EU-Ministerrat vertagt CETA-Entscheidung auf Freitag

Paul Magnette.Foto: UNCTAD. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Belgischer Außenminister sieht sich an "Nein" der Wallonie gebunden - Bulgarien und Rumänien wollen Visumsfreiheit von Kanada

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Die Entscheidung über die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CETA wurde nach einer fünfstündigen Diskussion im EU-Ministerrat gestern auf den regulären Oktober-EU-Gipfel verschoben, der am Donnerstag und Freitag stattfindet. Dort wird ein Ergebnis erst am zweiten Gipfeltag erwartet, der für die Handelspolitik reserviert ist.

Neben dem belgischen Außenminister Didier Reynders, dem das Regionalparlament der Wallonie am Freitag die Genehmigung für eine Zustimmung verweigert hatte (vgl. CETA: SPÖ macht Weg frei, Wallonie will blockieren), stimmten auch die Vertreter von Bulgarien und Rumänien gegen eine Annnahme. Beiden Ländern geht es allerdings nicht um eine grundsätzliche Blockade des Abkommens, sondern nur um das Zugeständnis der Visafreiheit für Rumänen und Bulgaren, die nach Kanada wollen.

Belgische Verfassung bindet nicht nur Außenminister

Allerdings bindet die belgische Verfassung nicht nur den Außenminister, sondern auch den Ministerpräsidenten Charles Michel an die Zustimmung aller belgischen Regionen. Das räumte Michel auf Aufforderungen hin, ohne Rücksicht auf die Wallonie zu unterschreiben, selbst ein. Er und Reynders wollen aber weiterhin auf den wallonischen Regionalregierungschef Paul Magnette einwirken, damit der für die Wallonie entgegen des Parlamentsbeschlusses zustimmt.

Magnette fordert juristisch gleichrangigen Zusatzvertrag

Damit Magnette so etwas politisch übersteht, müsste er etwas vorweisen: Einen Text, der ausschließt, dass Befürchtungen eintreffen, die Bauern und andere Bürger zu CETA haben. Die Erklärungen, die der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als ausreichend ansieht, um das Bundesverfassungsgericht zufrieden zu stellen, sind dem Wallonen dazu nicht rechtsverbindlich genug:

Er fordert einen Zusatzvertrag, der dem eigentlichen CETA-Vertrag juristisch gleichrangig sein soll und der ihm bislang verweigert wird - was wiederum den Kritikern des Abkommens Nahrung gibt, die mutmaßen, solch ein Zusatzvertrag werde nicht nur wegen des Aufwands ausgeschlossen, sondern auch, weil man sich andere Auslegungen vorbehalten will, als jene, die man der Öffentlichkeit präsentiert.

In den letzten Tagen sprachen bei Magnette unter anderem der französische Staatspräsident François Hollande und Vertreter der kanadischen Regierung persönlich vor. Ob er dem Druck standhält, der derzeit auf ihn ausgeübt wird, ist offen: Er selbst beklagte bereits "kaum verhüllte Drohungen". Diese könnten jedoch auch einen gegenteiligen Effekt haben, wenn zutrifft, was ein Zuträger von Fefes Blog bei einem "Abend mit einem der Europaabgeordneten, die den Widerstand in der Wallonie koordinieren", erfahren haben will: Dass "hinter den Kulissen" ausgesprochene Drohungen wie die, der strukturschwachen Region Fördermittel zu streichen, die wallonischen Volksvertreter "in ihrem Widerstand nur bestärkt" haben.

Unterstützung enthält der inzwischen vielleicht bekannteste europäische Regionalregierungschef nach Nicola Sturgeon und Horst Seehofer unter anderem vom ehemaligen belgischen Ministerpräsidenten Elio Di Rupo, einem sozialdemokratischen Parteifreund Magnettes. Di Rupo erklärte in einem Interview, die EU-Kommission habe sich vor Magnettes Weigerung "nie dazu herabgelassen", auf die schon früh und immer wieder vorgetragenen Befürchtungen der Wallonie zu CETA einzugehen. Das Lob beschränkt sich aber weder auf Wallonen noch auf Sozialdemokraten: Florian Philippot, der stellvertretende Vorsitzende des Front National, preist die Wallonie inzwischen mit Formulierungen, die an Schilderungen des kleinen gallischen Dorfes in den Asterix-Comics erinnern.