Elektroautos von der Stange

Elektroantriebe sind temperaturempfindlich. Die Reichweite geht bei niedrigen Temperaturen in den Keller. VW setzt bei seinem e-up! deshalb auf ein wahlweises Herunterfahren von Motorleistung und Klimaanlage für mehr Reichweite. Bild: M. Brake, Daten

Die Energie- und Klimawochenschau: Jetzt kommen auch die deutschen Autobauer mit Serien-Elektroautos auf den Markt; Tesla macht weiter den Überflieger, auch bei den Nutzfahrzeugen halten Elektrofahrzeuge Einzug

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Lange hat es gedauert bis die großen deutschen Hersteller mit Elektroautos in die Serienproduktion gehen. BMW bringt sein Model i3 und VW seinen e-up!, der erste reine Elektroantrieb der Wolfsburger, auf den Markt. Allerdings gehen die beiden Hersteller sehr unterschiedliche Wege.

Der europäische Typ-2-Stecker. Bild: Mennekes

Ökoantrieb mit Stromsparer-Flair

BMW hat sein Modell komplett neu um den Elektroantrieb herum konstruiert und den Einstieg in die Elektromobilität auch gleich als Anlass genommen, weitere neue Techniken in die Produktion einzuführen. Der i3 ist fast komplett aus Carbon gefertigt. Das war teuer und BMW spürt jetzt die milliardenschweren Investitionen.

Bei der Vorstellung seiner Geschäftszahlen letzte Woche musste BMW seine Aktionäre deshalb auf die nahe Zukunft verweisen, in der sich die Neuentwicklungen bezahlt machen sollen. Finanzchef Friedrich Eichinger bezifferte zum Start der Auslieferung des i3 die weltweite Nachfrage auf bisher rund 8 - 9.000 Bestellungen mit Lieferzeiten von 3- 4 Monaten, der Preis soll bei 35.000 Euro liegen. Die hohen Entwicklungskosten verteidigte er mit der Aussage, dass mit dem i3 eben nicht nur ein neues Produkt eingeführt worden sei, sondern allgemein neue Technologien in die Fahrzeugproduktion.

Anders geht VW mit seinem e-up! an die die Sache heran. Die Wolfsburger implantierten den Elektroantrieb in das bereits existierende Verbrenner-Modell. Die Batterien wurden im Fahrzeugboden eingebaut und trotzdem schlägt auch hier der e-up! mit 26.900 Euro zu Buche, also 10.000 Euro mehr als beim up! mit einem ebenfalls relativ emissionsarmen Erdgasantrieb.

Um die Reichweite der 18,7 kWh Batterien zu erhöhen, können per Tastendruck drei Fahrprogramme normal, eco und eco+ gewählt werden. Wodurch stufenweise eine Begrenzung der Leistung, Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit und der Klimatisierung die Reichweite erhöht. Bei einer maximalen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h soll man so bis zu 165 Kilometer weit kommen. Auch beim Aufladen sind verschiedene Varianten möglich von der Haussteckdose mit 230V/2,3kW und 9 Stunden Ladezeit, über die optionale Montage einer "Wallbox" in der heimischen Garage mit 3,6 kW und 6 Stunden bis zur Expressaufladung an CCS-Stromtankstellen mit 40 kW Ladeleistung. Dann sind die Akkus schon nach 30 Minuten voll.

Tesla gibt den Überflieger

Mit seinem Modell S bietet jetzt auch Tesla seit August sein erstes Serien-Elektrofahrzeug in Deutschland an. Verunsicherung gab es vor kurzem, als bei einem Unfall eines Model S ein Metallteil den Unterboden des E-Autos durchschlug und die Batterien so stark beschädigte, dass sie in Brand gerieten. Der ADAC geht von einem Einzelfall aus, eigene Tests hätten ergeben, dass Elektroautos bei einem Unfall genauso sicher sind wie Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Auch die DEKRA bescheinigt den Elektroantrieben ein zumindest gleich hohes Maß an Sicherheit wie bei Verbrennern.

Derzeit werden in Teslas Werk in Kalifornien pro Woche 500 individuell konfigurierte Model S hergestellt, bis jetzt rund 14.000 Fahrzeuge. Für den europäischen Markt erfolgt die Endmontage in einem Werk in den Niederlanden. Statt des einphasigen US-Ladesteckers gibt es beim europäischen Modell autoseitig eine Buchse für den in Europa propagierten "Typ-2-Stecker".

Wie beim US-Modell S gibt es eine Variante mit 60 oder 85 kWh Akku, die dann bis zu 200 km/h schnell und 500 km Reichweite haben soll. Als Gimmick, und auch um zu zeigen, dass bei einem Elektroauto nicht die Batterien im Vordergrund stehen, hat Tesla dem Fünfsitzer gleich zwei Kofferräume spendiert, auf Wunsch noch mit zwei Extrasitzen im Heckkofferraum.

Die Zielrichtung ist klar, Tesla will weg vom Stromsparerimage und peilt auch eine ganz andere Zielgruppe an, nämlich die Käufer von großen SUVs, die bisher damit leben mussten, als Umweltignoranten zu gelten. Tesla verkauft dieser Zielgruppe jetzt das Flair von technischer Avantgarde und ein gutes Öko-Gewissen gleich mit. In dieser Zielgruppe dürfte auch der Preis von 71.400 Euro für die 60 kWh Variante des Modell S nicht außergewöhnlich sein, kostet doch auch der VW Touareg V8 TDI, von dem 2012 allein in Deutschland 10.000 Fahrzeuge neu zugelassen wurden, schon 74.000 Euro. Ab 2017 soll es dann ein Modell E für 40.000 Dollar mit 350 km Reichweite geben.

Reichweite und Ladezeit in Abhängigkeit von der Ladestation. Teslas Gleichstrom-Ladestationen, "Supercharger" genannt sollen den Akku des Model S innerhalb von 20 Minuten zur Hälfte aufladen können. Bild: M. Brake

Ausloten, was in der Technik des Elektroantriebs steckt

Teslas eigentliches Verdienst liegt natürlich nicht darin, teure Elektroautos für reiche Leute herzustellen, sondern konsequent auszuloten, was in der Technik des Elektroantriebs steckt. So entpuppt sich Tesla ganz nebenbei auch als Preisbrecher bei den Akkupreisen und hält sich mit seinem Tankstellenkonzept der Supercharger-Schnellladestationen erst gar nicht mit Reichweitenbeschränkungen auf, sondern beschleunigt einfach das Tanken bzw. Aufladen auf die Zeitspanne einer Pinkelpause an der Raststätte.

Tomi Engel von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie hat in der aktuellen Ausgabe der "Sonnenenergie" nachgerechnet: 25 kWh Extra-Akku kosten beim Tesla Model S 10.350 Euro. Das heißt, dass der Lithiumakku nur noch rund 400 Euro pro kWh kostet, während die stationären Solarspeicherhersteller noch zu Preisen bis 2.000 Euro je kWh verkaufen. Deren Branche hatte bisher immer auf die Zukunft vertröstet und von einer Preissenkung um rund zwei Drittel bis zum Jahr 2020 gesprochen. Ähnlich auch bei der Leistungselektronik, Tesla bietet die Aufrüstung für ein 3-phasiges Ladegerät von 10 auf 20 kW Leistung für 1550 Euro an. Leistungselektronik also zum Listenpreis von 155 Euro pro kW, während anderswo die Preise für Wechselrichter noch bei 200 bis 350 Euro je kW liegen.

Und dann sind da noch Teslas Supercharger-Elektrotankstellen. Die Ladeleistung soll bei ihnen, auch über den europäischen Typ-2-Stecker, per Gleichstrom bei 120 kW liegen. Für Model-S-Fahrer ist das Tanken zudem kostenlos. So sollen sie sich zwischen Städten, entlang vielbefahrener Autobahnen, schnell fortbewegen können.

In Europa ist Norwegen bei diesen Stationen Vorreiter, dort geht es natürlich auch darum, dass der Strom aus 100% Wasserkraft stammt und Elektroautos so emissionsfrei unterwegs sind. Ein Vorgeschmack darauf, was bei uns noch einige Zeit dauern wird, denn im Moment liegen die spezifischen Emissionen des bundesdeutschen Strommixes noch bei 570 g/kWh. Elektronautos fahren damit also nur lokal emissionsfrei. Die bisher 32 Supercharger-Stationen in den USA decken vor allem die Ost- und die Westküste ab und schlagen jetzt mit den ersten Stationen im Binnenland auch die symbolträchtige Brücke für "Coast-to-coast travel" mit dem Elektroauto.

Für Deutschland sollen 10 solche Ladestationen für landesweite Elektromobilität der Teslas ausreichen und auch hier sollen sie kostenlos tanken können. Die Akkus halb zu füllen, soll innerhalb von 20 Minuten gehen. Für besonders Eilige soll an den Stationen ein kostenpflichtiger Batteriewechsel mit Leihakkus angeboten werden. Tesla führte dazu öffentlich vor, dass der eigentliche Batteriewechsel hierbei nur rund 90 Sekunden dauert. Durch die Normung des Ladekabels dürften diese Stationen dann auch anderen Elektrofahrern zur Verfügung stehen.

Bei 500 km Reichweite des Model S sollen nur zehn 120 kW Schnellladestationen entlang der Hauptverkehrsstrecken und Ballungsräume ausreichen, um auch in Deutschland landesweite Elektromobilität mit nur kurzen Ladestopps zu ermöglichen. Bild: M. Brake

Elektromobil auch bei den Nutzfahrzeugen

Auf der Messe eCarTec in München wurde gezeigt, dass Elektromobilität abseits abstrakter "1-Millionen-Fahrzeuge"-Ziele längst auch bei den Nutzfahrzeugen Einzug hält. Kommunen wie Prag und auch Gibraltar stellten ihre Umstellung auf Elektro-Linienbusse einschließlich der Aufladung jeweils an den Endhaltestellen vor, wo die Busse für die obligatorische Fahrerpause ohnehin eine Zeit lang stehen. So lassen sich auch ohne Oberleitungen Linienbusse leichter elektrifizieren.

Die Fachhochschule Graz zeigte mit ihrem Snowbird, einem elektrischen Schneemobil, dass es auch schon Lösungen gibt, die es ermöglichen, Elektrofahrzeugbatterien bei Tiefsttemperaturen in 4.000 Metern Höhe einzusetzen, um Schneehänge mit elektrobetriebenen leisen Pistenraupen zu präparieren.

  1. Noch experimentell stellte Rinspeed seine elektrischen microMax-Taxis vor, die am Beispiel München über eine App buchbar sein sollen und per "Schwarmintelligenz" die für alle Insassen jeweils kürzeste Strecke finden. Eine konventionelle aber eben auch elektrische Taxilösung gibt es mit Nissans Model e-NV200 es wird in Barcelona produziert und soll ab 2014 in London und in New York eingesetzt werden.
  2. Bei den Elektro-Transportern hat Renault von seinem Kangoo Maxi Z.E bereits 10.000 verkauft, davon 2.000 in Deutschland. Die im Boden untergebrachte 22 kWh Batterie reicht dem Lieferfahrzeug für eine Reichweite von 170 km. Seit letztem Jahr gibt es mit dem PLANTOS auch einen Transporter auf Basis des Mercedes Sprinter.
  3. Bei den Elektro-Lastwagen ist der auf der eCarTec ausgezeichnete E-Force One als elektrisch betriebener 18-Tonner in der Schweiz bei der Feldschlösschen Brauerei im Einsatz. Sie beziffert die Betriebskosten pro 100 km mit umgerechnet 6,50 Euro gegenüber 40 Euro bei einem Diesel-LKW. Der weltweit am meisten verkaufte Elektrolastwagen ist aber der Newton des britischen Herstellers Smith Electric Vehicles. Er basiert in seinen unterschiedlichen Varianten auf einem tschechischen LKW-Modell und hat mit Batteriegrößen von 80 - 120 kWh Reichweiten zwischen 50 - 240 km. Mit unterschiedlichen Aufbauten ist er als Lieferwagen, LKW oder Bus im Einsatz. Beim Einsatz als Elektro-Schulbus wird die Einsparung an Treibstoffkosten mit 11.000 Dollar (~8.200 Euro) pro Jahr angegeben.
  4. Elektrobusse sind in vielen Ländern Asiens, in Nord- und Südamerika verbreitet. Allein in der südchinesischen Stadt Shenzhen sind 200 Busse des Herstellers BYD im Einsatz. Bisher wurden vom gleichen Modell 1.200 Busse produziert, sie verbrauchen im Linienbetrieb rund 100 kWh/100 km. Und auch in Deutschland wollen jetzt die Städte Frankfurt, Hamburg und Bremen den Einsatz von Elektrobussen testen. In Osnabrück ist schon eine elektrische Linie im Einsatz. Und Köln will zusammen mit Industriepartnern einen elektrischen Gelenkbus entwickeln lassen, der an jeder Haltestelle kurz aufladen soll, sein Einsatz ist ab 2015 geplant.

Statt Neuentwicklung gibt es aber auch die Möglichkeit der Nachrüstung auf einen Elektroantrieb. Hersteller Ziehl-Abegg hat mit seinem ZA-wheel dazu einen Radnabenmotorset entwickelt mit dem Busse und Nutzfahrzeuge als Range Extender zum Beispiel für Umweltzonen nachgerüstet werden können. Im Einsatz ist dieser Antrieb bereits in Genf und im schwedischen Umea, der europäischen Kulturhauptstadt 2014.

Der Begriff "Range Extender" weist allerdings auch darauf hin, woran es noch mangelt, nämlich an der Unterstützung durch die Verkehrspolitik. Gerade jetzt wo die Ausweitung der Maut im Gespräch ist, müssten endlich auch konkrete Erleichterungen für Elektrofahrzeuge beschlossen werden. Etwa, dass sie in Umwelt- und Mautzonen einfahren und dort kostenlos parken können. Am besten in Verbindung mit ausgereiften Auflademöglichkeiten. Die Vorfahrt für Elektrofahrzeuge muss her. Andere Länder wie Norwegen sind da schon viel weiter. Man darf in Norwegen mit einem Elektroauto die Busspur benutzen, man kann kostenfrei parken, in mehreren Innenstädten gibt es Mautzonen, die natürlich für Elektroautos frei sind. Das und eine ausgereifte Ladeinfrastruktur reichten wahrscheinlich schon, um der Elektromobilität den entscheidenden Auftrieb zu geben.