Ganzkörperscanner an deutschen Flughäfen: "Einmal umdrehen bitte!"

Die Luftsicherheitskontrolle mit Metalldetektorschleusen soll bald der Vergangenheit angehören. Je nach Rechenleistung der Geräte könnten Personen sogar unbemerkt kontrolliert werden

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Der deutsche Elektronikkonzern Rohde & Schwarz rüstet deutsche Flughäfen mit 300 weiteren Körperscannern samt nötigem Zubehör aus. Laut einer Pressemitteilung des Unternehmens hat das Beschaffungsamt im Bundesinnenministerium einen entsprechenden Rahmenvertrag unterzeichnet. So will die Bundespolizei bei der Fluggastkontrolle erkennen, ob die überprüften Personen potenziell bedrohliche Objekte unter der Kleidung oder am Körper mitführen.

Rohde & Schwarz wirbt damit, dass die neuen Geräte des Typs "Quick Personal Scanner 200" metallische und nichtmetallische Gegenstände erkennen, "egal ob hart, biegsam, flüssig". In der Luftsicherheit gehören hierzu als neue Bedrohungen auch Foliensprengstoffe oder selbstgedruckte Waffen. Diese können auch in Schuhen, Kopfbedeckungen oder medizinischen Verbänden gefunden werden. Möglicherweise kommen die Scanner auch andernorts zum Einsatz, Rohde & Schwarz nennt etwa Sicherheitsschleusen in Ministerien.

Die neuen "Quick Personal Scanner 200" sollen die bisher an Flughäfen genutzten Metalldetektorschleusen ersetzen. Letztes Jahr hatte das Bundesinnenministerium bereits 108 Körperscanner des US-amerikanischen Unternehmens L-3 Communications aufgestellt.

Die rund 16,5 Millionen Euro teuren Geräte stehen in Frankfurt/Main, Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf, Köln und Berlin-Schönefeld. Bauartbedingt können mit den Scannern von L-3 Communications kleine und besonders große Personen nicht kontrolliert werden. Es ist unklar, ob dieses Manko mit den Scannern von Rohde & Schwarz behoben wird.

Strahlung laut Hersteller unbedenklich

Das Bundesinnenministerium hatte bereits vor einigen Jahren entsprechende Forschungen im Bereich der Millimetertechnologie begonnen und unter Leitung von Rohde & Schwarz einen Demonstrator entwickelt. Der jetzigen Beschaffung ging eine Pilotphase unter Leitung der Bundespolizei an deutschen Flughäfen voraus. Die Scanner von Rhode & Schwarz wurden auch am Flughafen Oslo aufgestellt.

Die Körperscanner des Typs "Quick Personal Scanner 200" funktionieren auf Basis von Millimeterwellen-Technologie. Die verwendete Strahlung liegt laut dem Hersteller um das Hundert- bis Tausendfache unter der eines Mobiltelefons und sei deshalb gesundheitlich unbedenklich. Die Technik ist als "Walk Trough" konzipiert. Reisende stellen sich vor einer Wand mit 32 Lamellen auf, in denen mehrere Tausend Sender und Empfänger der Millimeterwellen verborgen sind. In der Variante "Quick Personal Scanner 100" müssen sich die Passagiere einmal umdrehen, beim jetzt beschafften Typ mit einer gegenüberliegenden Wand entfällt das Umdrehen.

Findet der Scanner einen verdächtigen Gegenstand, wird der fragliche Bereich auf einem Monitor angezeigt. Entgegen früheren Versionen zeigt der Bildschirm eine symbolische Grafik der untersuchten Person. Die anonymisierte Abbildung soll die Akzeptanz der neuen Verfahren in der Bevölkerung steigern. 2010 wurden an deutschen Flughäfen erstmals Körperscanner der ersten Generation aufgebaut.

Damals waren die per Scan kontrollierten Personen auf den Bildern gut erkennbar, was den Geräten die Bezeichnung "Nacktscanner" einbrachte. Das Sicherheitspersonal erblickte beispielsweise Intimpiercings oder auch künstliche Darmausgänge.

Scan könnte auch unbemerkt erfolgen

Frühere Generationen von Nackt- und Körperscannern fielen noch durch zu hohe Fehlermeldungen auf. Hierzu gehörten unnötige Alarme oder auch Fehlalarme. L-3 Communications hatte daraufhin eine "verbesserte Detektionssoftware" aufgespielt, die nach Angaben des Bundesinnenministeriums eine "verbesserte Anzeige des Kontrollergebnisses" zur Folge hatte.

Die an deutschen Flughäfen eingesetzten Körperscanner seien nunmehr "vollauf praxistauglich". Gegenüber einer händischen Kontrolle mit Metalldetektorschleusen habe sich die durchschnittliche Prozesszeit einer Kontrolle um etwa 40 Prozent verkürzt.

Der bei der Bundespolizei für die Beschaffung zuständige frühere Referatsleiter verlautbarte, dass die Kontrolle mithilfe der Scanner von Rohde & Schwarz zukünftig sogar ohne Stehenbleiben, mithin unbemerkt erfolgen kann. Dies sei lediglich eine Frage der Rechenleistung. An entsprechenden Forschungen hatten sich die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt beteiligt.

In einem anderen Projekt förderte die Bundesregierung die Entwicklung einer Passiven THz-Videokamera für Sicherheitsanwendungen. Mit ihr sollen Bilder sogar aus der Entfernung möglich sein.

Die Körperscanner von Rohde & Schwarz sind von der European Civil Aviation Conference (ECAC) zertifiziert. Auch die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten bewerten den alleinigen Einsatz von Metalldetektorschleusen mittlerweile als nicht mehr ausreichend für die Luftsicherheitskontrolle.

Eine entsprechende EU-Verordnung wurde deshalb geändert, seit dem 1. September 2015 müssen Passagiere vorrangig mit Ganzkörperscannern kontrolliert werden. Wenn diese nicht verfügbar sind, sollen zusätzlich zur Metalldetektorschleuse auch Sprengstoffspurendetektoren eingesetzt werden.