Die rechtsradikalen 14 Prozent

Fahnen bei Pegida-Demo im April 2015 in Dresden. Bild: Metropolico.org/CC BY-SA 2.0

Der Rechtsradikalismus wird zur größten Gefahr für die Demokratie in der Bundesrepublik. Doch woher kommen all die Rechtswähler? Eine Antwortsuche bei dem französischen Soziologen Didier Eribon

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Die Gefahr des islamistischen Terrors: das ist weiterhin ein großes, ein beherrschendes Thema in der deutschen Gesellschaft, in Medien und Politik. Wie gefährlich ist der Islamische Staat, wie viele Anhänger hat er in Deutschland, wie viele sind gewaltbereit? Dabei tendiert islamistische Gewalt hierzulande gegen null - während die Zahl rechtsextremer Gewalttaten in den letzten beiden Jahren explodiert ist. Zugleich holt die AfD bei Landtagswahlen zweistellige Ergebnisse, im aktuellen ARD Deutschlandtrend liegt sie landesweit bei 14 Prozent.

Die Zahlen sind eindeutig: Laut Bundesamt für Verfassungsschutz wurden 2015 insgesamt fast 22.000 rechtsradikale Straftaten registriert, davon 1408 Gewalttaten wie Körperverletzung, Mordversuche und Terroranschläge auf Asylunterkünfte. Der Hass auf Geflüchtete hat zu einem Anstieg um mehr als 40 Prozent geführt.

Und auch im aktuellen Jahr sieht es nicht besser aus. Bis Oktober registrierte das BKA fast 800 Angriffe auf Asylunterkünfte, darunter "elf versuchte Tötungsdelikte", wie die Zeit berichtet. Der größte Teil dieser Taten findet in Ostdeutschland statt. Das geht aus dem Einheitsbericht 2016 der Bundesregierung hervor: Bezogen auf eine Million Einwohner kommt es in den ostdeutschen Bundesländern zu bis zu 59 ausländerfeindlichen bzw. rechtsextremistischen Straftaten - im Westen sind es rund zehn.

Das zeigt, wie wichtig das Zusammenleben unterschiedlicher Nationalitäten, Ethnien, Kulturen ist. Denn dort, wo große Vielfalt herrscht, sind rassistisch und rechtsextrem motivierte Gewalt gering, während in jenen Bundesländern, in denen der Ausländeranteil unter 3 Prozent liegt, Vorurteile und Hass gegen alles, was man gar nicht aus eigenem Erleben kennt, regelmäßig in Gewalt umschlagen. Auch das zeigen die Zahlen des Einheitsberichts:

Im Kontext der fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten ist bemerkenswert, dass die ostdeutschen Länder mit Ausnahme von Berlin nach wie vor durch sehr niedrige Ausländeranteile im Vergleich zu Westdeutschland geprägt sind. Dies belegt, dass fremdenfeindliche Gewalt nicht durch einen hohen Ausländeranteil bedingt ist.

Einheitsbericht 2016

Zudem, so heißt es im Bericht weiter, verschwimme die Trennung zwischen bürgerlichem Protest und rechtsextremer Agitation. Das heißt: Der Rechtsextremismus und die mit ihm einhergehende Gewaltbereitschaft fassen in bürgerlichen Kreisen Fuß, die bislang nicht als extremistisch aufgefallen sind. Die Autoren des Berichts schließen daraus:

Fremdenfeindliche Ressentiments und Einstellungen sind nicht nur im politischen rechtsextremistischen Lager und in rechtsextremen Parteien anzutreffen. Daher muss ihnen auf allen gesellschaftlichen Ebenen entschieden entgegengewirkt werden. Es gilt zu verhindern, dass sie Teil des gesellschaftlichen und politischen "Mainstreams" werden."

Einheitsbericht 2016

Pegida ist für diese verschwimmenden Grenzen ein Musterbeispiel. Und auch die AfD. Denn wie sich gezeigt hat, sind AfD-Wähler unter den Pegida-Demonstranten in der Mehrheit. Und die AfD duldet in ihren Reihen Akteure, die sich offen völkisch bis rechtsradikal äußern, die sich klar zu derartigem Gedankengut bekennen. Eine Abgrenzung gegen solche Positionen, wie sie in der AfD noch vor einer Weile betrieben wurde, kommt fast gar nicht mehr vor.

Daher ist es an der Zeit, die AfD als das zu bezeichnen, was sie ist: eine rechtsradikale Partei. Der Rechtspopulismus, wie ihn die CSU unter Horst Seehofer betreibt, hat dort längst ausgedient. Das gilt auch für Teile ihrer Wählerschaft, die sich zunehmend aus Ex-Wählern von NPD, Republikanern und anderen rechtsradikalen Parteien rekrutiert, wie eine DIW-Untersuchung im August 2016 ergab.

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