Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist

Cornelia Koppetsch über neue und alte Geschlechterrollen

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In rund zehn Prozent der deutschen Haushalte hat der Mann seine Funktion als Familienversorger verloren. Ob damit aber die Geschlechterrollen eine neue Ausprägung erfahren, hängt laut den Ergebnissen der Studie "Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist" von Cornelia Koppetsch und Sarah Speck von den Milieus ab, in denen die Paare agieren.

Frau Koppetsch, wie haben sich seit den 1970er Jahren im Berufsleben Mann und Frau verändert und welche Auswirkungen hat dies auf die Geschlechterbeziehung gehabt?

Cornelia Koppetsch: Im Berufsleben hat sich in einigen Hinsichten recht viel geändert: Frauen sind heutzutage zunehmend in Führungspositionen in Wissenschaft, Politik und im mittleren Management von Unternehmen vertreten. Und viele Berufsfelder, die früher als Männerdomänen galten, haben sich mittlerweile auch den Frauen geöffnet, wie etwa die Arztberufe, das Lehramt, Berufe bei der Polizei, im Militär. Allerdings sind Frauen in den Spitzenpositionen nach wie vor kaum vertreten.

Auch hat sich zwar die Beschäftigungsquote für Frauen insgesamt erhöht, doch damit wurde nicht die Gesamtanzahl der durch erwerbstätige Frauen verrichteten Stunden gesteigert, weil viele Frauen, insbesondere viele erwerbstätige Mütter, lediglich in Teilzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt sind. Damit reproduziert sich allerdings das traditionelle Ernährermodell in abgewandelter Form. In Teilzeittätigkeiten kann man in der Regel weder sich selbst noch eine Familie ernähren kann.

"Eine Frau ist oft eine Scheidung weit von Armut entfernt"

Was haben diese Umbrüche im Berufsleben mit den Bedürfnissen der Wirtschaft zu tun?

Cornelia Koppetsch: Seit den 1990er Jahren gibt es mehr Bestrebungen der Unternehmen, qualifizierte Frauen in verantwortliche Führungspositionen hineinzuholen. Das weibliche Arbeitskräftepotential will man nicht mehr einfach brach liegen lassen. Schließlich sind Talente und Qualifikation von immerhin der Hälfte der Bevölkerung bislang nicht hinreichend ausgeschöpft worden.

In diesem Sinne ist Gleichberechtigung, nicht mehr nur eine Frauenfrage, sondern auch von wirtschaftlichem Belang. Ein anderer ökonomischer Aspekt betrifft die Veränderung des Scheidungsrechts, wonach sich der Unterhaltsanspruch der Frau nach einer Scheidung vermindert hat. Eine Frau ist nach wie vor oft eine Scheidung weit von Armut entfernt und das neue Scheidungsrecht hat diese Situation eher verschärft.

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