Kabul: Drei Anschläge innerhalb von 24 Stunden

Taliban bekennen sich zu dem Anschlag auf das Verteidigungsministerium. Bild: alemarah

Nach der deutschen Bundesregierung sind manche Regionen in Afghanistan - etwa Kabul - weitgehend sicher

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Am vergangenen Montag wurde Kabul von einer Anschlagsserie erschüttert. Die ersten zwei Bombenattentate fanden nachmittags vor den Pforten des afghanischen Verteidigungsministeriums im Zentrum der Stadt statt. Nachdem eine Autobombe explodierte und sich mehrere Menschen am Anschlagsort versammelten, sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft. Laut dem Verteidigungsministerium wurden mindestens 35 Menschen getötet sowie über einhundert weitere verletzt. Unter ihnen befanden sich sowohl Sicherheitskräfte als auch Zivilisten.

Bereits kurz nach dem Anschlag bekannten sich die afghanischen Taliban zu der Tat. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid hob hervor, dass der Angriff auf das Verteidigungsministerium genauestens koordiniert gewesen war und das Ziel hatte, führende Sicherheitskräfte zu treffen. Dieses Ziel wurde laut den Extremisten erreicht. Unter anderem wurden ein hochrangiger General, mehrere Polizeichefs sowie zwei Leibwächter des afghanischen Präsidenten getötet. Laut den Taliban wurden mindestens 58 Menschen - wahrscheinlich eine Übertreibung - getötet.

Am späten Abend, kurz vor Mitternacht, ereignete sich ein weiterer Angriff, der mit einem Bombenattentat begann. Schauplatz der Explosion war ein Gebäude einer Hilfsorganisation im Stadtteil Shar-e Naw. Den darauffolgenden Knall konnte man in der gesamten Stadt deutlich wahrnehmen. Die Gefechte mit den Angreifern zogen sich durch die ganze Nacht. Erst nach elf Stunden galt der Angriff als beendet. Laut dem Innenministerium wurden 42 Geiseln von den Sicherheitskräften gerettet, unter ihnen befanden sich auch zehn Ausländer. Mindestens eine Person wurde getötet, sechs weitere wurden verletzt. Offiziellen Angaben zufolge wurden alle drei Angreifer im Laufe des Gefechts getötet.

Angriff waren unterschieden sich grundsätzlich

In vielen Teilen Kabuls herrscht weiterhin Ausnahmezustand. Viele Straßen sind gesperrt. Die Stadtteile Shar-e Naw und Wazir Akbar Khan, in denen viele Ausländer leben, sind weiterhin komplett abgesperrt. Während die Taliban sich zu den ersten beiden Angriffen auf das Verteidigungsministerium bekannten, ist dies bei letzterem Anschlag weiterhin nicht der Fall. In diesem Kontext wird auch die Unterschiedlichkeit der beiden Angriffe deutlich.

Die Angriffe auf das Ministerium waren in jeglicher Hinsicht genau koordiniert. So wählte man etwa gezielt den Nachmittag als Tatzeitpunkt, um möglichst viele Menschen während ihres Feierabends zu treffen. Der erste Angriff erfolgte mittels einer Autobombe. Erst beim zweiten Angriff kam ein einzelner Selbstmordattentäter zum Einsatz. Demnach konnte nur durch eine einzige Person ein sehr hoher Schaden angerichtet werden.

Währenddessen war dies beim nächtlichen Angriff in Shar-e Naw nicht der Fall. Die anfangs widersprüchlichen Berichte machten bereits deutlich, dass die Angreifer völlig unkoordiniert vorgingen. Sowohl die Geiselnahme als auch der Angriff an sich schlugen fehl. Letztendlich wurden alle drei Attentäter getötet. Keine Gruppierung bekannte sich zu der Tat. Auch wurden der Sinn und Zweck des Angriffs nicht deutlich.

"Sichere Zone Kabul"

Ein Grund hierfür könnte möglicherweise die Annahme sein, dass innerhalb der afghanischen Taliban mittlerweile Strukturen existieren, die völlig eigenmächtig und unabhängig von der Führung handeln. Ähnliches Szenario spielte sich etwa auch Ende August nach dem Anschlag auf die amerikanische Universität in Kabul ab. Die Hintermänner für diesen Angriff sind ebenfalls weiterhin unklar.

Selbst die jüngsten Anschläge dürften von den politischen Entscheidungsträgern in westlichen Staaten nur begrenzt zur Kenntnis genommen werden. Die deutsche Bundesregierung hat bereits mehrmals deutlich gemacht, dass manche Regionen in Afghanistan - etwa Kabul - weitgehend sicher seien. Im Gegensatz zum Irak oder zu Syrien werden aus diesem Grund Abschiebungen nach Afghanistan weiterhin geduldet. Zeitgleich setzen mehrere Regierungen, etwa die deutsche und die österreichische, auf Abschreckungskampagnen vor Ort. Auch in Kabul lassen sich weiterhin Plakate finden, die Afghanen von einer Flucht nach Europa abhalten sollen.