Aufstandsbekämpfung im urbanen Raum teurer als geplant

Stadtplan Schnöggersburg. Bild: Bundeswehr/Jörg Jankowsky

Kosten für Übungsstadt der Bundeswehr steigen um mindestens 20 Prozent - Linkspartei befürchtet, dass auch ausländische Söldner in Schnöggersburg trainieren dürfen

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Die Kampfübungsstadt "Schnöggersburg" der Bundeswehr (Der "urbane Ballungsraum" der Bundeswehr) wird teurer als geplant. Das geht aus einer Anfrage der Linkspartei hervor. Wie die Rheinische Post berichtet, werden die Kosten um gut 20 Prozent, das heißt von 115 Millionen Euro auf 140 Millionen Euro, steigen - weitere Kostensteigerung können erwartet werden.

Im September des vergangenen Jahres erklärte Rolf Gössner, Publizist und Vizepräsident der internationalen Liga für Menschenrechte, im Telepolis-Interview, dass in der Stadt "Bundeswehr-, EU- sowie NATO-Kampfverbände gemeinsam den 'asymmetrischen' Krieg und Häuserkampf in Großstädten proben [werden] - für bewaffnete Konflikte der Zukunft, für Auslandseinsätze, aber auch für künftige Bürgerkriegs- und Militäreinsätze in europäischen Städten und im Innern des Landes".

Gössner äußerte die Berfürchtung, dass angesichts einer stärker werdenden sozialen Spaltung in Europa derzeit sowohl auf geheimdienstlicher als auch auf militärischer Ebene vorgeplant werde, um gegebenenfalls gegen drohende Aufstände in den Bevölkerungen gewappnet zu sein. Der Rechtsanwalt machte darauf aufmerksam, dass die Bundeswehr bereits die Bekämpfung von Aufständen in urbanen Räumen im Ausland trainiere, demnächst dann aber auch im Inland, "im Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Colbitz-Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt ... wo gerade eine sechs Quadratkilometer große...militärische Übungsstadt aufgebaut wird."

Wie die Rheinische Post nun berichtet, werde die künstliche Stadt "von 2018 an schrittweise für den Übungsbetrieb der Streitkräfte zur Verfügung stehen". Das Blatt schreibt unter Berufung auf die Bundesregierung, dass der Grund für die höheren Kosten "unter anderem mit einer nachhaltigeren Befestigung von Straßen, einer zusätzliche Einzäunung des Geländes und stabileren Gebäuden" zusammenhänge.

Katrin Kunert, Verteidigungsexpertin der Linkspartei, sagte gegenüber der Rheinischen Post, es sei absehbar, dass die Kosten "noch weiter ansteigen". Darüber hinaus äußerte sie den Verdacht, das Trainingsgelände solle "offenbar auch als Spielwiese für nichtstaatliche Akteure dienen." Sie lehne ein solches "staatlich unterstütztes Ausbildungsprogramm für Söldner" vehement ab.

Unklar bleibt, was genau das Verteidigungsministerium mit seiner Antwort meint, wonach ein "gemeinsames praxisnahes Üben in möglichst realitätsnaher Umgebung" eine hohe Bedeutung für die Auftragserfüllung der Bundeswehr habe. Allerdings scheint eine weitere Aussage, dass es bei einem vernetzten Ansatz auch um die "Ausbildungen und Übungen von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren" gehe, den Verdacht von Kunert zu untermauern.

Gegenüber Telepolis erklärte Gössner, dass sich zwar vor Ort eine Bürgerinitiative gegen Schnöggersburg gegründet habe, aber in der breiten Öffentlichkeit die Kampfübungsstadt noch immer nicht "richtig angekommen" sei. Der Rechtsanwalt legte dar: "Hier in der Heide, mitten in der Altmark, entsteht mit Schnöggersburg ein 'urbaner Ballungsraum' mit 520 Gebäuden, einer Altstadt und Hochhaussiedlung, einem Regierungs- und einem Elendsviertel, mit Industriegebiet, Kanalisation und Müllkippe, Verkehrsinfrastruktur mit U-Bahn-Tunnel, Bahnstation, Flughafen, Straßen und Autobahnausfahrten, mit Kirche, Moschee und Friedhof, Stadion und Stadtpark mit künstlichem Fluss und fünf Brücken."