Putin beschuldigt die Ukraine, Terroranschläge auf der Krim geplant zu haben

Der russische Präsident Putin wirft Kiew Terrorismus vor. Bild: Kreml

Spezialkräfte sollen versucht haben, auf die Krim zu gelangen, Kiew weist die Behauptung zurück. Beiden Seiten geht es um das Minsker Abkommen

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In diesen Zeiten weiß man oft nicht, wie man Ereignisse bewerten soll. Kurz nach der Visite des türkischen Präsidenten mit seinem Tross in St. Petersburg, wo der Nato-Staat und Russland einen Neuanfang der Beziehungen vereinbart haben, warf der russische Präsident Putin dem ukrainischen Geheimdienst des Militärs vor, Terroranschläge auf der Krim geplant zu haben, die der russische Geheimdienst FSB angeblich vereitelt hat. Kurz nachdem die Wiederannäherung zwischen Russland und der Türkei bekannt wurde, kam es zu dem gescheiterten Putsch und der Säuberungswelle in der Türkei, um die Macht der AKP und von Erdogan zu sichern. Sind nun die vereitelten Terroranschlagspläne das russische Pendant zum gescheiterten Militärputsch in der Türkei?

Der russische Geheimdienst berichtete gestern, Anschläge auf die Infrastruktur verhindert zu haben, die die politische und gesellschaftliche Situation im Vorfeld der Wahlen in Russland und auf der Krim destabilisieren sollten. In der Nacht vom 6. auf den 7. August seien Saboteure in der Nähe der Stadt Armyansk an der Grenze zur Ukraine entdeckt worden. Bei der Festnahme sei ein FSB-Mitarbeiter getötet worden. Man habe 20 Sprengsätze, Munition, Granaten, Minen und Spezialwaffen der ukrainischen Armee gefunden.

Es seien Ukrainer und Russen festgenommen worden, die die Vorbereitung von Terroranschlägen unterstützt hätten. Nach dem FSB sei einer der Drahtzieher der 1977 geborene Ukrainer Yevgeny Panov, der beim militärischen Geheimdienst der ukrainischen Armee arbeitet und ein Geständnis ableget haben soll. Am 8. August sollen zwei weitere Gruppen von Saboteuren bzw. ukrainischen Spezialtruppen des ukrainischen Militärs versucht haben, auf die Krim zu gelangen. Das sei abgewehrt worden, aber es sei von Seiten der Ukraine zu einem schweren Schussfeuer gekommen, auch Panzer hätten gefeuert, ein russischer Soldat sei gestorben. Seitdem werde die Grenze verstärkt bewacht, zudem wurden die Sicherheitsmaßnahmen für kritische Infrastruktur und lebenswichtige Einrichtungen auf der Krim verstärkt.

Erst am vergangenen Samstag war auf Igor Plotnizki, dem Führer der "Volksrepublik Lugansk", ein Bombenanschlag verübt worden, durch den er verletzt wurde. Plotnizki machte nicht nur den ukrainischen Geheimdienst, sondern auch amerikanische Geheimdienste dafür verantwortlich. Medien der Separatisten sprechen nur noch vom ukrainischen "Gestapo-Geheimdienst". Die Kämpfe zwischen denn Separatisten und dem ukrainischen Militär haben in letzter Zeit wieder zugenommen. Es sterben weiterhin fast täglich Menschen. Nicht auszuschließen ist, dass es wieder zu offenen Kämpfen kommt. Kiew hat derzeit keine guten Karten, die Aufmerksamkeit der USA, der Nato und der EU ist nicht mehr so wie noch vor einem Jahr auf das Land gerichtet, man ist zufrieden, wenn der Konflikt eingefroren ist, mit der Annexion der Krim hat man sich abgefunden. Die OSZE berichtete am 9. August von einer Reihe von Verletzungen des Waffenstillstands von beiden Seiten.

Moskau und Kiew werfen sich wechselseitig Unterstützung des Terrors vor

Putin warf Kiew vor, anstatt die Krise friedlich zu lösen, zu terroristischen Mitteln zu greifen. Das sei ein "gefährliches Spiel" und "alarmierend", die Aktionen seien "dumm und verbrecherisch". Man könne die Toten nicht übergehen, die bei der Abwehr der Aktionen getötet wurden, daher sei es "sinnlos", so sagte er mit Blick auf den Westen, sich jetzt mit den Regierungsverantwortlichen der Ukraine zu treffe, um eine Lösung für die Krise des Landes zu suchen.

Kiew hatte vorgeschlagen, während des G20-Gipfels in China Anfang September wieder ein Treffen im Normandie-Format (Ukraine, Russland, Deutschland, Frankreich) durchzuführen, um die Umsetzung des blockierten Minsk-Abkommens voranzubringen. Moskau hatte prinzipiell zugestimmt, rückt aber nun davon ab, möglicherweise sieht man sich angesichts der angeblichen "ukrainischen Aggression" und mit der Versöhnung mit der Türkei, d.h. der Schwächung der Nato, in einer stärkeren Position. Dazu kommt, dass Kiew keine Anstalten gemacht hat, die Bedingungen zu schaffen, das Minsker Abkommen mit Lokalwahlen und Amnestie umzusetzen. Sowohl Moskau als auch Kiew scheinen derzeit daran interessiert zu sein, den Konflikt einzufrieren. Putin forderte die Unterstützer der ukrainischen Regierung auf, nun endlich wirklichen Druck auf Kiew auszuüben, um zu einer friedlichen Lösung zu kommen.

Kiew wies die Anschuldigungen aus Moskau entschieden zurück und bezichtigte seinerseits Russland der Provokation. Präsident Poroschenko erklärte, die Ukraine verurteile alle Formen des Terrorismus. Der FSB-Bericht sei "sinnlos und zynisch", Kiew sei weiterhin entschlossen, die Krim mit "politischen und diplomatischen Mitteln" wieder zurückzuerhalten. Es sei Russland, das Geld und Waffen zur Unterstützung des Terrorismus in der Ostukraine liefert. Es werde nicht gelingen, die internationale Anerkennung der Ukraine so zu untergraben und auf die Aufhebung der Sanktionen zu dringen.

Olexander Turtschynow, strammer Rechtsnationalist, ehemaliger Parlamentssprecher und jetzt Vorsitzender des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats, wirft Putin vor, eine Eskalation des Konflikts zu intendieren und die Umsetzung des Minsker Abkommens zu torpedieren. Auch der ukrainische Geheimdienst SBU stritt ab, die Krim mit gewaltsamen Mitteln wieder an die Ukraine anschließen zu wollen. Für den militärischen Geheimdienst handelt es sich um eine russische Provokation im hybriden Krieg.

Man sollte allerdings meinen, dass es dann, wenn es zu Schießereien auch mit schweren Waffen gekommen ist, wie die russische Seite behauptet, dies auch von dritter Seite bestätigt oder dementiert werden kann. Man wird auf den OSZE-Bericht warten müssen, andere Parteien sind nicht objektiv. Da Moskau auf höchster Ebene spielt, ist zu vermuten, dass an den Beschuldigungen etwas dran ist.