CSU: Zuwanderer aus nahem Kulturkreis bevorzugt

Wieskirche. Bild:Patrick Huebgen/gemeinfrei

Ein Einwanderungsgesetz will die CSU nicht, aber irgendwie doch eine Auswahl der Migranten nach Kriterien der deutschen Leitkultur

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Die CSU funkt erste Signale, wie sie ihren Wahlkampf ausrichten will. Die kleine Schwester der Kanzlerpartei denkt bekanntlich seit Monaten laut darüber nach, ob sie nicht einen eigenen von Merkel unabhängigen Wahlkampf für die Bundestagswahl im nächsten Jahr führen will.

Ausschlaggebend dafür ist die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. In der CSU-Zentrale ist man damit überhaupt nicht einverstanden. Umfrageergebnisse unterstützen diese Haltung (siehe 40 Prozent wünschen sich einen anderen Kanzler). So zielt auch die erste Markierung der CSU-Eigenständigkeit genau darauf. Der Springer-Zeitung "Die Welt" war es vorbehalten, sie zu veröffentlichen. Dort wird ein Schlüsselsatz aus dem Entwurf zum CSU-Grundsatzprogramm zitiert:

Neben der beruflichen Qualifikation und dem Bedarf unserer Wirtschaft soll künftig auch die Nähe des Kulturkreises stärker bei der Auswahl der Zuwanderer beachtet werden.

Entwurf zum CSU-Grundsatzprogramm

Der Satz steht laut Auskunft der Zeitung, der das Papier zugespielt wurde, auf Seite 16 des Entwurfs, in einem Kapitel mit der Überschrift: "Klare Regeln für Asyl, Flüchtlinge und Zuwanderung". Das Versprechen der Klarheit wird im oben zitierten Schlüssel-Satz allerdings, aller suggerierten Genauigkeit zum Trotz, nicht eingehalten. "Auswahl der Zuwanderer"? Will die CSU ein Einwanderungsgesetz?

"Zuwanderung" ist ein Wort, das sich in keine Sprache der Welt übersetzen lässt, klärt Karl-Heinz Meier Braun in seinem Erklärungsbuch zu Einwanderung und Asyl auf. Mit Zuwanderung werde der Begriff "Einwanderung" umschifft.

Umschifft wird im Satz, der eine Auswahl der Zuwanderer nach dem Kriterium der "Nähe des Kulturkreises" fordert, nicht nur, dass dies Gegenstand eines Einwanderungsgesetzes wäre, sondern auch, was politisch mit nahen und nicht so nahen Kulturkreisen gemeint ist. Das Stichwort, Islam, wird nicht genannt, ist aber gemeint, wie der Leiter der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume, der Welt gegenüber erläutert.

"Wer aus einem Umfeld stamme, in dem der Imam entscheide, wo es langgeht, komme eben nicht aus einem nahen, sondern aus einem fernen Kulturkreis", wird der Leiter der CSU-Grundsatzkommission in der Zeitung zitiert. Dazu gibt es noch ein paar handfeste Hinweise, zum Beispiel Händeschütteln.

In Deutschland begrüße man sich mit einem Händedruck und verabschiede sich mit einem Gruß, soll im Papier stehen. Auch das Burka-Verbot werde indirekt angesprochen: "Bei uns versteckt man sein eigenes Gesicht nicht hinter einem Schleier." Das ist immerhin eine konkrete, nachvollziehbare Forderung.

Schwieriger wird es mit der "Leitkultur", die es bekanntlich immer mit Definitionskämpfen zu tun bekommt. Sie speise sich, so versucht das CSU-Grundsatzprogramm das Problem zu umschiffen, "aus der Prägung unseres Landes und den tagtäglich gelebten und erwarteten Umgangsweisen". Auch ist vage; selbst unter engsten Nachbarn gibt es Differenzen über erwartete Umgangsweisen.

Zu einer Definition der hiesigen Kultur geben die Formeln also nicht viel Neues her, aber das ist auch nicht nötig, die Ansage allein erfüllt schon den Anspruch CSU. Sie will sich im Parteimarketing auf die sichere Seite stellen.

Den Schritt zu einem Einwanderungsgesetz will die CSU nicht machen. Der Leiter der CSU-Grundsatzkommission Blume sprach zwar von einer "Fachkräfte-Zuwanderung", die mit dem Satz gemeint sei, dass Zuwanderer aus Gesellschaften, die "vergleichbar offen" seien, bevorzugt behandelt werden sollten.

Aber was mit Fachkräfte-Zuwanderung konkret gemeint sind, erklärte Blume nicht. Wahrscheinlich meint er Fachkräfte unter der Flüchtlingen. Blume bestätigte jedenfalls, dass sein Auswahl-Satz nicht für Asylbewerber gelte. Hier gelte "zunächst" der Asylrechtsgrundsatz unseres Grundgesetzes. "Zunächst" heißt: Wenn es um die Duldung geht, dann spielt die Kulturnähe schon eine Rolle.