Online-Unis - nur für die Gebildeten

Internet-Kurse gelten als aussichtsreicher Weg, den Zugang zu Bildung zu demokratisieren, weltweit - so die Idee. Die Praxis sieht anders aus

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Idee, Uni-Hörsäle via Internet über so genannte MOOCs (Massive Open Online Courses) auch für Gasthörer aus aller Welt zugänglich zu machen, hat seit zwei, drei Jahren Konjunktur. Die Motivationen aller Beteiligten sind dabei höchst unterschiedlich.

Hochschulen wollen sich internationale Sichtbarkeit verschaffen oder vom bereits vorhandenen Ansehen profitieren. Lehrkräften gefällt die Idee, nicht mehr nur von ein paar gelangweilten Studenten der eigenen Uni zu sprechen, sondern hoch motivierte (weil freiwillige) Lernende aus aller Welt zum Publikum zu zählen.

Spezialisierte Anbieter wie Udacity oder Iversity hoffen, vielleicht sogar mit ihren Angeboten Geld verdienen zu können. Und wissenshungrige Internet-Nutzer sind begeistert, sich an den wichtigsten Universitäten ein eigenes Curriculum zusammenstellen zu können.

Eine wichtige Rolle in der Diskussion spielt aber auch die Hoffnung, mit den MOOCs auch die Ungleichverteilung der Ressource Wissen zwischen Industriestaaten und dem großen Rest der Welt wenn nicht aufheben, so doch zumindest verringern zu können. Gerade kostenlose Kurse könnten den Zugang zu Bildung demokratisieren - so die Idee. Die Praxis sieht anders aus. Darauf machen jetzt Forscher der University of Pennsylvania in einem Brief an das Wissenschaftsmagazin Nature aufmerksam.

Die Forscher haben dazu in einer (nicht repräsentativen) Arbeit die Hörerschaft von Onlinekursen des Anbieters Coursera befragt - die immerhin aus 200 Ländern dieser Erde stammten. Es zeigte sich vor allem eines: Wer eine Internet-Uni besucht, gehört bereits zur gebildeten Oberschicht seines Herkunftslandes.

83 Prozent der Teilnehmer hatten bereits mindestens zwei Jahre studiert. 44 Prozent konnten schon einen Bachelor-Grad vorweisen. Der mittlere Bildungsgrad der MOOC-Teilnehmer etwa aus Brasilien, Indien, Südafrika oder Russland lag deutlich über dem Durchschnittswert des jeweiligen Herkunftslandes. 57 Prozent der Teilnehmer sind Männer, die ihre Karriere vorantreiben wollen - auf die Nicht-OECD-Länder bezogen sind es sogar 64 Prozent. Und 70 Prozent der Online-Hörer haben auch bereits einen Job.

Bevor MOOCs zur Vision beitragen können, Bildung in die Welt zu tragen, meinen die Forscher, wäre deshalb erst einmal eine deutliche Verbesserung der Basis-Bildung in den jeweiligen Ländern nötig - anderenfalls verstärkten Internet-Universitäten das Ungleichgewicht eher noch.