Verschränkung per Wurmloch

Bild: Erzeugt die Verschränkung zweier Teilchen ein Wurmloch zwischen ihnen? (Grafik: Alan Stonebraker/American Physical Society)

Die Verschränkung zweier Teilchen ist ein so seltsames Phänomen, dass selbst Albert Einstein skeptisch war. Dabei hat er gemeinsam mit Nathan Rosen 1935 ein Phänomen beschrieben, das die spukhafte Fernwirkung ermöglichen könnte

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Im Kleinsten funktioniert unser Universum ganz anders, als es uns der gesunde Menschenverstand für die makroskopische Welt zeigt. Vorgänge sind nicht mehr deterministisch. Objekte besitzen keinen eindeutigen Ort und keine feste Energie mehr - das Einzige, was die Physiker für sie noch angeben können, sind Wahrscheinlichkeiten. Den messenden Forschern kommt es vor, als würden sie einen Gallertklumpen an ein Brett nageln: Je genauer sie versuchen, den Nagel in einer Dimension einzuschlagen, desto stärker verschmieren die anderen Eigenschaften eines Teilchens.

Vor allem aber müssen sie plötzlich das Prinzip der Lokalität aufgeben. Nur so ist es möglich, die Verschränkung zweier Teilchen zu erklären. Deren Prinzip ist auf den ersten Blick simpel und auf den zweiten höchst gemein, wie ein gutes Chili, das erst nach längerem Essen seine wahre Schärfe offenbart.

Verändert sich einer der Partner der Verschränkung, ändert sich auch der andere. Gut, das beobachtet man an alten Ehepaaren auch. Doch verschränkte Teilchen sind dazu völlig unabhängig von der Entfernung zueinander fähig. Behielte man eines auf der Erde und brächte das andere ins Restaurant am Rand des Universums, sie würden immer noch wie auf Befehl gemeinsam handeln.

Doch wie erfährt das eine Teilchen vom anderen? Nichts kann sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten - und doch vergeht zwischen der Änderung von A und der von B exakt null Zeit.

Das hat Albert Einstein ziemlich zugesetzt - und es ihm (zunächst) schwer gemacht, die Quantenphysik als Theorie zu akzeptieren. Allerdings hat der Erfinder der Allgemeinen Relativitätstheorie schon 1935 gemeinsam mit Nathan Rosen als spezielle Lösung der allgemeinen Relativitätstheorie ein Phänomen entdeckt, das hier zu Hilfe kommen könnte: das Wurmloch, gemeinhin als eine Abkürzung durch Raum und Zeit betrachtet.

Schwarze Löcher und Quarks besitzen überraschende Gemeinsamkeiten

Bis heute kennen Physiker Wurmlöcher nur als theoretisches Konstrukt, und doch dürfen sie immer wieder bei besonders kniffligen Problemen aushelfen, etwa wenn es um eine Erklärung geht, warum Information in einem Schwarzen Loch nicht verloren geht (Die Unsterblichkeit der Schwarzen Löcher).

Auch Quantenphysik-Theoretiker haben schon des öfteren darüber nachgedacht, ob Wurmlöcher nicht als Informationskanal zwischen zwei verschränkten Teilchen dienen könnten. Im Fachmagazin Physical Review Letters lebt diese Debatte jetzt in zwei Artikeln auf (hier und hier). Die Physiker haben sich die Vorgänge bei der Verschränkung hier durch die Brille der Stringtheorie angesehen.

Dabei zeigt sich, dass große und kleine Objekte, in diesem Fall Schwarze Löcher und Quarks, überraschende Gemeinsamkeiten besitzen. Während das erste Paper mathematisch zeigt, dass bei der Verschränkung eines Quarks und eines Antiquarks aus der Perspektive einer fünften Dimension betrachtet dasselbe Phänomen entsteht wie bei der Verschränkung zweier Schwarzer Löcher, die im Blickpunkt des zweiten Papers stehen: ein Wurmloch, das die beiden Partner verbindet.

Es handelt sich dabei allerdings - das ist Pech für Science-Fiction-Autoren - um eine spezielle Variante, ein nicht-durchquerbares Wurmloch. Das Wurmloch ist dabei gewissermaßen der flächige Abdruck eines räumlichen Objekts: Um das Verfahren der Forscher zu verstehen, stelle man sich einen riesigen Quader und einen winzigen Würfel vor, die dieselbe Grundfläche besitzen: Aus der Aufsicht, die nur die Raumdimension erlaubt, entsteht ein identisches Bild, obwohl es sich um sehr verschiedene Objekte handelt.

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