Plutonium-Engpass gefährdet Deep-Space-Missionen

Bild: NASA

In den USA schwindet Plutonium-238, die wichtigste Energiequelle für interplanetare Raumfahrt. US-Wissenschaftsjournalist warnt explizit vor den Folgen

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Raumsonden, die abseits der Marsbahn und außerhalb des äußeren Planetensystems operieren, benötigen eine von Sonnenlicht unabhängige Energiequelle. Um hier Abhilfe zu schaffen, nutzt die NASA seit Anfang der 1970er Jahre Radionuklidbatterien. In ihnen werden durch nukleare Zerfallsprozesse des Isotops Plutonium-238 (Pu-238) Wärme und Energie erzeugt. Doch seitdem die USA vor mehr als drei Dekaden die Produktion dieses Radioisotops einstellte, reicht der gegenwärtige Vorrat an Pu-238 nur noch für wenige ambitionierte Missionen. Für einen US-Wissenschaftsjournalisten ist die Situation höchst dramatisch. In der Zeitschrift Wired forderte er das US-Energieministerium und die NASA auf, endlich zu handeln. Ansonsten droht vielen angedachten Deep-Space-Missionen das vorzeitige Ende.

Irgendwo in den Tiefen und Weiten des kosmischen Ozeans, mehr als 19 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt, driftet der erfolgreichste irdische Roboter einsam und ohne jeglichen Kontakt zum Heimathafen unaufhaltsam einem unbekannten astralen Ufer entgegen. Sein solares System hat er inzwischen verlassen. Von seiner Heimat zeugt nur noch ein kleiner, kaum wahrnehmbarer Punkt, der sich zusehends in Nichts auflöst. Jeder von dem Raumgefährt abgesandte, mit Lichtgeschwindigkeit emittierte Funkimpuls benötigt derweil 17 Stunden, um von irdischen Antennen und Radioschüsseln in Empfang genommen zu werden.

Beispiel Voyager 1

Seitdem die Voyager-1-Mission am 5. September 1977 in Cape Canaveral (Florida) ihren Anfang nahm, verliert sich die Raumsonde mit einer Geschwindigkeit von 17,4 Kilometern in der Sekunde immer tiefer in die intergalaktische Unendlichkeit und kann mit dem Guinness-verdächtigen Rekord punkten, das am weiteste von der Erde entfernte, von Menschenhand geschaffene Objekt im Universum zu sein.

Am meisten gefordert wurde die nur 23 Watt sendestarke und 3,7 metergroße Parabolantenne der Sonde, als sie beim Vorbeiflug an den Planeten Jupiter (1979) und Saturn (1980) große Datenmengen zur Erde funkte, deren Auswertung noch andauert. Noch heute dokumentieren zehntausende hochwertige Farbfotos - wie etwa die faszinierenden Aufnahmen vom Jupitermond Io -, dass Voyager 1 seiner Mission mehr als gerecht wurde und weiterhin gerecht wird. Schließlich lancierte die NASA unlängst die Meldung, dass Voyager 1 als erste Sonde das Sonnensystem verlassen hat und sich somit im interstellaren Raum befindet. Obwohl sie fernab der Sonne treibt, spenden drei spezielle Batterien noch bis zum Jahr 2025 Energie, so die US-Raumfahrtbehörde in ihrer werbewirksamen Pressemeldung (Voyager 1 soll den Schritt aus unserem Sonnensystem gemacht haben).

Voyager 1 aus der Sicht eines Künstlers. Bild: NASA/JPL

Die Malaise der NASA

Dass die NASA die Kunde vom Status quo und der Leistungsfähigkeit ihres hochbetagten Veteranen jüngst so gezielt verbreitete, hat fraglos auch eine pekuniäre Dimension, muss doch die Raumfahrtbehörde hausinterne Erfolge möglichst gut verkaufen, um die Finanzierung weiterer Missionen zu rechtfertigen und zu garantieren - insbesondere mit Blick auf künftige Langzeitmissionen, die jenseits der Marsbahn operieren.

Schließlich entscheidet die Effizienz der Energieversorgung bei Expeditionen, die zu den äußeren Planeten oder Monden führen, über Erfolg oder Misserfolg. Und genau hier liegt das große Problem, mit dem NASA schon seit einigen Jahren hadert. Auf den Punkt gebracht lässt sich die Malaise auf eine kurze Formel bringen: Der NASA geht der Treibstoff aus, zumindest mit Blick auf Langzeitmissionen jenseits der Marsbahn, weil der Stoff, der Voyager und Co. so lange am Leben hält, weltweit immer rarer wird und ein wichtiger Zulieferer nicht mehr liefern kann oder will.

Wie effektiv unbemannte Roboter in der Ferne operieren beweist dieses von Voyager 1 im Jahr 1979 geschossene Foto vom Jupitermond Io, auf dem vulkanische Aktivität registriert werden konnte. Bild: NASA/JPL