VG Wort will sich illegale Ausschüttung an Verlage von Großer Koalition genehmigen lassen

Nach einer zweiten Niederlage vor Gericht zieht die Verwertungsgesellschaft vor den BGH und hofft, dass sich das Problem bis zu einem Urteil dort auf andere Weise erledigt

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Die Verwertungsgesellschaft Wort und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wollen von Union und SPD eine Legalisierung ihrer vor Gericht bereits zweimal für rechtswidrig erklärten Ausschüttung von für Autoren eingezogenen Abgaben an Verlage und Berufsverbände erwirken. Konkreter Anlass für diese Aufforderung sind weniger die Koalitionsverhandlungen als ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 17. Oktober (Az. 6 U 2492/12).

Dort heißt es in bemerkenswerter Deutlichkeit, dass auch für Wahrnehmungsverträge der Verwertungsgesellschaften die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und insbesondere die zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) gelten. Außerdem, so das Oberlandesgericht, benachteiligen die zum Teil unwirksamen Verteilungspläne und Satzungsregeln der VG Wort durch die Ausschüttung von 30 bis 50 Prozent der Einnahmen an Unberechtigte, die selbst nicht schöpferisch, sondern nur als Verwerter oder "Interessenvertreter" tätig sind, nicht nur Autoren "unangemessen", sondern verstoßen auch gegen den Treuhandgrundsatz und gegen "wesentliche Grundgedanken urheberrechtlicher Bestimmungen".

Letzteres ist insofern bemerkenswert, als die VG Wort unlängst viel Geld für eine Kampagne für mehr Urheberschutz aufwendete: "Wir geben 8 aufs Wort." Nun steht sie selbst als Mega-Rechtsverletzer da, dem vor Gericht wenig einfiel als sich darauf zu berufen, dass die Ausschüttung an unberechtigte Verwerter "historisch gewachsen" sei und deshalb doch bitteschön beibehalten werden sollte. "Diese Rechtsauffassung" - so der trockene Kommentar der Richter dazu - "findet im Urhebergesetz keine Grundlage."

Dass die Aufforderung an die Politik tatsächlich dazu führt, dass die nächste Regierung die Ausschüttungspraxis der VG Wort legalisiert, ist angesichts diverser personeller und Interessensvernetzungen durchaus nicht unwahrscheinlich. Darüber darf man allerdings nicht alles schreiben, weil ein bekannter institutioneller Akteur bereits mit rechtlichen Schritten gedroht hat. So vermeidet man negative Presse, die den Gesetzgeber daran hindern könnte, eine gewünschte Vorschrift zu erlassen. Bis dahin sieht es so aus, dass die VG Wort mit dem Geld der potenziell geschädigten Autoren vor den Bundesgerichtshof (BGH) zieht und weiter wie gehabt an 10.000 Verlage und "Interessenvertreter" ausschüttet. Bis am BGH über den Fall entschieden ist, kann es viele Jahre dauern.

Autoren verlieren in dieser Zeit Geld, das ihnen eigentlich zusteht, weil die Verjährungsfrist für solche Ansprüche für alle Anspruchsberechtigten außer dem Kläger Dr. Martin Vogel trotz der beiden Urteile bei lediglich drei Jahren liegt. Wer die Ansprüche nicht verfallen lassen will, der muss der VG Wort jedes Jahr bis spätestens 31. Dezember einen Mahnbescheid zustellen, in dem er die an ihn ausgezahlte Summe noch einmal fordert. Da dies wenig bekannt ist und eine finanzielle Vorleistung erfordert, machen bislang nur sehr wenige der insgesamt etwa 400.000 bei der Verwertungsgesellschaft gemeldeten Ausschüttungsberechtigten davon Gebrauch.

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