Griechenland: Keine Verbesserung in Sicht

Die Flüchtlinge haben weiter Probleme

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Gar nicht heimlich still und leise, aber noch von der internationalen Presse unbeachtet, setzt sich die Flüchtlingskrise in Griechenland fort. Allerdings nimmt das Thema immer groteskere Züge an. Das Leid der Betroffenen ist in diesem Zusammenhang für viele Verantwortliche offenbar zweitrangig.

Seit dem gescheiterten Putsch von Teilen der Militärs gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gibt es zudem nach Meinung der griechischen Presse einen signifikanten Anstieg der Flüchtlingszahlen. In der offiziellen Statistik schlägt sich das folgendermaßen nieder:

Die Statistik selbst ist auf den ersten Blick kaum so dramatisch, wie es die griechischen Schlagzeilen behaupten. Die Zahlen, bewegen sich bei Weitem noch nicht auf dem Niveau des vergangenen Jahres. Dennoch zeigen sie, dass der Deal der EU mit der Türkei alles andere als funktioniert. In der Ägäis patrouillieren NATO-Schiffe, die im letzten Jahr noch nicht im Einsatz waren. Zudem überwachen sowohl die türkische als auch die griechische Küstenwache das Gebiet, um ein Eindringen von mutmaßlichen Putschisten ins griechische Staatsgebiet zu unterbinden.

Flüchtlingslager oder Hausbesetzungen?

In Griechenland selbst gilt es für die Regierung, die in besetzten Häusern von Autonomen beherbergten Flüchtlinge und Immigranten in staatliche Heime zu bringen. Noch im letzten Jahr hatte das Immigrationsministerium die Autonomen mangels eigener Kapazitäten in die staatliche Flüchtlingshilfe einbinden wollen. Am Mittwoch wurden drei Besetzungen in Thessaloniki geräumt, 74 solidarische Helfer wurden festgenommen und angeklagt. Bei der ministeriell angeordneten Räumung ging die Polizei nicht zimperlich vor.

Dies wiederum führte zum mittlerweile in Griechenland in solchen Fällen üblichen Paradoxon, dass die Pressestelle von Syriza die Polizeigewalt der vom Syriza-Minister angeordneten Aktion mit einer harschen Erklärung anprangerte. Im Hafen von Piräus, wo am Dienstag immer noch 850 Menschen in den Straßen der Docks hausten, verlief die Räumung dagegen weniger dramatisch. Am Mittwochvormittag wurde der Hafen, in dem am Montag noch über 1.000 Personen Obdach fanden, komplett geräumt.

Demgegenüber sah sich Athens Bürgermeister, Giorgos Kaminis, bemüßigt, am Mittwoch auch für Athen ähnliche Aktionen wie in Thessaloniki und die sofortige Räumung sämtlicher als Flüchtlingsheime dienenden Hausbesetzungen zu fordern. Für Kaminis sind nur die staatlichen Hotspots als Unterkunft für die Flüchtlinge und Immigranten geeignet. Das wiederum zweifelt ausgerechnet die staatliche Seuchenkontrolle KEELPNO an.

Empfehlung zur Schließung beinahe aller Hotspots

Sie empfiehlt vielmehr, nahezu sämtliche staatliche Hotspots zu schließen. Außer durch die hygienischen Verhältnisse sieht die Behörde die Gesundheit der Insassen der überbelegten Lager auch durch planungstechnische Fehlleistungen gefährdet. Viele befinden sich in unmittelbarer Nähe zu Brutstätten der Anopheles Mücke, welche bekanntlich Malaria übertragen kann. Die Mängelliste für die sechszehn inspizierten Hotspots ist imposant. Die Seuchenschützer haben nur im nordgriechischen Makedonien die Lager untersucht, sind sich aber sicher, dass ihre Erkenntnisse landesweit gelten.

So fanden sie heraus, dass Flüchtlinge entweder in verlassenen Kasernen oder aber in Lagerhallen untergebracht werden. In allen Lagern gab es eine Art Massenunterbringung in großen Gemeinschaftsräumen. Die einzigen Trennungen der Privatsphäre, etwa für Familien, bestanden in aufgehängten Laken oder Decken. Eine ausreichende Belüftung der Unterkünfte gab es nicht.

Besonders schlecht schnitten die früheren Fabriklager in der Beurteilung ab. Hier entdeckten die Prüfer überall Spuren der industriellen Nutzung, Schwermetalle und Staubbelastung. In einer Anlage stammte das Wasser nicht vom Wasserwerk, sondern von einem im Industriegebiet gegrabenen Brunnen.

Der Prüfbericht deckt sich mit den über indymedia verbreiteten Anschuldigungen der Autonomen. Diese alarmierten die Öffentlichkeit auch über soziale Netzwerke, dass in einem nun eröffneten Lager im mittelgriechischen Livadia, einem früheren Viehstall, aufgrund der beim Bau eingesetzten Materialien eine hohe Asbestbelastung besteht. Die ersten Klagen über die Asbestbelastung gab es von Wehrdienstleistenden, welche vom Staat für die Reinigung und Einrichtung der Lager eingesetzt werden.