Arbeitslosigkeit macht Männer alt

Eine finnische Studie stellt Veränderungen im Erbgut der männlichen Langzeitarbeitslosen fest

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Die Telomere der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) von finnischen Männern, die länger als 500 Tage binnen 3 Jahren arbeitslos waren, sehen nicht gut aus, wenn man auf sie einen Blick richtet, der über die Medizin-Nobelpreisträgerin von 2009, Elizabeth Blackburn, bekannt wurde: Sie sind kürzer als bei anderen.

Die Arbeit der Molekularbiologin, Spezialistin auf dem Gebiet der Telomer-Forschung, dürfte einen großen Anteil daran haben, dass sich die Erforschung von Alterungsprozessen seit einiger Zeit auffallend oft auf die am Ende der Chromosomen sitzenden "Schutzkappen" - die Telomere - konzentriert.

Die Telomere üben eine Schutzfunktion gegenüber der Erbinformation aus. Der Zusammenhang, auf den es bei dem Alterungsprozess ankommt, ist im Prinzip recht einfach: Im Laufe des Lebens verkürzen sich die Telomere. Wenn eine gewisse Mindestlänge unterschritten ist, teilen sich die Zellen nicht mehr. Zellalterung bzw. Zelltod ist die Folge.

Wichtig ist hierbei, dass die Lebensführung die Länge der Telomere - und damit auch Zellalterungsprozesse - beeinflusst. So gesehen wird aus Arbeitsmarktpolitik auch ein wichtiges Thema der Gesundheitspolitik.

Die Forscher aus Finnland - und Großbritannien - haben sorgfältig gearbeitet. Wissenschaftler der Universität Oulu haben zusammen mit britischen Kollegen vom Imperial College London DNA-Proben eines ganzen Geburtenjahrgangs, nämlich die Northern Finland Birth Cohort von 1966, untersucht. Genauer: von 5620 Männer und Frauen, die der Datensammlung über mehrere Follow-ups treu blieben. Die ansehnlich große Stichprobe deckt damit allen Schichten und Mileus ab.

Anhand der verfügbaren DNA-Proben wurden die Länge der Leukozyten-Telomere (LTL) gemessen und als potentieller "Biomarker" für vorzeitiges Altern genommen, um der Behauptung nachzugehen, die schon andere Untersuchungen in Variationen gestestet haben: Das Arbeitslosigkeit krank macht und die Lebenserwartung verkürzt.

Gilt die Verbindung von Stress im vergleichsweise frühen Lebensabschnitten mit kürzeren LTLs auch für Personen, die im Alter von Anfang 30 längere Zeit arbeitslos waren, war die Ausgangsfrage. Die Antwort, gewonnen aus dem Vergleich von LTL-Messungen mit Ergebnissen einer Datenbank über Arbeitslosigkeit im Zeitraum von 1995-97:

Bei unter-31-jährigen Männern stand die Arbeitslosigkeit, die 500 Tage oder zwei Kalenderjahre innerhalb des vorhergehenden (Referenz ist der Zeitpunkt von DNA-Proben, Anm. d. A.) Drei-Jahres-Zeitraums überschritt, mit kürzeren LTLs in deutlicher Verbindung - auch nachdem wichtige biologische, lebensgewohnheitliche, sozioökonomische und medizinische Störfaktoren herausgerechnet wurden.

Bei Frauen wurde dieser Zusammenhang nicht beobachtet. Die Forscher erklären sich dies einmal damit, dass es deutlich weniger Frauen in der Stichprobe gab, die solch lange Zeiten der Arbeitslosigkeit hatten. Dazu komme, dass Anfang Dreißig ein Lebensalter sei, in dem Kinder geboren werden, was möglicherweise die Verwundbarkeit in einem anderen Lebensbereich herabsetzen kann.