Die Gemeinsamkeit der Friedensbewegung und ihrer Kritiker

Plakat zur Demonstration von Friedensdemo.org

Sie vernachlässigen die Komplexität der gegenwärtigen Konflikte. Zur Kenntnis genommen wird nur, was ins eigene Weltbild passt

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"Die Waffen nieder" - das Motto der Pazifistin Bertha von Suttner war das zentrale Motto der Demo, zu der am vergangenen Samstag mehr als 180 Organisationen aufgerufen hatten. Die Plakate mit der weißen Friedenstaube auf blauen Grund, knüpften bewusst an die 1980er Jahre an, als die Friedensbewegung in der BRD gegen die Aufstellung neuer Nato-Raketen ihren Höhepunkt erreichte. Manche träumten am Ende schon von den 1980er Jahren, als allein in Westdeutschland Hunderttausende auf die Straße gegangen sind.

Darunter waren sicherlich auch eine Menge Nationalisten, die eher die Souveränität Deutschlands als den Weltfrieden im Sinne hatten. In der sogenannten Havemann-Erklärung wurde schließlich bereits in den 1980er Jahren die sogenannte deutsche Frage wieder gestellt.

Die alte Friedensbewegung und der Nationalpazifismus

Und ein Alfred Mechtersheimer, der eigentlich rechts von der Union agierte, aber nach seinem Wechsel von der CSU zum ganz rechten Rand noch einen Umweg bei den Grünen und der Friedensbewegung genommen hatte, wurde damals auch von den sich links verstehenden Friedensfreunden mit Applaus begrüßt. Dabei redete er auf den Friedensdemonstrationen auch vor allem über deutsche Souveränität und verstand sich als Nationalpazifist. Daher kann man ihm glauben, dass er sich nicht so sehr verändert hat.

Aber auch Mechtersheimer war nicht der Pionier des Nationalpazifismus in der deutschen Friedensbewegung. Bereits in den 1950ern wurden die gerne gesehen, die nach der Niederlage Deutschlands in zwei Weltkriegen "ohne uns" sagten, aber insgeheim hinzufügten: "Mindestens solange, bis wir wieder stark genug sind, unsere Interessen selbstbewusst zu definieren." Das ist spätestens seit 1989 der Fall. Daher ist es nur verständlich, dass genauer nachgeguckt wird, wer aus welchen Gründen unter dem Friedenslabel auftritt (Der Friedenswinter ist tot! Es lebe der Friedenswinter! und die Entgegnung: Frieden und Querfront-Kriege).

Eine solche Kritik kann eine Bewegung nur voranbringen. Dass nun mit Rainer Rupp ein Mann auf die Kritiker und Spalter verbal eindrischt, der die Nato für die DDR ausgekundschaftet hat, also praktisch Diener zweier autoritärer Systeme war, verwundert nicht. In diesem Weltbild wimmelt es nur von Spionen, Verrätern und Subversanten, die für alles verantwortlich sein sollen, was nicht nach Plan verläuft.

Diskussion über die Friedensbewegung geht weiter

Dass aber selbst ein Künstler wie Prinz Chaos II auf der Abschlusskundgebung der Friedensdemonstration am Samstag erklärte, man habe Zeit genug für interne Diskussionen verplempert, muss dann schon verwundern. Denn natürlich geht die kritische Diskussion weiter und das ist auch ein Indiz dafür, dass die Friedensbewegung noch nicht verloren ist.

"Die geringe Teilnehmerzahl ist das sichtbare Zeichen einer Krise der Friedensbewegung. Die Bewegung sollte das jetzt kritisch reflektieren und geeignete Schlüsse daraus ziehen", erklärte Otmar Steinbicker, ein langjähriger Weggefährte der Friedensbewegung, nach der Demo am Samstag. Er machte dabei auch deutlich, dass es eben nicht nur um den Friedenswinter und die Friedensmahnwachen geht.

Auf die Frage von aixpaix.de, worin er die Krise der Friedensbewegung sehe, antwortete Steinbicker:

Vor allem in zwei Faktoren: 1. in einer fehlenden ernsthaften Analyse der gegenwärtigen Situation mit ihren realen Kriegen, mit ihren drohenden Kriegsgefahren, aber auch mit Chancen für die Friedensbewegung, erfolgreich zu arbeiten. 2. in einer weit verbreiteten Selbstisolation vieler Organisationen und Initiativen der Friedensbewegung. Da sind nicht wenige im Denken und Wahrnehmen in den frühen 1980er Jahren stehen geblieben.

Dort, wo keine oder kaum neue Köpfe hinzukamen, wurden nicht unbedingt neue Themen und Fragestellungen gesehen und keine neuen Aktiven geworben und einbezogen. Dort, wo das nicht gelingt, wäre Friedensbewegung irgendwann zum Aussterben verurteilt.

Otmar Steinbicker

Gerade die Analyse der aktuellen Situation ist ein Problem, das mit entscheidet, wie sich die Friedensbewegung entwickelt.