Auch Kaffeemaschinen von EU-Regulierung betroffen

Paradox: Höhere Effizienzanforderungen führen häufig zu mehr Gesamtverbrauch

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Die Begrenzung des Strombedarfs bei Staubsaugern ab September 2014 hat vor allem in Deutschland gewaltig Staub aufgewirbelt. Dabei hat die EU nicht nur bei Glühbirnen und Staubsaugern Grenzwerte formuliert, die ein Verkaufsverbot für Produkte bedeuten, die diese Grenzwerte nicht einhalten: Solche Grenzwerte gelten ab dem 1. Januar 2015 auch für Geräte zur Kaffeezubereitung für den nicht gewerblichen Gebrauch - also für Haushaltskaffeemaschinen.

Wer jetzt befürchtet, dass er in der Zelebration des Kaffeekochens durch die Brüsseler Institutionen beeinträchtigt würde, kann sich schon mal entspannen. Auch Kaffee wird nicht so heiß getrunken, wie er gekocht wird. Und so fällt die in der Verordnung 801/2013 veröffentliche Regulierung für die Abschaltzeiten von Kaffeemaschinen dann doch etwas lau aus:

Für Filtermaschinen, bei denen der Kaffee in einem isolierten Behälter aufbewahrt wird, gilt eine Wartezeit von höchstens fünf Minuten nach Abschluss des letzten Brühzyklus. Für Filtermaschinen, bei denen der Kaffee in einem nicht isolierten Behälter aufbewahrt wird, gilt eine Wartezeit von höchstens 40 Minuten nach Abschluss des letzten Brühzyklus. Für den Entkalkungs- oder Selbstreinigungsvorgang dieser Maschinen ist die Wartefrist auf 30 Minuten nach Abschluss dieses Vorgangs limitiert. Und die Verbrauchsminimierungsfunktion, die das Gerät in den Bereitschafts-, Aus- oder einen anderen Zustand versetzt, bei dem der geltende Verbrauchsgrenzwert nicht überschritten wird, muss vor Auslieferung des Geräts aktiviert werden.

Elektrischer Pump-Perkolator von AEG um 1930. Foto: Christos Vittoratos. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Nun gibt es inzwischen neben den klassischen Filterkaffeemaschinen zahlreiche weitere Systeme wie Pad- oder Kapselmaschinen sowie Vollautomaten, die über ein eigenes Mahlwerk für die Kaffeebohnen verfügen. Für all diese Maschinen gilt eine Wartezeit von höchstens 30 Minuten nach Abschluss des letzten Brühzyklus, von höchstens 30 Minuten nach Aktivierung des Heizelements, von höchstens 60 Minuten nach Aktivierung der Tassenvorwärmfunktion und (wie bei den Filtermaschinen) von höchstens 30 Minuten nach Abschluss eines Entkalkungs- oder Selbstreinigungsvorgangs. Da es sich bei diesen Geräten um teilweise durchaus komplexe Systeme handelt, die ab und an auch Fehlfunktionen an den Tag legen, gelten die Abschaltfristen natürlich nicht, wenn ein Alarm ausgelöst wurde, der ein Eingreifen des Nutzers erfordert, um Schäden oder einen Unfall zu verhindern.

Man erhofft sich mit diesen Begrenzungen bis zum Jahr 2020 Energieeinsparungen von mehr als 2 TWh pro Jahr.

Bei den in der Verordnung angegeben Abschaltzeiten handelt es sich um die voreingestellte Wartezeit, nach der das Gerät automatisch in den Bereitschafts-/Aus-Zustand versetzt wird. Der Nutzer kann diese Einstellungen nach eigenem Befinden ändern oder sogar deaktivieren. Nicht alle Stakeholder sind jedoch mit dieser Interpretation der Passage in der Verordnung einverstanden.

Die Autoren der Verordnung hoffen offensichtlich, dass die Nutzer sich an die im Werk eingestellten Zeiten halten. Vielleicht hilft da doch der oft geforderte gesunde Menschenverstand: Wer seinen frisch gebrühten Kaffee länger als eine halbe Stunde auf einer Warmhalteplatte quält, hat keinen Kaffee mehr, sondern eine mehr oder weniger warme Plörre undefinierbaren Geschmacks.

Mehr Effizienz - und mehr Gesamtverbrauch

Wer jetzt abgesehen von den Kaffeemaschinen, den Glühbirnen und den Staubsaugern keine andere EU-Verordnung im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie wahrgenommen hat, wird verwundert feststellen, dass inzwischen etwa 20 Produktgruppen im Haus- und Haushaltsbereich von der EU reguliert wurden. Dazu kommen noch Verordnungen in sogenannten Querschnittsbereichen wie externe Netzteile, Standby sowie Netzwerk-Standby.

Nicht immer war der Erfolg der Verordnungen ohne weniger erfreuliche Nebenwirkungen. Seit einiger Zeit lässt sich bei verschiedenen Produktgruppen ein sogenannter Rebound-Effekt feststellen. So wurden die Fernsehgeräte in den letzten Jahren aufgrund der Umstellung von Röhrengeräten auf Flachbildschirme immer effizienter. Die neuen Modelle fallen jedoch immer größer aus. Aufgrund der vorgeschriebenen Methodik für die Einstufung in die jeweiligen Effizienzklassen benötigen größere TV-Geräte trotz besserer Einstufung daher mehr Strom als kleinere Geräte.

Auch bei Waschmaschinen geht die Entwicklung zu immer größeren Geräten, obwohl die Zahl der kleinen Haushalte eher zunimmt. Wer eine 8-kg-Maschine nur zur Hälfte füllt, spart bei automatischer Beladerkennung gerade einmal 20% der benötigten Energie ein. 4-kg-Maschinen sind jedoch weitgehend vom Markt verschwunden. Wer den Temperaturregler, ganz umweltfreundlich auf die eco60°-Marke einstellt, muss gewahr sein, dass dies möglicherweise in der Praxis nur eine Waschtemperatur von 44°C bedeutet.

Ähnliche - von manchen Beobachtern als Fehlentwicklungen bezeichnete - Tendenzen gibt es auch bei Kühlschränken. Sie bekommen für Zusatzfunktionen wie ***-Fach bei gleicher Effizienzklasse einen höheren Verbrauch erlaubt. Und die Tatsache, dass aus systematischen Gründen immer nur der Neuzustand der Geräte berücksichtigt wurde, führt gerade bei Kühlschränken dazu, dass üblicherweise ein Polystyrolschaum eingesetzt wird, der zwar leicht und preisgünstig ist, aber zügig altert. Eine degradierte Dämmung des Kühlschranks sorgt jedoch für einen höheren Stromverbrauch. Entsprechende Messgeräte oder Sensoren sind heute schon verfügbar. Sie machen freilich nur dann Sinn, wenn der Nutzer auch mehr Möglichkeiten hätte, als lediglich einen neuen Kühlschrank zu kaufen. Alterungsstabilere oder austauschbare Dämmmaterialien könnten hier für eine kundenfreundliche Lösung sorgen.

Wer sich jetzt an den ganzen Verordnungen im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie stört, sollte sich darüber im Klaren sein, dass er sich im Rahmen der Vorbereitungsstudien problemlos hätte als Stakeholder registrieren lassen und seine Vorstellungen in die Fachdiskussion hätte einbringen können. Zudem erfolgt etwa vier Jahre nach der Veröffentlichung einer Verordnung üblicherweise eine Revision derselben.

Welche Vorbereitungsstudien aktuell durchgeführt werden und welchen Status die Entwicklung in den einzelnen Produktgruppen erreicht hat, findet sich beispielsweise auf den entsprechenden Seiten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin (BAM).

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