EU-Kommission lässt die umstrittene Maissorte SmartStax als Futter- und Lebensmittel zu

SmartStax ist im Wettrüsten mit der Resistenz ein zukunftsweisender Giftcocktail mit acht eingebauten Genen, zur Entscheidung steht auch die Anbauzulassung für den Genmais 1507

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Wie schon vorauszusehen war, hat die EU die Einfuhr der mehrfach gentechnisch veränderten Maissorte SmartStax von Monsanto sowohl als Futter- als auch Lebensmittel zugelassen. Bei der letzten Abstimmung im Ständigen Ausschuss für genveränderte Lebens- und Futtermittel war es noch zu keiner Entscheidung gekommen, weil die Mitgliedsstaaten sich uneins waren und sich angeblich Deutschland enthalten hat. Nun lag die Entscheidung bei der EU-Kommission, die die umstrittene Maissorte ebenso wie PowerCore, eine ähnliche Maissorte von Dow, durchwinkte.

Monsanto hatte zwar angekündigt, sich wegen des Widerstands gegen gentechnisch veränderte Pflanzen aus dem europäischen Markt zurückziehen zu wollen. Aber das betraf nur die Versuche, Anbaugenehmigungen zu erhalten (Monsanto: Abschied von Europa mit Hintertür?). Auch wenn womöglich Manche glaubten, dass sich Monsanto ganz zurückziehen will, war dies zumindest eine Täuschung, denn weiterhin kämpft der Konzern um Einfuhrgenehmigungen für seine Produkte. Dazu gehört eben die gemeinsam mit Dow erzeugte Maissorte SmartStax, die ein besonders gentechnisch hochgerüstetes Produkt ist und daher auch auf erhöhte Bedenken stieß (Genveränderte Maissorte mit 6 Bt-Toxinen und Resistenz gegen 2 Herbizide).

SmartStax ist nicht gegen die zwei Herbizide Glyphosat und Glufosinat resistent, sondern die Pflanze enthält auch sechs verschiedene Insektengifte aus der Gruppe der Bt-Toxine, darunter cry1A105, das aus verschiedenen Insektengiften synthetisiert wurde. Die Toxine stammen von verschiedenen Stämmen des Bakteriums Bacillus thuringiensis und werden in der Pflanze auch anders als in den Bakterien gebildet. Die Hochrüstung der Pflanzen wird notwendig, weil sich zunehmend Resistenzen gegen die eingebauten Herbizide und Insektizide bei Pflanzen und Insekten bilden. Mit dem größer werdenden Giftcocktail sucht man einen Schritt vorne zu bleiben, aber die Spirale wird sich weiterdrehen. In der EU wurden auch schon andere gentechnische veränderte Pflanzen mit mehreren Toxinen und Herbiziden zugelassen wie die Maissorte DAS1507xNK603 von Pioneer und Dow, die die beiden Herbizide und cry1F enthält, oder 59122xNK603 von Pioneer mit den beiden Herbiziden und cry34Ab1 sowie cry35Ab1. Welche Folgen solche Kombinationen aus Herbiziden und Toxinen haben, ist noch nicht klar. Nach Testbiotech, die in einem Brief an die EU-Kommission Forschungsergebnisse gegen die Zulassung von SmartStax zusammengestellt hat, enthält die Maissorte eine viel höhere Konzentration an Bt-Toxinen als die Pflanzen, die bislang mit Fütterungsversuchen getestet wurden. Zudem sei nachgewiesen worden, dass Bt-Toxinen den Verdauungsprozess in höheren Mengen überstehen, als man bislang geglaubt habe. Verwiesen wird auch auf einige Studien, nach denen Bt-Toxine sich negativ auf Säugetiere auswirken können. Es gebe auch noch keine Erkenntnisse, wie die verschiedenen Insektizide und die Rückstände der Herbizide interagieren. Und die Risikostudien der Konzerne wiesen wissenschaftliche Mängel auf, obgleich sie von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA gegen ihre eigenen Standards akzeptiert wurden. Besonders Glyphosat ist umstritten, das in Argentinien, wo große Menngen genveränderten Pflanzen angebaut und mit dem Herbizid geschützt werden, auch zu Missbildungen von Kindern und Krebserkrankungen geführt haben soll (Gier, Gift und kranke Kinder).

"Der Import dieser Pflanzen hat keinerlei Vorteile für Landwirte, Verbraucher oder die Tiergesundheit in der EU. Im Gegenteil, es gibt berechtigte Zweifel an der Sicherheit dieser Pflanzen, die einen ganzen Giftcocktail enthalten", sagt Christoph Then von Testbiotech. "Der EU-Lebensmittelmarkt wird dazu missbraucht, risikobehaftete Produkte zu entsorgen, die hier niemand haben will."

Zudem hat die EU-Kommission nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs erste Schritte unternommen, um einen 2001 gestellten Antrag auf Zulassung der Bt-Maissorte 1507 für den Anbau zur Entscheidung vor den Ministerrat zu bringen. Betont wird, dass man weder für noch gegen die Zulassung sei, man müsse aber die geltenden Gesetze einhalten. Zugelassen ist die Maissorte mit dem cryIF-Bt-Gen und dem pat-Gen zur Resistenz gegen das Herbizid Glufosinat von Pioneer und Dow bereits als Futter- (2005) und Lebensmittel (2006). Mit der Entscheidung wird gefordert, die Zulassungsbedingungen von gentechnisch veränderten Pflanzen für den Anbau zu ändern. Mitgliedsländer sollen den Anbau beschränken oder verbieten können, ohne dies wie bislang auf der Grundlage einer auf EU-Ebene durchgeführten wissenschaftlichen Bewertung der Gesundheits- und Umweltrisiken zu machen. Das Europäische Parlament hat darüber2011 positiv entschieden, aber die Mitgliedsländer konnten sich bislang nicht einigen.

Bislang wird nur die Maissorte MON 810 von Monsanto in der EU angebaut. Die Zulassung wurde 1998 gewährt. Obgleich sie vor allem in Spanien, aber auch in der Tschechischen Republik, in Rumänien und der Slowakei angebaut wird, beträgt die Anbaufläche gerade einmal 1,35 Prozent der Fläche, auf der 2012 in der EU Mais gepflanzt wurde. Die genveränderte Kartoffel "Amflora" wurde zwar für den Anbau 2010 zugelassen, aber es fand sich niemand, der dies auch machen wollte. Aufgrund von Schutzmaßnahmen, die allerdings von der EFSA als unbegründet gewertet werden, haben Bulgarien, Deutschland (Monsantos Bt-Mais sicher wie eine traditionelle Maissorte),Griechenland, Italien, Luxemburg, Österreich, Polen und Ungarn den Anbau von MON 810 verboten. Kommt das Freihandelsabkommen mit den USA, könnte die Zeit, in der Länder den Anbau von genveränderten Pflanzen verbieten konnten, vorüber und die Schleusen geöffnet sein.