Hillary Clinton: "Berichte über das russische Einmischen in unsere Wahlen sind glaubwürdig"

Hillary Clinton im Juni 2016. Bild: Lashaull/CC BY-SA 4.0

In Bedrängnis gekommen versucht Clinton offenbar verstärkt, die russische Karte zu ziehen, um Trump zu desavouieren

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Im Augenblick scheint wieder Donald Trump bei Umfragen die Nase vorne zu haben, während Hillary Clinton zurückfällt. Die Schmutzkampagne auf der rechten Seite gegen Clinton läuft munter weiter, ihr Gesundheitszustand wird immer wieder in Zweifel gezogen (Medienschlacht um die Gesundheit von Clinton und Trump). Und ihr weiteres Versinken in den Email-Skandal wird herausgestellt: "The polls are close so Crooked Hillary is getting out of bed and will campaign tomorrow. Why did she hammer 13 devices and acid-wash e-mails?", so Trump.

Clinton versucht wenig glaubwürdig, sich aus dem Email-Problem herauszuschwindeln. Sie wusste um die Geheimhaltungsvorschriften für dienstliche Emails als Außenministerin, sagte sie, hat sie aber dann doch eben über einen privaten Email-Account laufen lassen. Zudem hatte sie gegenüber dem FBI erklärt, sie habe manche Anweisungen und Treffen vergessen, das aber bedeute nicht die Sorgfalt beim Umgang mit geheimen Dokumenten. Sie wusste angeblich auch nicht, dass ein Helfer Emails gelöscht und Computer zerstört hat, sagte sie Journalisten am Montag (Clinton-Computer: Mit Hammer zerstört und in der Post verschwunden).

Clinton sucht derzeit vor allem, Frauen und Gewerkschaften zu gewinnen, aber zunehmend scheint sie auch Trump mit Moskau in Zusammenhang bringen zu wollen, um ihn dadurch zu diskreditieren. Dazu müssen Vermutungen über Angriffe russischer Hacker aus der Umgebung der russischen Geheimdienste wiederholt werden. Das Schema gleicht dem häufigen außenpolitischen Vorgehen der USA und folgt dem Prinzip, dass der Feind deines Feindes dein Freund ist, in diesem Fall nur umgekehrt, dass der Freund deines Feindes auch dein Feind ist. Für Clinton sind, obgleich es "fast unglaublich" sei, die "Berichte über das russische Einmischen in unsere Wahlen glaubwürdig".

Das sagte sie Journalisten, nachdem die Washington Post einen großen suggestiven Artikel veröffentlicht hatte, der eben dies unterstellt, aber keineswegs belegt (Die USA sollen Opfer einer groß angelegten "russischen Beeinflussungsoperation" sein). Zitiert werden die üblichen anonym bleibenden Offiziellen aus dem Sicherheitsapparat, man möchte fast vermuten, dass mit dem scheinbaren Durchstechen von Informationen aus den Sicherheitskreisen eine Hilfsaktion für Clinton gestartet wurde.

Das ist auch deswegen nicht völlig von der Hand zu weisen, da die Washington Post anders als früher sehr einseitig gegen Trump Position bezogen hat. In dem Artikel werden die angeblich russischen "Beeinflussungsoperationen" mit den Angriffen auf die Computersysteme des Democratic National Committee (DNC) und von Wahlsystemen in zwei Bundesstaaten als Versuch verstanden, wenn schon nicht die Wahlen zu manipulieren, so doch Chaos und Misstrauen in die demokratischen Institutionen zu schüren. Dem würden die Geheimdienste bis auf höchster Ebene und das FBI nachgehen.

"Wir hatten niemals einen Kandidaten der großen Parteien, der die Russen zum Hacken aufgefordert hat"

Schon nach dem Bekanntwerden des DNC-Hack gab sich Clinton sicher: "Wir wissen, dass russische Geheimdienste die Parteiführung der Demokraten gehackt haben", sagte sie damals gegenüber Foxnews. Trump hatte nach dem DNC-Hack und dem Leaken der mitunter für die Demokratische Partei peinlichen Emails gesagt: "Russia, if you're listening, I hope you're able to find the 30,000 emails that are missing." Das war zwar offenbar ironisch gemeint, Clinton holt dies aber immer wieder gerne hervor, um wie auch jetzt wieder zu suggerieren, dass Trump die Russen zum Hacken aufgefordert habe und daher möglicherweise mit diesen zu kooperieren bereit sein könne: "We've never had the nominee of one of our major parties urging the Russians to hack. I want everyone — Democrat, Republican, Independent — to understand the real threat that this represents."

Sie sieht den US-Präsidentschaftswahlkampf unter der "Bedrohung durch eine gegnerische ausländische Macht", will dies aber noch nicht Cyberwar nennen, antwortete sie auf eine Frage eines Journalisten. Die New York Times weist darauf hin, dass Clinton kürzlich gegenüber Wahlkampfspendern behauptet habe, dass ausländische Feinde, die auf einen Sieg Trumps hoffen, um die USA zu schwächen, versuchen könnten, die Ergebnisse der Novemberwahl vielleicht mit einem Cyberangriff zu diskreditieren. Sie unterstellte auch, dass Putin, als er auf dem G20-Gipfel mit Obama sprach, auf die Hackerangriffe angesprochen "kaum die Energie" aufgebracht habe, diese zu leugnen: "Das Team um ihn glaubt sicher, dass es von Nutzen ist, das zu machen." Ihn selbst wollte sie nicht direkt beschuldigen, Trump bei der Präsidentschaftswahl helfen zu wollen, aber sie ließ es im Raum schweben, wenn sie kommentierte: "If you find a turtle on a fence post, it didn’t get there by itself."

Putin gilt ihr auch als derjenige, der verhinderte, dass auf dem G20-Gipfel eine Lösung für den syrischen Konflikt erreicht werden konnte. Und sie machte auch deutlich, dass sie auch in Syrien für eine Flugverbotszone wäre, um damit die amerikanischen Interessen stärker zu machen. Obama hat dem Druck seitens der Türkei und aus den eigenen Reihen nicht nachgegeben, eine solche Flugverbotszone einzurichten, um ein zweites Libyen zu verhindern. Clinton war Außenministerin, als in Libyen eine Flugverbotszone eingerichtet wurde, die zwar den Sturz von Gaddafi zur Folge hatte, aber auch ein zerfallenes, bis heute unregierbares Land, in dem sich auch Islamisten festgesetzt haben.

Putin hat stets erklärt, er oder die Regierung hätten mit dem DNC-Hack und dem Leaken der Dokumente nichts zu tun. Gegenüber Bloomberg News hatte er gesagt: "Macht es überhaupt etwas aus, wer die Daten gehackt hat? Das Wichtigste ist der Inhalt, der der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Es gibt keinen Anlass, die öffentliche Aufmerksamkeit vom Kern des Problems abzulenken, indem einige kleinere Probleme hervorgehoben werden, die mit der Suche nach dem Täter verbunden sind. Aber ich sage Ihnen noch einmal, ich weiß nichts darüber, und Russland hat auf staatlicher Ebene dies niemals getan." So cool und der Transparenz dankbar dürfte er freilich nicht sein, wenn Daten von ihm durch einen Hack in die Öffentlichkeit gerieten.