"Ansteckende Verantwortlichkeit": Weltweites Experiment zu Folgen der Überwachung

Bundespolizei erprobt mobile Körperkameras, die Gewalttäter abschrecken sollen. Bild: Bundespolizei

Bei der Aufrüstung der Polizei mit BodyCams lässt sich beobachten, wie das Wissen um Beobachtung das Verhalten beeinflusst

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Derzeit findet ein weltweites Experiment mit der Überwachungstechnik von Kameras statt, die Polizisten mit sich führen. Die Polizisten sind damit, ebenso wie die Menschen, die mit ihnen zu tun haben, unter Dauerbeobachtung von Dritten bzw. diese können die audiovisuellen Aufzeichnungen nachträglich ansehen. Da die Polizisten unter Befehl stehen, die Kameras anzuschalten, findet in der Regel keine Selektion statt, was das Experiment dahingehend interessant machen, welche Folgen die dauerhafte Beobachtung des Verhaltens hat, wenn alle Beteiligten sich bewusst sind, dass ihr Verhalten gewissermaßen neutral dokumentiert wird.

BodyCams für Polizisten wurden und werden eingeführt, um Beweismaterial zu sammeln - mit dem erwarteten Nebeneffekt der "Abschreckung" oder Befriedung, dass sich sowohl Polizisten wie Personen, mit denen sie zu tun haben, regelkonformer und weniger aggressiv verhalten sollen, weil sie anhand der Aufnahmen belangt werden können.

In Deutschland wird vor allem der Schutz der Polizisten vor Gewaltbereiten angestrebt. Daher wird die Kamera in der Regeln nur bei Bedarf angeschaltet. So heißt es in einer Pressemitteilung bei der Einführung von mobilen Körperkameras durch die Bundespolizei am Kölner und Düsseldorfer Hauptbahnhof, dass diese "an einer Weste angebracht sind und bei bestimmten Einsatzsituationen eingeschaltet werden. Die sogenannten "BodyCams" sollen Gewalttäter abschrecken und somit Polizisten vor Übergriffen schützen."

Eingeschaltet werden sollen sie beispielsweise bei der "Kontrolle von offenkundig gewaltbereiten Personen". Getestet wird bei diesem Versuch auch die Akzeptanz der Kameras bei den Polizisten. Von deren Kontrolle ist hier nicht die Rede. Für Akzeptanz soll wohl eben sorgen, dass es in der Entscheidung der Polizisten zu liegen scheint, die Kameras einzuschalten, und dass die Aufzeichnungen "nur in den Fällen gespeichert (werden), wo diese zur Beweissicherung in einem etwaigen Strafverfahren von Bedeutung sein können".

Kürzlich wurde eine Studie von Wissenschaftlern der University of Cambridge und RAND Europe über 8 britische und US-amerikanische Polizeibehörden veröffentlicht, in denen die Polizisten BodyCams mit sich führen müssen. Es stellt sich heraus, dass ausgerechnet Polizisten, die ihre Kameras einschalten, öfter angegriffen werden, während sich ihr Verhalten nicht verändert. Dabei scheint allerdings eine Rolle zu spielen, ob die Polizisten während des Dienstes die Kamera ein- und ausschalten können oder ob sie dauernd an sein müssen, was die Gewalt seitens der Polizisten reduziert (Fettleber bei Kindern).