Syrien-Resolutionen sind im UN-Sicherheitsrat gescheitert

Tagungsraum des Sicherheitsrats. Bild: UN Photo/JC McIlwaine

Update: 140 Tote, 500 Verletzte: Vermutlich hat die saudische Koalition im Jemen ein Begräbnis bombardiert, westliche Regierungen vermeiden offene Worte

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Im UN-Sicherheitsrat wurde wieder einmal deutlich, dass die Weltgemeinschaft handlungsunfähig ist. Das Veto-Recht der fünf permanenten Mitglieder verhindert bei Konflikten eine Entscheidung. So wurde, wie schon von Moskau angekündigt, von Russland - und Venezuela - die von Frankreich und Spanien eingebrachte Resolution abgelehnt, die einen sofortigen Waffenstillstand und ein Flugverbot über Aleppo gefordert hatte. China und Angola enthielten sich, alle anderen stimmten zu.

Eine von Russland eingebrachte Resolution, die ebenfalls einen sofortigen Waffenstillstand vorsah, aber nur die Trennung von "gemäßigten" Rebellen und Terroristen forderte, aber die Einstellung der Luftangriffe nicht erwähnte, erhielt vier Ja-Stimmen. Sie wurde aber bei zwei Enthaltungen mit neun Nein-Stimmen abgelehnt. Russland hatte Frankreich im Vorfeld vorgeworfen, Moskau zu einem Veto zu zwingen. Daher legte man offensichtlich selbst einen Entwurf vor, womit das Patt hergestellt wurde, aber Moskau nicht alleine als Verweigerer erscheint.

Derweil wurde bekannt, dass im Jemen, dem anderen Krieg, der meist wenig Beachtung in den Medien findet, vermutlich Kampfflugzeuge der saudischen Koalition eine Trauerfeier in den von Huthis kontrollierten Hauptstadt Sanaa bombardiert hat. Mindestens 82 Menschen sollen dabei getötet und über 500 verletzt worden sein, berichtete das Gesundheitsministerium und wies die Schuld den Saudis zu.

Es ist, wenn es zutreffen sollte, tatsächlich ein Massenmassaker an Zivilisten. Mittlerweile muss von 140 Toten ausgegangen werden . Eine "Verwechslung" muss man eigentlich ausschließen können. Der Angriff reiht sich in die Serie von vermutlich gezielten Bombardierungen auf Krankenhäuser oder wie zuletzt auf den Hilfskonvoi. Das Internationale Rote Kreuz verurteilt die Tötung der zahlreichen Zivilisten und spricht von einer hohen Zahl an Opfern. Die letzten Tage hätten sich die Angriffe vermehrt, alle Parteien werden aufgerufen, Zivilisten zu verschonen.

Bei dem Begräbnis ging es um Ali al-Rawishan, den Vater des Innenministers Galal al-Rawishan, der die Huthi-Rebellen unterstützt, schreibt der Guardian. Daher dürfte der Angriffe tatsächlich gezielt erfolgt sein, weil man hoffte, die Führung der Huthis zu treffen. In Saudi-Arabien schweigt man bislang darüber und spricht nur von weiteren Siegen gegen die Aufständischen. Gegenüber dem saudischen Sender al-Arabiya hat General Ahmed Assiri, der Sprecher saudischen Koalition, eine Verantwortung abgestritten. Man müsse andere Ursachen in Betracht ziehen. Gut möglich, dass die Flugzeuge, wenn es sich um solche der saudischen Koalition handelte, woran kaum zu zweifeln ist, wieder amerikanische Bomben für den Angriff benutzten.

US-Außenminister Kerry warf Syrien und Russland Kriegsverbrechen vor, weil er sie der Angriffe auf Krankenhäuser in Aleppo beschuldigte, und forderte eine entsprechende Untersuchung (USA testen Abwurf von Atombomben-Attrappen, Russland rüstet in Syrien auf). Wenn nicht gegenüber dem Verbündeten Saudi-Arabien, der autoritären Monarchie, die seit vielen Monaten einen blutigen Krieg im Jemen führt und für den Tod vieler Zivilisten verantwortlich ist, nun auch der Vorwurf eines Kriegsverbrechens erhoben und gefordert wird, den Vorfall unabhängig zu untersuchen, würde man offensichtlich von zweierlei Maß sprechen müssen.

Update: Die übliche Rhetorik

Inzwischen hat sich offiziell die saudische Regierung geäußert, versucht aber mit der üblichen Taktik, eine Untersuchung durchführen zu wollen, Zeit zu schinden und sich herauszureden. Die Koalition würde "keine zivilen Orte bomardieren", man unternehme alle Anstrengungen, Risiken für Zivilisten zu vermeiden. Die berichtete Bombardierung sei "bedauernswert und schmerzlich". Die Koalition spricht ihr Beileid aus. Man werde sofort eine Untersuchung einleiten, die das Unabhängige" Joint Incidents Assessment Team (JIAT) mit der Unterstützung der USA ausführen soll. Damit sind die USA schon eingebettet, das Ergebnis wird bestenfalls sein, dass das Begräbnis versehentlich bombardiert wurde. Das "unabhängige" JIAT besteht aus 14 Experten aus Saudi-Arabien, Kuwait, Yemen, Katar, Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten, also den kriegsführenden Koalitionsmitgliedern.

Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus hat inzwischen eine Stellungnahme abgegeben und erklärt: "Die US-Sicherheitskooperation mit Saudi-Arabien ist kein Blankoscheck." Man werde weiterhin "unsere ernste Sorgen über den KOnflikt im Jemen und wie er geführt wird äußern". Man werde die Unterstützung der saudisch geführten Koalition überprüfen und sei bereit, "unsere Unterstützung anzupasse, um sie besser mit den Prinzipien, Werten und Interessen der USA in Übereinstimmung zu bringen". Das klingt nicht nach größeren Veränderungen.

Frank-Walter Steinmeier vermeidet sogar auch nur die Erwähnung von Saudi Arabien in seiner Stellungnahme: "Berichte über Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte in den militärischen Auseinandersetzungen in Jemen haben ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Wir begrüßen daher, dass der UN-Menschenrechtsrat dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte nun ermöglicht hat, solche Vorfälle unabhängig zu untersuchen. Deutschland unterstützt die laufenden Bemühungen des UN-Sondergesandten Ismail Ould Sheikh Ahmed, die Konfliktparteien zu einer Waffenruhe zu bewegen. Nur eine Rückkehr an den Verhandlungstisch kann in Jemen eine Lösung bringen."