Aleppo: Dschihadisten auf dem Vormarsch

Beschuss des Artilleriestützpunkts

Mit spektakulären militärischen Erfolgen der Dschihadisten geht die Schlacht um Aleppo in die entscheidende Phase

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Der syrische Dschihadismus scheint kurz vor seinem bislang größten Triumph zu stehen. Nach mehrtägigen verbissenen Kämpfen im Süden der ehemaligen syrischen Wirtschaftsmetropole Aleppo haben die islamistischen Milizen, die mit einer Großoffensive den Belagerungsring der Regimetruppen um den Ostteil der Stadt buchstäblich sprengen wollen, einen entscheidenden Durchbruch erzielt.

Dschihadisten von Ex-al-Nusra mit schweren Waffen

Am Morgen des 6. August mussten auch regimenahe Quellen den Verlust der wichtigsten Verteidigungsposition im Süden der verwüsten Großstadt melden. Eine Artilleriebasis der syrischen Armee wurde von den Islamisten in einer erbitterten zweitägigen Schlacht erobert. Der militärische Komplex bildete den letzten nennenswerten Widerstandspunkt, der einen Durchbruch der Rebellenmilizen in den belagerten Ostteil der Stadt verhinderte. Etliche Gegenangriffe der Regimetruppen und verbündeter schiitischer Milizen waren - bis zum Vormittag des 6. August - nicht erfolgreich.

Der Angriff auf die Artilleriebasis wurde mit verheerenden Selbstmordanschlägen islamistischer Extremisten eingeleitet die Breschen in die Verteidigungslinien des Regimes sprengten. Hiernach stürmten die dschihadistischen Sturmtruppen das Gelände der Militärbasis. Die Kämpfe auf dem ausgedehnten Militärkomplex, bei denen Islamisten Drohnen zur Lageerkundung einsetzten, flauten auch in der vergangenen Nacht nicht ab. Massive russische Luftangriffe, regelrechte Flächenbombardements des gesamten Areals, konnten bislang den Vormarsch der Dschihadisten nur verlangsamen nicht aber stoppen.

Obwohl die Verteidigungslinien des Regimes im Süden noch mehrere hundert Meter umfassen, hat die Offensive der islamistisch geprägten Rebellenallianz bereits eines ihrer strategischen Ziele erreicht. Die Nachschubwege in den Westen der Großstadt liegen nun im Schussfeld der Aufständischen. Bereits gestern haben sie mit dem Artilleriebeschuss der durch Südaleppo an der Artilleriebasis entlangführenden Verkehrsader begonnen, mit dem der Westen der Stadt versorgt wird. Eine zuverlässige Versorgung der Einwohner Westaleppos durch die jüngst freigeschossenen Wege im Norden, die vorgenannte Castello Road, ist nicht möglich, da diese ebenfalls im Schussfeld der Aufständischen liegt.

Somit wird nicht nur der Osten Aleppos durch das Regime belagert, nun haben die Islamisten es auch vermocht, de facto um den Westen einen Belagerungsring zu ziehen. Die gesamte Stadt befindet sich folglich in einer tödlichen militärischen Umklammerung, in einer wechselseitigen Belagerung, die das tägliche Überleben für alle Einwohner - ob nun Ost oder West - zur Tortur werden lässt.

Selbstmordanschlag auf den Artilleriestützpunkt

Täglich sterben Menschen im belagerten Osten Aleppos durch Luftangriffe des syrischen und russischen Militärs, nun beschießen auch die Aufständischen den Westen der Stadt willkürlich, was vielen Zivilisten das Leben kostete. Russische Medien melden überdies, die Islamisten hätten Giftgas in Westaleppo eingesetzt.