Bitte kein Halalfleisch

Metzgereien stellen sich auf mehr Muslime in der Kundschaft ein und bieten zunehmend Fleisch von geschächteten Tieren an. Nicht alle sind davon begeistert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Schächten" ist das rituelle Schlachten eines Tieres, wie es im Judentum und im Islam praktiziert wird. Wichtig dabei ist, dass das eigentliche Töten des Tieres ohne vorherige Betäubung geschieht. Für strenggläubige Juden und Muslime ist es essenziell zu wissen, dass das Fleisch, welches sie essen, von geschächteten Tieren stammt. Bei Muslimen gibt es dafür den Begriff "halal" (erlaubt). In letzter Zeit entdecken europäische Metzgereien wie auch die fleischverarbeitende Industrie die Kaufkraft dieser Bevölkerungsgruppe. Das Ergebnis sind Produkte, die mit Halalfleisch als Bestandteil beworben werden. Dies stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung.

Die österreichische Supermarktkette "Merkur" beispielsweise erntete scharfe Kritik, als sie Halalprodukte in ihr Angebot aufnahm. "Die Tiere werden unter strengster Einhaltung sämtlicher tierschutzrechtlicher Bestimmungen vor dem Entblutestich betäubt", versuchte Merkur die Wogen zu glätten.

Das österreichische Tierschutzgesetz erlaubt bei Halalfleischtieren, dass der Schnitt zum Blutablassen selbst ohne vorherige Betäubung erfolgt, wenn diese gleich darauf geschieht. Dass von Merkur vertriebenes Halalfleisch trotz der Betäubung vor dem Entblutestich als "halal" gelten soll, erscheint trotz der Mitwirkung eines "zertifizierten Vertreter der [islamischen] Glaubensgemeinschaft" bei der Schlachtung merkwürdig.

Schächtung eines Huhns. Foto: Yofial. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Die neue Rechtsprechung in Deutschland verbietet das Schächten zwar generell, lässt aber Ausnahmen zu, wenn Metzger das Fleisch an Menschen verkaufen, denen das Essen von anders geschlachtetem Fleisch aus religiösen Prinzipien heraus nicht erlaubt ist. Sie ersetzt eine frühere Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes, die mehr oder minder besagte: "Wenn religiöse Menschen auch vegetarisch leben können, gibt es keinen Grund, hier das Schächten zu erlauben." Erwähnt sei hier noch, dass z. B. schuppiger Fisch sowie Garnelen automatisch als "halal" gelten, insofern also durchaus Tiere verzehrt werden dürften.

Die Ausnahme von den Tierschutzregeln

Das Schächten wird seit Langem von vielen abgelehnt. Während die hygienischen und gesundheitlichen bisher nicht wirklich wissenschaftlich belegbar sind, so sind die Tierschutzargumente nicht von der Hand zu weisen.

Es hat lange gedauert, bis es verbindliche Regeln dafür gab, wie Tiere für die Fleischgewinnung auf möglichst schmerzlose Weise zu töten sind und welche Art der Betäubung dafür notwendig ist. Das Schächten unterläuft diese Tierschutzregeln. Vielfach wird behauptet, dass Tierschutzaspekte jenen, die Fleisch verzehren, per se nicht wichtig sein können. Die Debatte wurde als scheinheilig abgetan und abgewürgt. Doch auch, wenn es für manche schizophren klingt, so steht nicht jeder, der Fleisch verzehrt, der Behandlung des Tieres vor bzw. während der Tötung gleichgültig gegenüber. Es daher durchaus legitim, die Widersprüche zwischen dem Tierschütz und der Schächtung anzusprechen. Dass es Fleischkonsumenten nicht zwangsläufig egal ist, wie ein Tier lebt und stirbt, zeigt auch die Nachfrage nach Biofleisch.

Erstickte Argumente

Zu den Stimmen, die sich aus Tierschutzgründen gegen das Schächten aussprechen, gehören auch jene, die in der Zunahme von Halalprodukten einen Beleg für eine schleichende Islamisierung sehen (wobei hier ausgeblendet wird, dass es auch Menschen jüdischen Glaubens gibt, die geschächtetes Fleisch kaufen). Sie argumentieren, dass hier grundlegende Regeln eines Staates wie der Tierschutz, die erst langwierig erstritten werden mussten, einfach ausgehöhlt bzw. ad absurdum geführt werden, was mit religiösen Traditionen begründet wird. Diese Traditionen, so die Kritiker, sind jedoch alt bzw. umstritten - und wie andere religiöse Traditionen auch könnten sie entweder völlig gestrichen oder aber angepasst werden.

Doch diese durchaus berechtigten Fragen bzw. Anregungen werden oft bereits im Vorfeld mit dem Scheinargument "Religionsfeindlichkeit" bzw. "Antislamismus" oder "Antisemitismus" aus der Diskussion ausgeblendet. Die sie vortragenden Menschen werden so automatisch mit einem Stigma versehen, das nur, vermieden bzw. wieder gelöscht werden kann, indem die entsprechenden Fragen nicht mehr gestellt werden. Dies ist letztendlich ein kontraproduktives Verhalten, da sich nicht einfach negieren lässt, dass sich religiöse Traditionen auch ändern können und Schächten nun einmal eine Ausnahme vom Tierschutzgesetz darstellt (weshalb hier die Tradition über den Tierschutz gestellt wird).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.