Ecclestone-Anwalt gutachtete für Hoeneß

interessante Details zu Anwälten und Gericht in den Fällen Hoeneß und Ecclestone

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Das "Gutachten", aufgrund dessen sich der Aufsichtsrat des FC Bayern entschloss, Hoeneß als Präsident des Clubs im Amt zu lassen, wurde von dem Juristen Gerd Krieger und dem bekannten Düsseldorfer Wirtschaftsstrafrechtler Dr. Sven Thomas verfasst. Thomas ist der Strafverteidiger von Bernie Ecclestone.

Auf seiner Webseite wirbt der bereits für Mannesmann, EM-TV und andere Konzerne tätig gewordene Spitzenjurist: "Die Überraschungsmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden - hier etwa der Entzug der Freiheit des beschuldigten Bürgers oder die potentiell existenzbedrohende Arrestierung von Vermögenswerten - erfordern rasches, entschlossenes und oftmals couragiertes Handeln."

Das ist kein leeres Versprechen: Bereits im Juli 2012 sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft München im Spiegel, man arbeite "mit Hochdruck" an einer Anklage gegen "Bernie". Im April 2013 erklärte Staatsanwalt Peter Preuß gegenüber Telepolis , man habe noch keine Anklage erhoben (Keine Anklage im größten Bestechungsfall der deutschen Geschichte). Erst im Juli 2013 wurde Anklage erhoben. Gestern nun soll Ecclestone erstmals vor Gericht geflüstert haben - in London, nicht in München.

Wie Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch Telepolis am 7.11.2013 mitteilte, hat zwar die Staatsanwaltschaft der Abteilung "Politische Strafsachen" bereits seit Monaten Anklage gegen Ecclestone erhoben. Dennoch gibt es nichts Neues zu vermelden: "Da das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch nicht entschieden hat, äußert sich die Staatsanwaltschaft München I in diesem Verfahren derzeit nicht, um nicht den Eindruck zu erwecken, durch Angaben gegenüber der Presse Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung nehmen zu wollen."

Wie Telepolis berichtete, stammen die Gewinne der Formel 1 größtenteils aus den öffentlichen Subventionen für die Veranstaltung der dröhnenden und landschaftszerstörenden Kreisfahrten im Dienste des Dosenmülls (Bedingungsloses Grundeinkommen für Ecclestone?).

Richter im Prozess gegen Hoeneß soll Rupert Heindl sein. Diesem bescheinigten viele Medien bereits, ein "strenger Jurist" (Münchner Merkur), gründlich, gut vorbereitet und dienstbeflissen zu sein. Als "Knallhart-Richter" bezeichnete gar das Steuerrechtsfachblatt BILD den Vorsitzenden der Wirtschaftsstrafkammer am Münchner Landgericht II.

Doch Heindl konnte seine gerühmte Härte erst einmal in einem Prozess gegen einen prominenten Steuersünder beweisen. Im Oktober 2011 sprach er den ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder vom Vorwurf der Steuerhinterziehung frei. Überraschende Begründung: Nicht Pischetsrieder, sein Steuerberater sei schuld an den zur Anklage führenden falschen Angaben gewesen. Pischetsrieder hätte nicht wissen können, dass die Vermögensumschichtungen illegal waren.

Die "Schuld" des Steuerberaters stellt allerdings keine juristisch verfolgbare Schuld dar, sondern nur eine Fahrlässigkeit gegenüber dem Mandanten.

Es wäre keine Überraschung, wenn der Steuerfahnder, der für Uli Hoeneß im Nebenjob die Selbstanzeige verfasst hatte, dabei den armen unschuldigen Bayern-Präsidenten falsch beraten hätte. Ja, es ist sogar sehr wahrscheinlich, denn Hoeneß wäre ja gar nicht angeklagt worden, wenn seine Anzeige korrekt gewesen wäre.

Dass Heindl auch bei Hoeneß diese Präzedenzlösung bayerischer Klassenjustiz anwendet, ist durchaus nicht unwahrscheinlich. Einen Hamburger Radiologen mit einer Steuerschuld von 828.000 Euro hat er vorsorglich schon einmal demonstrativ vom Haftrichter vorführen lassen.

Wenn dann im März beim Hoeneß-Prozess wieder "die Sachlichkeit" einkehrt, kann Heindl nun darauf verweisen, in anderen Fällen härter durchgegriffen zu haben. Nur im Falle Hoeneß könne dies nicht geschehen, da der ihn zur Selbstanzeige beratende Steuerfahnder nämlich zum Zeitpunkt seines Ratschlags noch im staatlichen Dienst war. Hoeneß hatte also keinen Grund, seiner steuerjuristischen Weisheit zu misstrauen.

Merke: Ein nachweislich falscher Rat vom staatlichen Steuerfahnder kann unter Umständen besser sein, als der gefährlich richtige, aber teure Rat von Ecclestone-Anwalt und Hoeneß-Gutachter Dr. Thomas.