Exorzisten und der Dämon, den man austreiben muss

Wer ist der Teufel - und was macht man mit ihm?

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Man fürchtet ihn, und wenn jemand besessen ist, dann treibt man ihn aus. Zumindest, wenn man katholisch oder evangelikal ist. Oder? Im Januar 2013 berichtete der sehr evangelikale Mediendienst Idea, dass die Nachfrage nach Teufelsaustreibungen wachse und die katholische Kirche in Italien und Polen zusätzliche Exorzisten ausbilde.

Besessenheit und Teufelsaustreibungen sind verbreitete Vorstellungen: Immer wieder erzählen Autoren und Regisseure solche Geschichten. Die meisten davon sind erfundene Horrorstorys.

Manche aber berichten auch tatsächliche Ereignisse, von Menschen, die sich für besessen hielten oder für besessen gehalten wurden. Zum Beispiel lief am 14. November in den Kinos der Film Jenseits der Hügel an. Er erzählt die Liebe zwischen zwei jungen Frauen in Rumänien. Alina flieht vor der Armut nach Deutschland, Voichita geht in ein einsames Kloster. Alina will ihre Freundin nach Deutschland nachholen und fährt zu ihr. Voichita aber will ihre Gelübde ablegen und im Kloster bleiben.

Jenseits der Hügel. Bild: Wild Bunch.

Alina kämpft um ihre Freundin, und das Ganze endet damit, dass sie an den Folgen eines Exorzismus stirbt. Der Film - nach einer wahren Geschichte - hat im vergangenen Jahr in Cannes den Preis für das beste Drehbuch gewonnen, und die beiden Darstellerinnen bekamen den ersten Preis für ihre Leistungen.

Einige Jahre zuvor erschien der ebenfalls preisgekrönte Film Requiem von Hans-Christian Schmid. Auch er erzählt die Geschichte einer jungen Frau. Das Vorbild für den Film, Anneliese Michel aus Klingenberg, litt an epileptischen Anfällen. Und sie war streng katholisch erzogen worden.

Man glaubte, sie sei dämonisch besessen. Der Bischof erteilte aufgrund eines entsprechenden Gutachtens eines Jesuitenpaters den Auftrag zum Exorzismus - an dessen Folgen sie starb. Diese Ereignisse hatten sich erst Anfang der 1970er Jahre in Deutschland zugetragen.

Die Katholische Kirche kennt auch heute noch offiziell den Ritus des Exorzismus: Der "Kleine Exorzismus" ist ein Gebet des Priesters um Befreiung von den Mächten des Bösen, wie es bei jeder Taufe, aber auch im Vaterunser ausgesprochen wird. Der "Große Exorzismus" ist ein besonderes Ritual, das ein Bischof genehmigen muss und nur ein besonders beauftragter Priester durchführen kann. Aber auch er besteht in der Hauptsache aus Gebet.

Manche evangelikalen Freikirchen, vor allem charismatischer oder pfingstlerischer Ausrichtung, kennen ebenfalls Exorzismen, wenn auch nicht als festgelegten Ritus.

Einem Exorzismus liegt die Vorstellung zugrunde, dass es ein Böses gibt. Vielleicht als eine unfassliche Macht, vielleicht - dies wohl eher im evangelikalen Bereich - als eine Person: jedenfalls als etwas, das den Menschen beherrschen kann. Der Mensch kann es aber auch mit Gottes Hilfe vertreiben.

Bloß kann er es weder besiegen noch vernichten: Das Böse bleibt immer existent. Und das bedeutet in dieser Vorstellung: Der Mensch braucht immer den Schutz Gottes. Letztlich heißt es auch: Er braucht die Kirche und den Priester/Pfarrer/Pastor.

Exorzisten in der Katholischen Kirche in Deutschland heute?

In der Katholischen Kirche in Deutschland ist man bei Auskunftsersuchen zu diesem Themenbereich sehr zurückhaltend. Auf die Presseanfrage, ob und in welchen Bistümern in Deutschland es Exorzisten gibt, verweist der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz an die Pressestellen der 27 deutschen Diözesen (Verwaltungsbezirke der Katholischen Kirche). Von diesen beantwortet etwa ein Drittel eine entsprechende Anfrage gar nicht. Naja, in Limburg hat man wohl anderes zu tun und in Eichstätt fehlt ein Redakteur.

Die Antworten, die dann per Email kamen, waren sehr unterschiedlich:

Klingenberg gehört zum Bistum Würzburg, und seit dem Exorzismus von Frau Michel gibt es im Bistum Würzburg - das eine Dokumentation zu diesem Fall erstellt hat - keinen offiziell bestellten Exorzisten mehr. Auch im Erzbistum Bamberg gibt es keinen Exorzisten, also werden auch keine Exorzismen durchgeführt.

Im Ruhrbistum (Essen) wurde seit seiner Gründung im Jahr 1958 kein Exorzismus durchgeführt. Auch im Bistum Mainz gibt es keinen Exorzismus, ebenso wenig in Hildesheim. Im Erzbistum Berlin existieren ebenfalls weder katholische Exorzismen noch Exorzisten. Fazit: Man kann wohl davon ausgehen, dass es in den meisten Bistümern keinen bestellten Exorzisten (mehr) gibt.

"Ich bin besessen"

Nun aber wenden sich immer wieder Menschen an die Kirche, die glauben, sie seien dämonisch besessen. Wie reagiert die Kirche darauf?

In Bamberg gibt es einen Ansprechpartner, an den entsprechende Anfragen weitergeleitet werden. "Diese - sehr wenigen - Anfragen können meist in seelsorgerischen Gesprächen geklärt werden", so die Pressestelle.

Ähnlich in Hildesheim: "Anfragen nach Exorzismus geben wir vertraulich an einen vom Bischof beauftragten Priester weiter, der mit den Anfragenden Kontakt aufnimmt und den Kontakt zu Seelsorgern herstellt, die bereit sind, diese Personen seelsorgerlich zu begleiten, z. B. durch die Spendung des Krankensegens oder der Krankenkommunion."

Auch im Erzbistum Berlin erlebt man dies hin und wieder. Pressesprecher Stefan Foerner: "Vereinzelt wenden sich Menschen auch an uns mit der Frage nach einem Exorzisten." Und dann? Dann "verweisen wir immer an Seelsorger mit einer zusätzlichen therapeutischen oder klinischen Zusatzqualifikation."

Ähnlich Nicolas Schnall, Redakteur und stellvertretendem Leiter der Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats Augsburg: "Das Problem einer subjektiv wahrgenommenen dämonischen Belastung ist recht vielschichtig. Psychisch erkrankte Personen erleben bisweilen außerordentlich belastende Phänomene von Fremdbestimmtsein und deuten sie dann als Besessenheit oder Umsessenheit."

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