Verfassungsschutz beobachtet die Identitäre Bewegung

Behördenchef Maaßen spricht von einer "extremistischen Organisation"

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Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen will radikale rechte Gruppierungen und Netzwerke genauer observieren. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird künftig die rechtsextreme Gruppierung "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) unter Beobachtung stellen, gab eine Sprecherin der Behörde heute bekannt.

Ob Observierungstätigkeiten der Bundesbehörde nicht bereits schon am Laufen sind, bleibt offen. Bislang sollen elf Landesämter des Verfassungsschutzes mit der Beobachtung der Gruppierung beschäftigt sein.

Offensichtlich ist, dass Maaßen seine Einschätzung der Identitären verändert hat. 2013 bezeichnete er die IBD noch als virtuelle Erscheinungsform des Rechtsextremismus mit "bislang wenig Realweltbezug". Schon damals lautete die Frage, wie gefährlich sie sind, wie es mit der Gewaltbereitschaft aussieht.

Gegenwärtig sieht Maaßen die Identitären "nicht als Terrororganisation an" - eine Formulierung, die er im Interview mit einem Zehntelsekunden-Lächeln begleitet, aber "als eine extremistische Organisation, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet ist".

Als Grund für die Beobachtung gibt Maaßen an, dass die Identitären Zuwanderer islamischen Glaubens oder aus dem Nahen Osten in extremistischer Weise diffamieren. Das deckt sich mit der Auffassung der niedersächsischen Verfassungsschützer, die in ihrem jüngsten Bericht von bundesweit rund 300 Aktivisten ausgeht.

Beispielhaft für neuere Entwicklungen im Rechtsextremismus ist die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD), deren Gründung die Vernetzung im virtuellen Bereich vorausging (…). Sie schürt insbesondere Islamfeindlichkeit und verpackt so Aussagen, die leicht vermittelbar und damit für rechtspopulistische bürgerliche Protestbewegungen anschlussfähiger sind, als die Volksgemeinschaftspropaganda der neonazistischen Szene.

Vorabfassung des Verfassungsschutzberichtes 2015

In ihren öffentlichen Auftritten, wie zum Beispiel auf Twitter lehnt die Gruppe die Zuschreibung "extrem" ab. Das ganze System sei extrem links, heißt es dort. Auch daraus ist ersichtlich, worum es den Identitären die zur neuen Rechten gezählt werden, geht - um Deutungshoheit im öffentlichen Gespräch.

Das ist ein dankbares Thema für Medien, die die Identitären gut zu nutzen wissen. Das abgedroschene Agentur-Wort "medienaffin" wird gerne im Zusammenhang mit ihnen verwendet. Sicher ist: Die Anschlussfähigkeit an den sogenannten Mainstream ist derzeit groß. "Heimat, Freiheit und Tradition" heißen die Schlagworte der "ersten freien patriotischen Kraft". Das fügt sich gut ein in den Retro-Zeitgeist der "besorgten Mitte".

Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Die Frage ist, inwieweit die Ideologie der Identitären Gewaltbereitschaft schürt (vgl Die "entsicherte Bürgerlichkeit" mit Worten und Taten gegen Flüchtlinge und Die Gewalt der Identität). Von einzelnen Vertretern wird berichtet, dass sie eine rechtsextreme Vergangenheit haben, manche Wortführer rühmen sich einer Vergangenheit als "waschechter Nazi".