Kalter Wirtschaftskrieg

Iran: Die Sanktionen haben das Land schwer getroffen

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Der Gesprächsauftakt zwischen der iranischen Delegation und den westlichen Unterhändlern in Genf verlief gut und gab, wie die israelische Reaktion signalisiert, zu Erwartungen Anlass, dass die Sanktionen gegen Iran künftig gelockert werden. Vonseiten der israelischen Regierung wurde vor einem voreiligen Schritt gewarnt. Indessen stellen Ölhändler bereits Überlegungen darüber an, ob der Preis für das Barrel Brent unter 100 Dollar fällt, wenn Irans Öl wieder auf den offiziellen Markt kommt.

Gemach, gemach lassen die USA verlauten. Aus dem Finanzministerium (Department of the Treasury) heißt es, dass Gespräche über Lockerungen voreilig seien. Dass die Gespräche zwischen Iran und den 5+1 wiederaufgenommen wurden, sei den Sanktionen zu verdanken, so Finanzminister Jacob Lew:

I think the sanctions are working.

Die Logik, wonach Iran nur wegen der Sanktionen bereit war zu verhandeln, ist umstritten, zeigten doch Rohani und sein Außenminister Mohammad-Javad Zarif schon sehr viel früher in ihrer politischen Laufbahn, schon vor den Sanktionen, deutliche Bereitschaft für Verhandlungen (vgl. "Kein Nullsummenspiel mehr"). Zu diskutieren wäre auch der Gedanke, ob die USA und in ihrem Gefolge die europäischen Partner Iran wirtschaftlich außerordentlich schwächen wollten, um bei Verhandlungen eine möglichst mächtige Position zu haben. Die Sanktionen haben das Land schwer getroffen, das steht fest.

Dass es sich um "smarte Sanktionen" handelt, womit die US-Regierung die "härtesten Sanktionen der Geschichte" (Obama) rechtfertigte, weil sie doch nur diejenigen treffen sollten, die politisch für die verdächtigte nukleare Aufrüstung, das Bedrohungsgefühl, Schüren der Konfrontation usw. verantwortlich sein sollen, Regierungsmitglieder, Elite und insbesondere die Revolutionären Garden - nicht aber, zumindest nicht in dieser Härte, die Bevölkerung, so die offiziell im Westen verbreitete Botschaft zu den Sanktionen.

Berichte über die Verhältnisse in Iran nach Jahren der Sanktionen widersprechen dem. Die Revolutionäre Garden und andere Eliten, die in der Wirtschaft Hebel und Macht haben und gut vernetzt sind, hatten dadurch die sehr viel besseren Möglichkeiten, mit den Handelsbeschränkungen -und verboten umzugehen. Der Mittelstand und die ärmeren Teile der Bevölkerung nicht, wie sich dies in einem Bericht des amerikanischen Magazins Foreign Policy in einem größeren Überblick nachlesen läßt.

Demnach führten die Sanktionen faktisch dazu, dass Handel und Geschäfte mit Iran nicht nur im Energie-oder Banksektor, die ja nicht gerade unbedeutend sind, sondern auf großer Linie unterbunden werden. Allein beim Herunterscrollen der Liste der UN-Sanktionen zeigt sich weites Spektrum. Dazu kommen geschäftliche Verhaltensweisen, die sich etabliert haben. So gilt von den Vereingten Staaten aus gesehen der Grundsatz:

If you do business in Iran, you won't do business in the United States.

Kein Geld, keine Medikamente

Iraner können kein Geld an Familienmitglieder in Iran überweisen, berichtet Joy Gordon. Keine Bank weder in den USA noch in Europa würde noch solche Geschäfte tätigen, man müsse schon mit Bargeld selbst ins Land fahren. Laut Leo Schmitt und Shayan Arkian von Irananders.de wird das alltägliche Bankgeschäft erheblich blockiert; Konten werden gekündigt oder können gar nicht eröffnet werden, aber auch Kontoinhabern ist manches versperrt:

Nach Recherchen von Irananders können selbst diejenigen, die ein Konto besitzen, keine Spendengelder an Verwandten oder humanitären Organisationen in Iran tätigen, wie etwa im letzten August nach dem Erdbeben bei Täbris (obwohl die USA zu diesem Anlass bestimmte Sanktionen einfror). Hintergrund sind hier nicht nur Regierungsentscheidungen, sondern auch Kampagnen gegen Firmen und Finanzdienstleister, seitens solcher Organisationen wie "Stop the Bomb" oder "United Against Nuclear Iran".

Das gesamte Iran-Geschäft sei mit einem Makel behaftet, wird der Leiter des Firmenkundengeschäfts der Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIH) Mitte Oktober von der taz zitiert. Zwei Drittel der Mitarbeiter seien bereits entlassen, "seit das Geldhaus 2011 von der EU im Rahmen der verschärften Sanktionen gegen den Iran gelistet wurde. Schlimmer konnte es kaum kommen". Man müsse das Geld für Verwandte in bar über die Grenze bringen, heißt es im Foreign-Policy-Bericht, wo angedeutet wird, dass sich für viele Bereiche ein Grau- oder Schwarzmarkt entwickelt hat.

Ganz schlimm steht es demnach bei der Versorgung mit Medikamenten gegen AIDS oder Krebs, die von westlichen Pharmazieunternehmen hergestellt werden: "Der Handel ist nun aus Notwendigkeit in schwere Abhängigkeit vom internationalen kriminellen Netzwerk geraten, damit er überhaupt funktioniert". Das amerikanische Finanzministerium habe Geldstrafen für Firmen wie Sandhill Scientific Inc. oder Brasseler ausgesprochen, weil sie nur kleine Mengen an medizinischen Hilfsmittel an Iran verkauft haben. Diese Strafen für Arznei bzw. Instrumente oder medizinische Hilfsgüter, für dies es eigentlich Ausnahmegenehmigungen im Sinne der humanitären Hilfe geben müsste, da sie auch nichts mit dem Nuklearprogramm zu tun haben, bewegen sich noch in Summen unterhalb der 10.000 Dollar-Marke.

Strafen für Banken und Gasexporteure

Anders bei den Banken: Die britische Bank Barclay musste laut Angaben des Autors Joy Gordon 176 Millionen Dollar Strafe bezahlen, weil sie nach Auffassung des US-Finanzministeriums gegen die Sanktionen verstoßen hat; die niederländische ING musste dafür gar 619 Millionen Dollar bezahlen. Das wurde von der Geschäftswelt beachtet. Umso mehr als sich Vertreter des Treasury insgesamt mit Vertretern von 145 Banken aus 60 Ländern trafen, um darauf zu drängen, Geschäfte mit Iran zu kappen.

Das macht sich in großen Bereichen des Handels bemerkbar. Die Einfuhr von Gas in Iran wurde empfindlich gedrosselt, große Unternehmen wie Shell, Total oder Lukoil beugten sich dem Druck und stoppten den Export in Iran, andere Unternehmen wurden bestraft, wenn sie versuchten, Benzin nach Iran zu liefern (Einfügung: Irrtümlicherweise stand hier zuvor "Gas". Aufgrund begrenzter Raffineriekapazitäten, muss das ölreiche Iran Benzin importieren, was durch Sanktionen stark behindert wird. Den Import haben denn auch die Garden durch "schwarze Kanäle" mehr oder weniger monopolisiert).

Those that don't often find face problems from the United States, such as firms from China, Singapore, and the United Arab Emirates, the U.S. administration penalized in January 2012 for selling gasoline to Iran. For other countries that might still consider selling gasoline to Iran, it will be hard to find a way to transport it; the United States has penalized shipping companies from Monaco, Singapore, and Venezuela for transporting gasoline to Iran.

Dass der Ölexport aus Iran sanktioniert wurde ist bekannt, auch dass damit ist ein wesentlicher Wirtschaftsbereich Irans getroffen ist, aber auch die Ein-und Ausfuhr von anderen Handelsgütern für die Weiterverarbeitung oder den Verbrauch wurde stark beschränkt, so dass Zulieferer z.B. die große dänische Containerschiffsreederei Maerk nach Sanktionen der USA im Jahr 2011 die drei größten iranischen Häfen nicht mehr beliefert.

Betroffen von dem weiträumigen Embargo sind unter anderem auch Stahllieferungen und andere Rohmaterialien. Dass Hyundai und Peugeot aus Iran aussteigen, dürfte eine Folge der einschneidenden Handelsbeschränkungen sein.

Der Handel sei im freien Fall, heißt es im Bericht des US-Magazins. Die hohe Inflation mache Nahrungsmittel zu Luxusgütern, auch die Kosten für die Schulausbildung seien immens gestiegen, der Arbeitsmarkt angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sehr schwierig. Am besten kommen anscheinend diejenigen Kräfte mit den Sanktionen zurecht, auf die sie eigentlich abzielen.

Heute wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was einst der vorgebliche Grund für die Sanktionen war. Einerseits schadet man in erster Linie der Mittelschicht, die am ehesten für Veränderungen und Demokratisierung eintreten dürfte. Weiterhin verleihen die Sanktionen der staatlichen Wirtschaft gegenüber der Privatwirtschaft einen Vorteil.

Diese Kräfte kontrollieren unter anderem die landeseigenen Rohstoffe, die wichtigsten Industriezweige und einen Großteil des Exports. Sie sind logistisch und finanziell eher in der Lage, die Wirkungen der Sanktionen abzuschwächen und diese auszumanövrieren, als die in der Entwicklung stehende Industrie- und Handelsgewerbe der Privatwirtschaft.Irananders