Sind "Landdrohnen" zum Ausliefern sicherer als fliegende Drohnen?

Konvoi autonomer LKWs. Bild: TARDEC

Washington genehmigt Tests mit Bodenrobotern zum Ausliefern, Tests auf öffentlichen Straßen mit autonomen LKW-Konvois dürften jedoch zukunftsweisender sein

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Sehr vorsichtig ist der Versuch in der amerikanischen Hauptstadt, erstmals kleine autonome Lieferfahrzeuge oder -roboter zuzulassen. Lieferdrohnen sind für Washington erst einmal tabu, weil es hier eine No-Fly-Zone gibt, zudem hat die FAA den Einsatz von kleinen Drohnen weiterhin daraufhin beschränkt, dass sie nur tagsüber und in Sichtweite des Piloten fliegen dürfen. Von autonom ist noch gar keine Rede.

Jetzt also werden erstmals in einer US-Stadt, aber auch weltweit Lieferroboter, die Washington Post nennt sie "Landdrohnen", getestet. Sie wurden von der estnischen Firma mit dem Science-Fiction-Namen Starship Technologies, gegründet von den Skype-Mitgründern Ahti Heinla and Janus Friis, entwickelt. Mit den kleinen Bodenrobotern glaubt man, die Nase vorne zu haben, weil deren Betrieb einfacher und sicherer sein könnte als der von Drohnen in der Luft. Bei einer Panne auf den Kopf fallen und jemanden verletzen, können "Landdrohnen" nicht, aber es dürfte genügend Möglichkeiten für unvorhergesehene Rendezvous mit Menschen, Fahrzeugen und Dingen geben.

Ein Starship-Roboter. Bild: Starship Technologies

Die Idee ist, dass ein Kunde irgendetwas bestellt und der Starship-Roboter dies in einem Auslieferzentrum abholt und zu ihm bringt. Das soll billiger sein, als die übliche Auslieferung auf der letzten Meile, zumal wenn die Kunden nicht angetroffen werden. Die können vorgeben, wann die Waren geliefert werden, und mit einer App verfolgen, wo sich die Roboter gerade befinden. Das Versprechen, alles sofort und rechtzeitig geliefert zu bekommen, geht freilich nicht so flott wie mit einer Drohne, ist auf relativ kleine Lieferentfernungen von max. 5 km beschränkt und keineswegs banal, da die 10 kg schweren, kniehohen Roboter auf sechs Rädern auf den Fußwegen mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h zockeln sollen.

Gedacht ist daran, diese Lieferroboter in Vororten einzusetzen, wo die Fußgängerdichte nicht so hoch ist. Gleichwohl werden sie vorhersehbar auf eine Reihe von Problemen stoßen, nicht zuletzt mit der Navigation. Vorstellbar ist auch, dass es Versuche geben könnte, sie auszurauben oder einfach aus Jux zu beschädigen. Alles sei aber ganz sicher. Nicht nur würde der in Schrittgeschwindigkeit rollende Roboter mit 9 Kameras ausgestattet und mit einem Programm ausgestattet sein, Hindernisse zu umgehen und Passanten "höflich" Platz zu machen, es könne auch nur der Kunde die Bestellung entnehmen, die mit einem Code unter dem Deckel gesichert sei. Mit seiner "Intelligenz" so die Hersteller, könne er "in perfekter Präzision navigieren". Und er sei auch wegen seiner Energieeffizienz mit seinem Elektromotor "ungeheuer grün", da er keine CO2-Emissionen produziere, Deswegen sei er gut für die Umwelt und das Geschäft.

Der Stadtrat von Washington beschloss, dass für die Zeit vom 15. September bis Ende 2017 auch andere Anbieter als Starship Versuche durchführen können, allerdings dürfen jeweils nur 5 Fahrroboter eingesetzt werden, die nicht mehr als 25 kg Leergewicht aufweisen und nicht schneller als 15 km/h fahren dürfen. Sollte es eine Panne geben und der Roboter liegenbleiben, muss die Straße innerhalb von 24 Stunden geräumt werden. Das ist kulant.

Sonderlich zukunftsweisend sehen die Test-LKWs der Army nicht aus. Bild: US Army

LKW-Schwärme im Test

Einen anderen Versuch hat nun der Bundesstaat Michigan genehmigt, der sich für die erwartete Zukunftstechnik der Mobilitätsindustrie zu positionieren sucht und viele Genehmigungen für Tests von autonomen Fahrzeugen erteilt hat, im Mai auch für autonome Lastwagen. Für den Gouverneur von Michigan soll mit der Gründung des Konsortiums Planet M und der bereits eingerichteten Infrastruktur an den Straßen der Übergang von der Automobilindustrie in die Mobilitätsindustrie geleistet werden.

Michigan soll nicht nur bei autonomen Fahrzeugen, sondern auch bei vernetzten Fahrzeugen und Straßensicherheit führend werden. Man sieht sich mit der alten Autostadt Detroit bei der "Autoindustrie 2.0" in Standortkonkurrenz mit dem Silicon Valley und bei der Großzügigkeit für die Genehmigung von Tests mit Kalifornien und Nevada. Es gibt allerdings noch Streit um die Regulierungen. Während etwa Google Fahrzeuge ohne Fahrer und ohne Lenkrad und Pedale testen will, setzt GM noch mehr auf Sicherheit.

Jetzt hat die Armee erstmals einen autonomen Lastwagenkonvoi auf öffentlichen Straßen getestet. Erst einmal sind es nur 34 km auf der Interstate 69 für einen Konvoi von vier Lastwagen. Durchgeführt wurde der Test vom Tank Automotive Research, Development and Engineering Center (TARDEC) der Armee. Die Lastwagen "sprechen" über Kurzstreckenfunk miteinander und teilen so ihren Ort, die Geschwindigkeit und die Fahrbedingungen untereinander und mit sechs an der Straße für den Test angebrachten Sensoren. Getestet war das System der Kommunikation über Kurzstreckenfunk schon mehrere Jahre, jetzt aber erstmals auf einer öffentlichen Straße, also im zivilen realen Leben. Und es soll erfolgreich gewesen sein (Video).

In Deutschland hat bereits Mercedes neben MAN, Scania, DAF, Volvo und IVECO einen Lastwagenkonvoi mit drei LKWs im April von Stuttgart ins niederländische Venlo im Rahmen der European Truck Platooning Challenge 2016 fahren lassen. Mercedes schreibt sich zu, bei der Navigation von autonomen LKWs ohne externen Daten nur mit der an Bord befindlichen Technik (u.a. Kamera, Radarsensoren) mit dem Highway Pilot Connect (HPC) vorne zu liegen. Mit in den LKWs saßen Fahrer, um in Notsituationen das Lenkrad zu übernehmen. Die LKWs der verschiedenen Hersteller können noch nicht miteinander kommunizieren.

Die Army strebt im Unterschied zu Mercedes das Platooning erst in Zukunft an. Dann soll der erste LKW die Führungsposition einnehmen, die anderen Fahrzeuge richten sich nach ihm aus. Jetzt sitzen auch noch Fahrer mit an Bord, die sofort das Lenkrad übernehmen können. Der Test wird als erster Schritt beschrieben, um mit den Daten von den Sensoren der LKWs und an der Straße Bremslichter, kommende Kurven, die Höhen von Brücken, gesperrte Fahrspuren und andere Hindernisse zu erkennen. Man werde "gute Nachbarn" auf den Straßen sein, wird versprochen, denn nicht alle in Michigan sind begeistert, wenn immer mehr autonome Fahrzeuge unterwegs sind. Bedenken gibt es auch im Hinblick auf Cybersicherheit, schließlich können vernetzte Fahrzeuge auch gehackt werden. Und ob die Technik, sich auf Sensoren an der Straße zu stützen, ausgerechnet für Militärfahrzeuge sinnvoll ist, darf auch bezweifelt werden.