Südkorea: Proteste gegen Raketenabwehr

US-Rakentenschirm ist bei Anwohnern äußerst unbeliebt. China sieht seine strategischen Sicherheitsinteressen verletzt

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Das neue, offensichtlich nicht besonders einsatztüchtige US-amerikanische Raktenabwehrsystem soll auch in Südkorea stationiert werden, ist dort aber nicht besonders populär. Am Freitag protestierten 3000 Bewohner des Städtchens Seongju gegen das Vorhaben. Dabei musste Premierminister Hwang Kyo-Ahn, der versuchte, zu der Menge zu sprechen, einiges einstecken. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur afp wurde er mit Eier und Wasserflaschen beworfen.

Die Proteste halten bereits seit drei Tagen an. Die Bewohner Seongjus fürchten Umweltbelastungen durch den Bau der Radarstation sowie den Verlust von Ackerflächen, auf denen bisher Melonen angebaut werden, die das Rückgrat der örtlichen Ökonomie bilden. Die Stationierung war am 7. Juli bekannt gegeben worden und soll nächstes Jahr beginnen. Der genaue Stationierungsort ist allerdings erst seit Mittwoch bekannt und löste in der 45.000 Einwohnerstadt umgehend Proteste aus. Soengju liegt im Südosten des Landes etwa 290 Kilometer von der Landeshauptstadt Seoul entfernt.

Ein Beitrag in der konservativen Korea Times spricht davon, dass die Abfangraketen des Systems nur eine Reichweite von 200 Kilometern hätten und daher Seoul, wo rund 20 Prozent der Südkoreaner leben, gar nicht schützen kann. Es gehe womöglich lediglich darum, die US-Stützpunkte im Süden gegenüber Angriffen mit Mittelstreckenraketen abzuschirmen. Das widerspreche den Behauptungen der Regierung, es gehe bei der Stationierung um den Schutz Südkoreas gegen die Bedrohung aus dem Norden.

Die USA unterhalten in Südkorea seit dessen Besetzung 1945 eine Reihe von Stützpunkten auf denen zur Zeit etwa 30.000 Soldaten stationiert sind. Weitere rund 54.000 Soldaten verteilen sich auf diverse Stützpunkte im benachbarten Japan, von denen zumindest der kleinere Teil aus chinesischer Perspektive im Schatten des neuen Raketenabwehrsystems liegen würde. Oder mit anderen Worten: Auch wenn die offizielle Begründung für die Stationierung der Abfangraketen und die dazugehörige Radarstation Nordkoreas Raktenambitionen und -drohungen sind, so würde sie den US-Streitkräften auch gegenüber China einen Vorteil im Falle einer militärischen Konfrontation verschaffen.

Entsprechend hatte es aus China schon im Vorfeld des Beschlusses Warnungen gegeben. Das Land sieht seine strategischen Sicherheitsinteressen verletzt. Nach der Bekanntgabe der Stationierung forderte ein Sprecher des chinesischen Außenministers Südkorea und Washington auf, ihre Entscheidung zu überdenken, da sie Frieden und Stabilität auf der Koreanischen Halbinsel gefährde. China werde die notwendigen Schritte unternehmen, um seine Interessen zu verteidigen.