Nato bleibt in Afghanistan

Das Bündnis schließt sich den USA an und will weiter für "Stabilität am Hindukusch" sorgen

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US-Präsident Obama machte vergangene Woche eine Aktualisierung seiner Afghanistan-Politik bekannt: Anders als vorgesehen, würde die Stärke der US-Truppen nicht bis zum Ende des Jahres auf 5.500 reduziert. Stattdessen werde man 8.400 der dort stationierten Soldaten bis zum Ende seiner Amtszeit in Afghanistan belassen. Zu Beginn seiner Amtszeit lautete das Ziel Obamas, den Krieg in Afghanistan zu beenden.

Das "Update" zeigt das alte Problem an: Die Besatzungsarmee wird dem Problem der Taliban nicht Herr. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind, wie stets in den Lageberichten der letzten Jahre, "noch nicht bereit". Zwar werden sie immer stärker, wie Obama in seiner Mitteilung zur Kurskorrektur betont. Aber die Taliban eben in größerem Maße.

Geht es nach der die US-Publikation Long War Journal, so kontrollierten die Taliban schon Ende letzten Jahres mehr Gebiete, als es die afghanische Regierung offiziell zugab.

Die Bedrohung durch die Taliban würde von der afghanischen Regierung notorisch unterschätzt, so die Veröffentlichung, die ihren Fokus auf al-Qaida und dschihadistische Gruppen richtet. Ausgehend vom Treueeid, den der Chef des alten Kerns von al-Qaida, Zawahiri, dem neuen Taliban-Chef schwor, insistiert das Long War Journal auf die Behauptung von engen Verbindungen zwischen den Taliban und al-Qaida, weswegen Entwicklungen im Land mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden.

Über die Verbindungen zwischen den Taliban und al-Qaida ist allerdings wenig Verlässliches bekannt. Die Behauptungen des Long War Journals, wonach al-Qaida in Afghanistan eine größere Präsenz hat, als weithin angenommen wird, - mit Unterstützung der Taliban - , sind umstritten. Weniger umstritten ist, dass Afghanistan seit Ende der siebziger Jahre das Gebiet war, in dem die Dschihad-Bewegung seinen großen Aufschwung nahm (nachzulesen in jeder Biographie der "Heroen" des Dschihad-Terrorismus), befördert durch die USA, die Russland mittels bewaffneter Gruppen, den Mudschahedin, bekämpfte. Außer Frage steht die strategische Bedeutung des Landes.

Das ist der grobe Hintergrund für den Beschluss der Nato, sich einmal mehr der US-Initiative anzuschließen. Obwohl weit mehr als ein Jahrzehnt Präsenz internationaler Truppen in Afghanistan (seit Herbst 2001) nicht zu der Stabilität führten, die man von Anfang an als Hauptziel propagierte, wurde die Mission in Afghanistan wieder verlängert.

"Wir haben uns für eine lange Strecke verpflichtet", wird Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zitiert. Genaue Truppenzahlen gab er nicht bekannt; es werde keinen Truppenabbau geben.

Die geforderten fünf Milliarden US-Dollar jährlich werden als Hilfe für Afghanistan bereitgestellt, heißt es. Die USA sollen den größeren Anteil tragen.

Betont wird, dass die Mission Resolute Support anders als die vorhergehende ISAF-Mission, die 2014 zu Ende ging, nicht mehr am Kampf teilnehme, sondern nur an einem Hilfs-und Ausbildungsprogramm. Ob das in der Realität so trennscharf praktiziert wird, ist nicht garantiert. Sicher ist, die afghanische Regierung hat das Geld - und offenbar auch die militärische Unterstützung - dringend nötig, auch wenn die Taliban anderer Meinung sind.