Alles unter Kontrolle verkündet der japanische Regierungschef erneut

Wassertanks auf dem Gelände von Fukushima 1. Bild: Tepco

Nach einer Schätzung wird der Staat die Schulden, die er für Tepco bis jetzt eingehen musste, 31 Jahre lang abzahlen müssen

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Im havarierten AKW Fukushima 1 gibt es weiterhin Problem emit dem sich ansammelnden radioaktiv verseuchten Wasser. Mehrmals sind schon Tonnen aus maroden Tanks ausgetreten, weiterhin vermischt sich unter dem AKW zum Meer fließendes Grundwasser mit belastetem Wasser aus den Reaktorgebäuden, bei dreien war es zu einer Kernschmelze gekommen. Es lagern aber auch noch Tausende Brennstäbe in den Abklingbecken und müssen wie die Reaktoren gekühlt werden.

Regierungschef Shinzo Abe am 19. September im AKW Fukushima. Bild: Tepco

Regierungschef Shinzo Abe verkündete gestern, dass nun das gesamte Problem des kontaminierten Wassers "unter Kontrolle" sei. Die Regierung werde sich weiterhin der Bewältigung widmen und sie dem überforderten Betreiber Tepco nicht überlassen, sagte Abe vor dem Parlament auf eine Frage von Banri Kaieda, des Führers der oppositionellen Demokratischen Partei.

Schon letzten Monat hatte Abe in Argentinien während der Bewerbung für die Olympischen Spiele gesagt, man habe das Problem völlig im Griff (Alles unter Kontrolle). Vermutlich war dies auch mit entscheidend dafür, die Konkurrengten Madrid und Istanbul auszustechen und die Spiele nach Tokio zu holen. Allerdings war deutlich, dass Abe schwindelte, weil gleichzeitig wieder Lecks bekannt wurden (Fukushima: Kontaminiertes Wasser nicht unter Kontrolle). Auch jetzt dürfte Skepsis angesagt sein. Kaieda mahnte denn auch Abe, mit Bewertungen zum Zustand des AKW vorsichtiger zu sein.

So wurden erst gestern 40 Tonnen leicht radioaktives Regenwasser, das sich hinter den Schutzwällen angesammelt hat, abgelassen. Angeblich habe die radioaktive Belastung unter den Grenzwerten gelegen. Zunächst sollte es in einen Tank gepumpt werden, aber das Wasser stieg so schnell, dass man es in einer "Notmaßnahme" ins Meer abfließen ließ. So also sieht die totale Kontrolle aus.

Die 5 Billionen Yen (37,5 Milliarden Euro), die Tepco vermutlich bis Ende des Jahres aufnehmen muss und für die die Steuerzahler gerade stehen, wird der Staat 31 Jahre lang abzahlen müssen, so der Board of Audit, der japanische Rechnungshof. Die Zinsen, die bis 2044 zu zahlen sind, sollen fast 80 Milliarden Yen (600 Millionen Euro) betragen. Es ist die erste Schätzung, wie lange es dauern wird, bis die Regierung die Schulden abbezahlt hat, die bislang durch die Tepco-Rettung entstanden sind.

Letztes Jahr war das bankrotte Unternehmen Tepco unter Staatskontrolle gekommen, nachdem zunächst eine Billion Yen an Nothilfe in dieses flossen. Weitere 3 Billionen Yen, das meiste wurde an die Geschädigten der Nuklearkatastrophe ausbezahlt, stammen aus dem Nuclear Damage Liability Facilitation Fund, die der japanische Staat mit Zinsen zurückzahlen muss. Aus dem Fonds können bis zu 5 Billionen Yen geliehen werden, es ist unklar, ob dies reichen, also die Schuldenlast noch höher steigen wird.

Der Staat zieht Gelder von den 11 japanischen Energieunternehmen ein, die Atomkraftwerke betreiben. Tepco muss überdies Sonderzahlungen leisten, wenn die Finanzen wieder in Ordnung gekommen sind, was zumindest lange dauern wird. Wenn Tepco die jährliche Rate und die Sonderzahlung zahlen kann, würde sich die Rückzahlungszeit auf 14 Jahre verkürzen. Da Tepco aus Sicherheitsgründen nicht wie geplant die Reaktoren im AKW Kashiwazaki-Kariwa anfahren kann, entstehen jedoch neue Kosten durch den Verbrauch von Öl zur Stromerzeugung. Durch den Ausfall der Atomenergie sind die Stromkosten allgemein angestiegen,