Verbot von Burkinis am Strand von Cannes

Burkini-Trägerin in Ägypten. Foto: Giorgio Montersino/CC BY-SA 2.0

Bürgermeister erlässt Verordnung gegen eine "Uniform, die das Symbol des islamistischen Extremismus ist"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Strand von Cannes war schon immer Teil eines Showgeschäfts, er bot während der Filmfestspiele Stoff für Glamour- und Skandalgeschichtchen, irgendein irrer, nackter Auftritt war ein "must". 2006 interpretierte Comedy-King Borat den Bikini neu: Er schuf den Mankini.

Die Fotografen in Cannes dankten es ihm. In Großbritannien fand das dann Nachahmer. 2015 überraschte ein Bericht aus Newquay an der Nordküste der Grafschaft Cornwall mit der Mitteilung, dass ein Verbot des Mankini die Verbrechensrate im Badeparty-Ort deutlich gesenkt habe.

Auf ähnliche Effekte hofft nun auch der Bürgermeister von Cannes, nur auf größerem Feld. Ihm geht es um den "Krieg gegen den Terrorismus". Im Rahmen dessen, was einer Kommunalleitung diesbezüglich so möglich ist, sprach David Lisnard ein Verbot des Burkinis aus. Wie jetzt erst bekannt wurde, erteilte er die Verordnung bereits am 28. Juli. Seither wurde niemand im Burkini am Strand von Cannes gesichtet.

Im Notfall müsste die derart Bekleidete 38 Euro Bußgeld entrichten, falls sie sich weigert, ihren Burkini gegen eine andere, "korrekte", Badebekleidung auszutauschen oder den Strand zu verlassen. Die Wahrscheinlichkeit, am Strand von Cannes eine Frau im Burkini anzutreffen, war nicht sehr hoch, die Buchungen aus Saudi-Arabien sind stark zurückgegangen. Betreiber der Luxushotels in Strandnähe beklagen, dass 450 Übernachtungen alleine im Juli annulliert wurden.

Burkini-Trägerin in Ägypten. Foto: Giorgio Montersino/CC BY-SA 2.0

Nun könnte es sein, dass David Lisnards Anordnung dazu führt, dass mit Burkini-Protesten am Strand von Cannes zu rechnen ist, Jedenfalls schlägt die Polemik über die Anordnung einige Wellen in der Sommerflaute an der Côte. Die Sprecherin der Vereinigung der Musulmans du Sud hat zu Gegenmaßnahmen aufgerufen.

Die Begründung der Stadtoberen liefert einige Ansatzpunkte zum Protest. Zum einen ist der Burkini eine völlig legale Bekleidung. Sie ist nicht mit dem Vollverschleierungs-Verbot zu begründen. Das umstrittene Gesetz aus dem Jahre 2010 betrifft die Verhüllung des Gesichts. Dagegen wurde mit Sicherheitsgründen argumentiert. Ein Burkini lässt das Gesicht vollkommen frei.

Entsprechend rückt die Verordnung zur Strandbekleidung in Cannes anderes in den Mittelpunkt: die auffällige Bekundung einer religiösen Zugehörigkeit. Sie wird in den Zusammenhang mit der öffentlichen Ordnung und mit terroristischen Anschlägen gestellt.

Eine Strandbekleidung, die in einer ostentativen Weise eine religiöse Zugehörigkeit demonstriert, während Frankreich und religiöse Einrichtungen aktuell Ziel von terroristischen Anschlägen sind, trägt seiner Natur nach das Risiko für Störungen der öffentlichen Ordnung (Menschenaufläufe, Streitigkeiten), die zu verhindern sind.

Daraus folgt ein Verbot des Zugangs zum Strand und zu den Badestätten für alle Personen, "die keine korrekte Badekleidung tragen, die den guten Sitten und der Laizität entspricht, sowie den Hygiene-Regeln und der Sicherheit der Badestellen".

Man kann sich gut vorstellen, dass auch der Hinweis auf die Hygiene als beleidigend empfunden wird (was wohl Surfer in Neoprenanzügen dazu sagen?). Die größte Angriffsfläche bietet die Stadtverwaltung aber mit der Gleichsetzung von Burkini und der Gefahr von islamistisch motivierten Terroristen.

"Anzeichen für eine Zugehörigkeit zu terroristischen Bewegungen"

Wird dies in der oben zitierten Verordnung lediglich angedeutet, so wird der Generaldirektor der öffentlichen Dienste in Cannes deutlicher: Das Verbot betreffe "auffällige Bekleidungen, die Anzeichen für eine Zugehörigkeit zu terroristischen Bewegungen sind, die Krieg gegen uns führen".

Dass mit der auffälligen Bekleidung besonders Burkinis gemeint sind, erklärt der Bürgermeister im Gespräch mit Medien:

Wir verbieten weder das Kopftuch noch die Kippa noch das Kreuz, sondern einfach nur eine Uniform, die das Symbol des islamistischen Extremismus ist.

Man solle damit aufhören, die Anweisung zu karikieren, es gebe schließlich Regeln, die man respektieren müsse. Bislang lebte Cannes und die Côte d‘Azur von der Freizügigkeit an ihren Stränden, wo sich Frauen und Männer ganz nach ihrer Fasson anzogen, was ihnen gefiel. Allein die völlige Nacktheit war genau definierten Plätzen vorbehalten, worüber sich Filme mit Louis de Funès in den 1970er Jahren lustig machten.

Zur Karikatur macht sich der Bürgermeister mit seiner völlig überflüssigen Maßnahme selbst. Der Kostümkopf hinter seinem Aufmerksamkeitstheater ist sein Parteichef und politischer Freund, der Chef der Republikaner, Nicolas Sarkozy. Er will dem Front National, der im Süden Frankreichs stark ist, das Wasser abgraben.