weil die Kläger noch eine zweite Klage für die Zeit danach laufen haben, als erneut Tarife nur um 2,5% erhöht wurden. Und es wird erwartet, dass die nach Ansicht des Staatsrats ebenfalls nicht zur Kostendeckung gereicht haben.

Im jetzt entschiedenen Fall sprechen die Richter von einer "offenkundigen unzureichenden" Erhöhung um die "Tarifunterschiede" auszugleichen, durch die andere Anbieter benachteiligt werden. So gehen Beobachter nun davon aus, dass neben der Nachzahlung weitere bedeutende Preiserhöhungen auf die Franzosen zukommen werden. Zahle der Durchschnittshaushalt derzeit 800 Euro im Jahr für Strom, dürfte die Rechnung schon "kurzfristig" um mehrere Dutzend Euro ansteigen, schreibt Le Parisien.

Schon seit längerem wird diskutiert, dass die EDF wegen des veralteten Atomkraftwerkparks höhere Kosten hat und höhere Tarife braucht. Zu den Altlasten gehört der Uraltreaktor in Fessenheim am Oberrhein, der wegen eines überschaubaren Wasserschadens sogar schon kurzeitig außer Kontrolle geriet. Die fatalen Probleme mit nicht abgedichteten Schaltschränken haben auch andere Meiler, die teuer nachgerüstet werden müssen.

Doch statt Fessenheim abzuschalten, der von Straßburg über Freiburg bis Basel den gesamten Oberrhein bedroht, wehrt sich die EDF gegen die geplante Abschaltung noch in diesem Jahr, welche die Regierung nach der letzten bekanntgewordenen Panne erneut angekündigt hatte. Die Zeitung Le Monde berichtete am Mittwoch, dass der Atomstromhersteller der Forderung der Regierung nicht nachkommen will. Der müsste dies bis zum Monatsende beantragen.

Der Grund sei eine geradezu "unverschämt" niedrige Entschädigung für die Abschaltung von 100 Millionen Euro. Die EDF habe mit zwei bis drei Milliarden Euro gerechnet, damit sich der Konzern der Energiepolitik der Regierung fügt und bis 2025 den Anteil der Atomenergie an der Erzeugung auf 50% senkt. Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb praktisch staatlich ist und der zuletzt wieder drei Milliarden zuschießen musste, ist es eigentlich lächerlich, solche Forderungen von Seiten der EDF aufzustellen.