Selbst Schuld: Angela Merkel ist mitverantwortlich für das Ausspähen ihres Handys

Die Kanzlerin hat versäumt, die Republik und zudem die eigene Bundesregierung vor Spionage zu schützen, ihr Amtseid ist damit grob verletzt

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Auf einmal ist die Empörung bei der Bundesregierung über die Schnüffelei des NSA ganz groß. Immerhin hatte der für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), der auch für die Geheimdienste zuständig ist, die NSA-Affäre bereits für beendet erklärt und damit Hohn und Spott auf sich gezogen. Doch als bekannt wurde, dass nicht nur der gemeine Bundesbürger, sondern auch das Mobiltelefon der Kanzlerin vom US-amerikanischen Geheimdienst überwacht wurde, rief Merkel umgehend bei Präsident Barack Obama an, um ihm zu erklären, dass sie es "unmissverständlich missbilligt" und für "völlig inakzeptabel ansieht", dass auch sie Opfer des großen Lauschangriffs des treuen Freundes USA geworden ist.

Noch ist es nicht lange her, da erklärte Innenminister Hans-Peter Friedrich, die Kritiker der NSA-Spionage handelten aus einer Mischung aus Anti-Amerikanismus und Naivität, die ihm "gewaltig auf den Senkel" gehe. So ändern sich die Zeiten.

Dabei wird deutlich: die Bundesregierung, allen voran die Bundeskanzlerin, die bis vor kurzem noch versucht haben die Enthüllungen von Edward Snowden unter den Teppich zu kehren, hat versagt. Immerhin müssen die Bundeskanzlerin sowie ihre Minister bei der Amtsübernahme schwören, dass sie ihre "Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen" werden. Diese Pflichten sollen laut dem Schwur "gewissenhaft erfüllt" werden.

Doch nun zeigt sich: Auch mit dem Schutz der eigenen Kommunikation ist es bei der Kanzlerin nicht weit her. Denn abgehört wurde nicht etwa ihr Regierungstelefon, sondern ein altes Nokia, welches vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ausdrücklich nicht als abhörsicher eingestuft und damit für dienstliche Zwecke eigentlich tabu ist. Merkel nutzt es vor allem als Parteihandy, mit dem sie ihre Aufgaben als CDU-Chefin wahrnimmt. Doch wenn man wie Angela Merkel Kanzlerin und Parteichefin in Personalunion ist und zudem eine Reihe von Ministern Parteifreunde sind, dürfte es schwer sein, beide Rollen so strikt auseinander zu halten, wie das dem Amt der Bundeskanzlerin angemessen wäre. Zudem ist die Nutzung von eigenen Geräten für jeden, der Zugang zu geheimen Verschlusssachen hat, eigentlich verboten. Die Kanzlerin trifft also eine erhebliche Mitschuld an dem aktuellen Skandal. Es zeigt sich, dass sie Datenschutz und Fernmeldegeheimnis nicht ernst nimmt – und das sogar in ihrer Amtsführung.

Kritik hat Merkel deswegen trotzdem nicht zu befürchten. Die Partei steht nach der gewonnenen Wahl hinter ihr. Und auch die SPD nutzt nicht die Möglichkeit, die Kanzlerin zur Rede zu stellen. Immerhin lockt die Große Koalition, da möchte man es sich mit dem künftigen Partner nicht verscherzen. So erklärte Thomas Oppermann (SPD) gestern in den Tagesthemen: "Ich finde auch mit nicht zugelassenen Handys muss man so kommunizieren können, und auch da würde ich sagen, haben die Amerikaner kein Recht, diese Schwäche vielleicht in der Kommunikationsstruktur der Kanzlerin auszunutzen."

Dabei ist die Kanzlerin offenbar nicht das einzige Mitglied der Bundesregierung, das um die abhörsicheren Diensttelefone einen großen Bogen macht. So sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler laut FAZ im Mai: "Jeder weiß, dass wir unsere privaten Telefone benutzen, obwohl es verboten ist." Dass Kanzlerin und Minister nicht davon ausgehen konnten, von den befreundeten USA belauscht zu werden, ist dabei eine schwache Ausrede. Immerhin warnte die Bundesregierung höchstselbst vor Spionage aus China und Russland – und von Peking und Moskau wird Berlin sicher nicht erwarten, dass "Schwächen" in der "Kommunikationsstruktur" der Bundesregierung höflich übersehen werden.

Die Kanzlerin hat versäumt, die Republik und zudem die eigene Bundesregierung vor Spionage zu schützen, ihr Amtseid ist damit grob verletzt. Es wäre daher an der Zeit für sie, zurückzutreten – trotz gewonnener Wahl. Auf ihr Image als sich stets kümmernde Mutter der Nation kann sie sich ohnehin nicht mehr verlassen – schließlich hat sie es sogar versäumt, sich um ihr eigenes Mobiltelefon zu kümmern.