Kampflose Eroberung von Dscharablus: Wer an der türkischen Offensive auf Dscharablus beteiligt war

Die von der Türkei unterstützten Milizen kamen in ein menschenleeres Dscharablus, der IS hat entgegen seinen sonstigen Gepflogenheit wie in Manbij die Stadt kampflos geräumt und keine Sprengfallen hinterlassen.

Was als Offensive der türkischen Regierung gegen den IS angekündigt wurde, entpuppt sich als Kriegserklärung gegen die "Föderation - Nordsyrien - Rojava‘

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"Wir dulden keinen Kurdenstaat an unserer Grenze!" Dieses Schreckgespenst wird in den letzten Tagen wieder aus der Schublade geholt. Unhinterfragt übernehmen die Medien die Aussage des türkischen Außenministers Cavusoglu und des Ministerpräsidenten Yildirim (Die türkische Offensive in Syrien wird von massiver Propaganda begleitet).

Die Bundesregierung bläst ins gleiche Horn - und solidarisiert sich mit der türkischen Regierung. Die USA lässt die SDF im Regen stehen und diktiert ihnen, wo sie sich gefälligst aufzuhalten hätten: östlich des Euphrat. Dabei waren sie als "Bodentruppen" bei Manbij (Manbidsch) (westlich des Euphrats) noch vor 2 Wochen viel gelobte Partner der USA.

Es ging den Kurden in Rojava aber nie um einen eigenen Staat, sondern lediglich um eine Anerkennung als autonome Region, deren Grundstruktur multiethnisch, multireligiös und basisdemokratisch ist. Als solche könnte Rojava Vorbildcharakter für den Nahen und Mittleren Osten haben.

Doch weder die USA und Russland noch die umliegenden Staaten wünschen sich Demokratie. (Das Modell Rojava). Allerdings hat weder die türkische noch die deutsche Regierung Probleme mit dem von Massoud Barsani angestrebten Kurdenstaat im Nordirak, der ebenfalls an die Türkei grenzt. Im Gegenteil: Die Bundesregierung lieferte sogar Waffen an die konservativ-feudal geführte Kurdische Regionalregierung (KRG) im Nordirak.

Die Türkei pflegt engste Beziehungen zum kurdischen Stammesführer Barsani, der demokratische Bestrebungen auf seinem Territorium durch seinen Geheimdienst im Keim zu ersticken sucht. Ein Beispiel in dieser Hinsicht ist die Entführung und Ermordung eines Journalisten von Rojnews in Dohuk in der KRG im Grenzgebiet zur Türkei.

Vor ein paar Tagen noch weilte Barsani zu Gesprächen in Ankara. Dabei ging es auch darum, wie er, ebenfalls ein politischer Gegner des demokratischen Systems von Rojava, die Anti-Rojava-Allianz unterstützen kann. Man erörterte die gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der PKK. Auch die PYD Rojavas wird erwähnt. Erdogan bezeichnet diese Partei schon seit langem als syrischen PKK-Ableger.

BRD unterstützt Verstoß gegen territoriale Souveränität Syriens

Der Einmarsch des NATO-Mitglieds Türkei in Syrien müsste eigentlich internationale Proteste hervorrufen. Denn die syrische Regierung hat die Türkei nicht gebeten, auf syrischem Territorium zu intervenieren. Lediglich Russland wurde von der syrischen Regierung darum gebeten, sie gegen den IS und andere islamistische Gruppen zu unterstützen. Aber auf solche Petitessen achtet bei Syrien keiner mehr.

Die Aktionen der Anti-IS-Koalition, der USA und der europäischen Staaten wurden bislang von der syrischen Armee geduldet, wenn auch immer wieder mit Hinweis auf die Verletzung der syrischen Souveränität. Aber der Einmarsch türkischer Truppen mit Panzern und islamistischen Söldnern, die in der Türkei in einem eigens eingerichteten Camp auf ihren Einsatz gewartet haben, hat mit der Anti-IS-Koalition nichts zu tun. Die Türkei möchte auf syrischem Territorium einen von ihr kontrollierten, riesigen Korridor errichten. Er soll im Westen bis nach Manega gehen, also bis in die Vororte Aleppos.

Das muss man sich mal vor Augen führen: Ein Nachbarland marschiert in ein fremdes Land ein und annektiert einfach ein riesiges Gebiet. Damaskus fordert nun, die UNO möge die türkische Aggression stoppen. "Was in Dscharablus vor sich geht, ist kein Kampf gegen den Terrorismus, wie die Türkei behauptet. In diesem Zusammenhang fordert Syrien von der Uno, diese Aggression zu stoppen, entsprechend dem Gesetz zu handeln und die Unabhängigkeit und Integrität des Staates zu achten", so die Erklärung des syrischen Außenministeriums.