Förderte Clintons Team Trump?

In einem Strategiepapier des Democratic National Committee aus dem April 2015 heißt es, man solle "extreme" Kandidaten bei den Republikanern nicht "marginalisieren", sondern als "Rattenfänger" aufbauen

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Die Whistleblower-Plattform Wikileaks veröffentlicht gerade Tausende E-Mails von und an John Podesta, dem Stabschef von Bill Clinton und derzeitigem Wahlkampfleiter von Hillary Clinton. Das größte Aufsehen erregten bislang Teile der mit mehreren Hunderttausend Dollar vergüteten Reden, die sie vor Großbanken wie Goldman Sachs hielt und nicht veröffentlichen wollte. Darin sagt sie unter anderem, man müsse "privat eine andere Haltung als öffentlich" haben.

Die naheliegenden Schlussfolgerungen auf ihre Glaubwürdigkeit versuchte die gelernte Anwältin damit zu entkräften, dass sie nur sagen habe wollen, man müsse "für einige Menschen die einen Argumente verwenden und für andere die anderen". Außerdem meinte sie, auch Abraham Lincoln habe da nicht anders agiert, wie man in der Filmbiographie von Steven Spielberg sehen könne (vgl. US-Wahl: Sex, Lügen - und das zweite Fernsehduell).

Andere geleakte E-Mails deuten darauf hin, dass es Hillary Clintons Team gar nicht unrecht war, dass Donald Trump die Vorwahlen bei den Republikanern gewinnt. So schreibt beispielsweise der von der Politik in die Medienindustrie gewechselte Geheimdienstexperte Brent Budowsky an Podesta am 13. März 2016, Hillary Clinton sage häufig "Sachen, die nicht wahr sind" und sie sei "fast vollständig davon abhängig, dass die Republikaner Trump nominieren, [den] sogar ein Clown wie Ted Cruz wäre eine 1:1-Wette". Ein Strategiepapier aus dem April 2015 legt sogar nahe, dass man im Democratic National Committee (DNC) sogar aktiv darauf hingearbeitet haben könnte, dass Trump Kandidat der Republikaner wird: Darin wird heißt es, man solle "extremere" Kandidaten wie Donald Trump, Ted Cruz oder Ben Carson nicht "marginalisieren", sondern als "Rattenfänger" aufbauen.

Aus anderen E-Mails wird deutlich, dass dem Hillary-Clinton-Team klar war, dass Bill Clintons Triebleben ein Risiko darstellt, weshalb dazu geraten wurde, den ehemaligen Präsidenten nicht zu sehr als Werber einzusetzen. Eine Mitarbeiterin soll Bill Clinton Verhalten so belastet haben, dass sie sich umbringen wollte.

Drei Frauen beschuldigen Bill Clinton

Seit die Washington Post Donald Trump mit einer elf Jahre alten Aufnahme eines zotigen Gesprächs mit dem George-W.-Bush-Cousin Billy Bush ein "Pussygate" bescherte, thematisierte der Milliardär dieses Triebleben Bill Clintons: In einer Pressekonferenz präsentierte er drei Frauen, die angeben, von Hillary Clintons Ehemann sexuell belästigt oder missbraucht worden zu sein: Juanita Broaddrick, Paula Jones und Kathleen Willey.

Broaddrick beschuldigt Clinton, sie während des Gouverneurswahlkampfes 1978 in der nach einem ebenfalls nicht ganz unumstrittenen US-Präsidenten benannten Ortschaft Van Buren auf sein Hotelzimmer gelockt und dort vergewaltigt zu haben. Für diesen Vorwurf sprach, dass die heute 72-Jährige mit einer Zeugin aufwarten konnte, die bestätigte, dass sie damals zitterte und eine geschwollene Oberlippe hatte. Schwerer wog allerdings die Tatsache, dass sie die angebliche Vergewaltigung 1998 in einer eidesstattlichen Erklärung bestritt - angeblich deshalb, um sich psychischen Stress zu ersparen und wieder ihre Ruhe zu haben.

Paula Jones brachte Bill Clinton in den 1990er Jahren dazu, vor Gericht wahrheitswidrig zu behaupten, er habe niemals sexuellen Kontakt mit seiner Praktikantin Monica Lewinsky gehabt. Sie verklagte den damaligen Präsidenten mit dem Vorwurf, er habe sich 1991 vor ihr entblößt und sie sexuell belästigt. Die dafür vorgebrachten Indizien sah das Gericht jedoch nicht als ausreichend an (vgl. Clinton als Härtetest für das Internet). Eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach dem Öffentlichwerden der Affäre mit Lewinsky konnte Clinton durch Zahlung von 850.000 Dollar verhindern. Auch im Fall Kathleen Willey, die 1993 im Weißen Haus arbeitete, kam ein Gericht zur Auffassung, dass es für ihre Behauptung, der damalige US-Präsident habe sie unsittlich berührt, keine Beweise gibt.

Hillary Clintons Kichern über den Kinderschänder am Lügendetektor

Hillary Clinton hatte sich in allen drei Fällen - ebenso wie in der Lewinsky-Affäre - hinter ihren Ehemann und gegen die Klägerinnen gestellt. Broaddrick soll sie sogar bedroht haben. Trump wertet das als Zeichen dafür, dass die angebliche Empörung der demokratischen Präsidentschaftskandidatin über seine Zoten weniger empathischer als strategischer Natur sein könnte. Als weiteres Indiz dafür präsentierte er Kathy Shelton, die 1975 - als sie zwölf Jahre alt war - einen Mann beschuldigte, sie vergewaltigt zu haben.

Die damals 27-Jährige Hillary Clinton verteidigte diesen Mann so überzeugend, dass er nicht wegen Vergewaltigung, sondern lediglich wegen sexueller Belästigung einer Unter-15-Jährigen verurteilt wurde - obwohl die ehrgeizige Anwältin anscheinend von einer weitergehenden Schuld des Täters überzeugt war, wie ein später aufgetauchter Audio-Mitschnitt nahelegt, in dem sie kichernd meint, seit dieser Angeklagte einen Lügendetektortest bestand, glaube sie nicht mehr an solche Geräte.

Trump kündigte gestern in Pennsylvania an: "Wenn sie noch mehr Aufnahmen mit unangemessenen Äußerungen veröffentlichen wollen, werden wir auch weiterhin über unangemessene Sachen reden, die Bill und Hillary Clinton tun - und Leute, da gibt es eine Menge Sachen."

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