USA: Fünf Polizisten bei einem "koordinierten Angriff" getötet

Heckenschützen in der texanischen Stadt Dallas treiben Spannungen, ausgelöst durch Polizeigewalt gegen Schwarze, weiter hoch. Update: Polizei geht später von einem Einzeltäter aus

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US-Präsident Obama ist auf dem Nato-Spitzentreffen in Warschau (Link auf 48761), an der Homefront eskaliert indes die Gewalt. In Dallas wurden gestern Nacht fünf Polizisten bei Angriffen erschossen, die laut ersten Einschätzungen des örtlichen Polizei-Chefs David O. Brown von mehreren Personen koordiniert durchgeführt wurden. Ergänzung: Diese Einschätzung wurde im Verlauf des Tages zurückgenommen. Am Samstag, den 09. Juli, gehen die Ermittler von einem Einzeltäter, einem Loner aus.

Ausschnitt aus einem Augenzeugen-Video, YouTube

Bis zu den frühen Morgenstunden, gegen 3 Uhr Ortszeit, stand die Polizei in einem Angreifer gegenüber, der sich in einer mehrstöckigen Parkgarage in der Innenstadt verschanzt hatte. Der Mann wurde von der Polizei mit einem Bombenroboter getötet (Dallas: Umfunktionierter Bombenroboter zur gezielten Tötung eines Verdächtigen).

Zuvor hatte er nach Angaben des Polizeichefs Unterhändlern der Polizei damit gedroht, "dass das Ende kommen" und er noch mehr Polizisten verletzen und töten werde. In der Parkgarage und in der Innenstadt seien Bomben gelegt.

Der Hinweis spiegelt die Unsicherheit wieder, die den Gewaltausbruch in Dallas kennzeichnet. Alles ist möglich, vieles ungeklärt. Das FBI wurde hinzugezogen. Welchen Hintergrund der Anschlag genau hat, ist bislang spekulativ.

"Verschwörungstheorien laufen durch die Menge der Black Lives Matter-Demonstranten", berichtete die örtliche Zeitung Dallas Morning News. Dort erfährt der Leser, dass es noch nicht einmal sicher ist, ob die Demonstration, an deren Ende die ersten Schüsse fielen, tatsächlich von Black Lives Matter organisiert wurde. Das sei nur "nationale Rhetorik", so einer der Organisatoren der Demonstration, der vom Hörensagen erzählt, wonach mindestens einer der Schützen ("Sniper") ein Weißer sei. Zu erkennen ist daran, wie viel auf dem Spiel steht.

Schwarze, die auf weiße Polizisten schießen, hinterrücks, wie dies auf einem Video zu sehen ist, das treibt die Spannungen weiter hoch, die gestern Anlass zur Demonstration in Dallas gegeben haben: tödliche Polizeieinsätze gegen Schwarze, zwei brutale Akte offensichtlich unnötiger Gewalt (USA: 491 Menschen wurden 2016 bereits von Polizisten getötet).

Mehrere Gewehrschützen?

Von der Polizei in Dallas gab es bis Freitagmittag es nur fragmentarische Angaben. Drei Verdächtige sollen in Gewahrsam, aber nicht so kooperativ sein, wie gewünscht. Eine Frau, die in der Nähe der oben genannten Parkgarage festgenommen wurde, und zwei Männer, die aufgefallen waren, weil sie etwas Verdächtiges in einen Kofferraum gepackt haben und mit ihrem Auto losgerast sind. Bei einer Verfolgungsjagd wurden sie dann gestellt. Möglicherweise schweigen sie, weil sie unter falschem Verdacht stehen. Ausgeschlossen ist das nicht.

Zumal sich eine bewaffnete Person, die von der Polizei mit Hochdruck und großer medialer Begleitung gesucht wurde, als unschuldig herausstellte. Es bleibt von außen gesehen die Verwunderung darüber, wie Menschen mit Gewehren über der Schulter durch eine amerikanische Stadt gehen können, in der gerade die Hölle losgebrochen ist.

Als gesichert gilt bis dato, dass mehrere Gewehrschützen an dem Angriff beteiligt waren. Es gab neben den tödlich getroffenen Polizisten auch mehrere Verletzte, darunter mindestens einen Zivilisten. Die Schüsse erfolgten nach derzeitigem Informationsstand am Ende der Demonstration gegen Polizeigewalt.

Es gibt Videoaufnahmen, die laute, schnell aufeinanderfolgende Schüsse in der Innenstadt dokumentieren. Ob sie, wie in manchen Berichten gemutmaßt wurde, aus einem Hochhaus abgefeuert wurden, ist daraus nicht zu erkennen (auch nicht hier). Und es gibt das oben genannte Video, das zeigt, wie ein Mann einen Polizisten hinter einer Tragsäule eines Gebäudes von hinten überrascht und mit mehreren Schüssen in den Rücken tötet. Die Geschicklichkeit des Mannes lässt Rückschlüsse darauf zu, dass er solche Situationen trainiert hat.

Die Polizei schließt aus den unterschiedlichen Positionen der Schützen, dass die Angreifer ihre Stellungen überlegt eingenommen haben. Sie hätten ein Dreieck gebildet, wird der Polizeichef David O. Brown von der New York times wiedergegeben, sich strategisch geschickt dort platziert, wo der Protestmarsch auslief. Daraus ergibt sich erneut die Frage nach der vorbereitenden Planung. Die Akte der Polizeigewalt, der Grund für die Demonstration, waren erst tags zuvor in die Medien gekommen. Viel Zeit für Planungen ist das nicht.